ORF Religion, 12.8.2010
Iby: Kirchenleitung dürfe sich Reformanliegen nicht verschließenDer Eisenstädter Bischof zieht in der katholischen Wochenzeitung "Furche" Bilanz über seine 18-jährigeAmtszeit. Reformvorschläge seien in einem größeren Rahmen zu diskutieren, etwa einer Bischofssynode oder einem Konzil.
Die Kirchenleitung dürfe sich den Reformanliegen der Basis nicht verschließen, sondern müsse den Dialog suchen. Wörtlich sagte der Apostolische Administrator der Diözese Eisenstadt, Bischof Paul Iby: "In den letzten Jahren haben hier Auseinandersetzungen begonnen, denen wir uns nicht verschließen können." Er glaube, "dass hier das Gespräch notwendig ist, und dass von der Basis auch an die Spitzen in Rom Anliegen vorgetragen werden, die einer Behandlung bedürfen.
"Bischofssynode oder auch Konzil"
"Die Reformvorschläge könnten freilich nicht "von einer Kongregation oder von einer einzelnen Person entschieden werden", so Iby: "Das ist in größerem Rahmen zu diskutieren, ich denke hier an eine Bischofssynode und vielleicht auch an ein weiteres Konzil. "Iby nahm in dem "Furche"-Interview auch zu jüngsten Vorschlägen des 91-jährigen brasilianischen Bischofs Dom Clemente Isnard Stellung, der im Wesentlichen drei Reformpunkte einmahnte: Erstens einen neuen Modus der Bischofsbestellungen und die Notwendigkeit, auch die Laien daran zu beteiligen; zweitens Änderungen hinsichtlich der Lebensform der Priester einschließlich des Pflichtzölibats; drittens die Stellung der Frau in der Kirche. Iby dazu wörtlich: "Dom Clementes Vorschläge sind mutig; ich glaube, dass dieser Bischof in seiner Weisheit des Alters nicht persönliche Probleme, sondern Probleme der Kirche, die ihn bewegen, formuliert hat."
"Sandwich-Position"
Angesprochen auf seine eigene jüngste Äußerung nach einer Lockerung des Pflichtzölibats meinte Iby: "Ich habe meine persönliche Meinung zum Ausdruck gebracht. Die Reaktionen darauf werte ich nicht als Beifall zu einer modernen Äußerung, sondern als Bestätigung: Ja, das sind Anliegen, die uns bewegen und wo wir von der Kirche Lösungen erwarten." Sein Amt als Bischof und die damit verbundene Mittlerrolle zwischen Rom und Heimatdiözese beschrieb Iby als "Sandwich-Position". Nachsatz: "Vor allem, wenn ich das Beharren auf Tradition von Rom, das sehr stark ist, hernehme, und auf der anderen Seite brodelt es an der Basis, wegen dieser Fragen." Aber es wäre schade, "wenn es hier zu Spaltungen käme".
Kirche viel Vertrauen verloren
Die auf dem Tisch liegenden Fragen und Anliegen der Basis "müssen bearbeitet, diskutiert und entschieden werden". Zum Thema Missbrauch räumte Iby ein, dass die Kirche viel Vertrauen verloren habe. "Das wiederzugewinnen bedarf vieler Arbeit." Zur Frage, was ihm in den 18 Jahren seiner Bischofszeit besonders wichtig gewesen sei, nannte Iby drei Punkte: "Das Erste war, überhaupt ein Zugehen auf die Menschen ohne Barrieren zu ermöglichen. Das war am Anfang nicht leicht." Zweitens sei er mit der Jugend "wirklich in Kontakt gekommen".
Bildungsauftrag der Kirche
Iby erinnerte an seine Jugendbriefe oder die Sozialaktion "72 Stunden ohne Kompromiss": "Das war ein Erfolgserlebnis." Drittens wolle er den Bildungsauftrag der Kirche hervorheben. Er sei stark in den Umbau der Pädagogischen Akademie Burgenland zur Pädagogischen Hochschule involviert gewesen. Es sei "auf mühsamem Weg" gelungen, einen Teil der Lehrerausbildung im Lande zu halten. Zudem habe die Diözese Eisenstadt "auch zeichenhaft vorbildliche konfessionelle Schulen". Das sei "ein wichtiger Aspekt der Präsenz der Kirche in der heutigen Zeit".