Freitag, 14. Mai 2010

Redebeitrag am PGR-Kongress

Eduard Posch, Redebeitrag zum PGR-Kongress, Mariazell am 14.05.2010
Redemanuskript - es gilt das gesprochene Wort


Geschätzte Delegierte!
Sehr geehrte Herren Bischöfe und Mitglieder der Bischofskonferenz!

• Programmpunkt jetzt lt. offiziellem Programm: Das ist meine Situation – persönliche Erfahrungsberichte
• Meine persönliche Situation und Betroffenheit ist unter anderem auch die: Als Christ und ehrenamtlicher Mitarbeiter in unserer Kirche ist es nicht leicht, den Kopf für sie, meine Herren Bischöfe hinzuhalten. Auf dem Sportplatz, im Wirtshaus und an den verschiedenen „Areopagen der heutigen Zeit“.
Ich muss auch meinen Kopf hinhalten für einen Kardinal der vatikanischen Religionsbürokratie, der den Skandal um die Kindesmisshandlungen als Geschwätz abtut.

Jetzt ist die Zeit und der Ort Anliegen anzusprechen, die uns Pfarrgemeinderätinnen und Pfarrgemeinderäte bewegen. Jetzt muss Klartext gesprochen werden. Ich spreche jetzt sie, sehr geehrte Herren Bischöfe, ganz gezielt an, die Sie als österreichische Bischofskonferenz eine kollektive Leitungsverantwortung für unsere Kirche in Österreich haben.

Es gibt nichts schönzureden, unsere Kirche steckt in einer tiefen Krise. Es steht außer Zweifel:
Angesichts der dramatischen Entwicklung ist eine tiefgreifende Reform der Kirche unumgänglich. Eine Reform, in der alle Gläubigen einbezogen werden müssen und in der sie auch mitbestimmen können. Eine Reform, bei der vor allem auch die Pfarrgemeinderätinnen und Pfarrgemeinderäte mitzureden und mit zu entscheiden haben.

„Ich wehre mich gegen eine Diktatur einer erstarrten Tradition,“ sagt der renommierte Theologe Prof. Walter Kirchschläger.
Und weiter: „Nicht alles, was einmal an hoher oder höchster Stelle gesagt und danach immer wieder zitiert und wiederholt wurde, ist deshalb schon unverzichtbares Marschgepäck des Volkes Gottes.“

Selbst die aller engsten Mitarbeiter – nämlich die Pfarrgemeinderätinnen und Pfarrgemeinderäte - versagen der katholischen Kirchenleitung – also auch Ihnen, geschätzte Mitglieder der Bischofskonferenz - in wichtigen Bereichen die Gefolgschaft.

So lehnt z. B. eine absolute Mehrheit der Pfarrgemeinderäte den Pflichtzölibat ab. Das sagen nicht irgendwelche Menschen - das sind gleichsam die treuesten der treuen Laien, ohne die Priester auf verlorenem Posten stünden.

Prof. Paul Zulehner fasst die Ergebnisse der Umfrage unter den Pfarrgemeinderäten so zusammen: „Wir verlieren die besten Leute. Unter den Engagierten existiert eine beträchtliche Kirchendepression. Man hat den Eindruck, dass sich die Pfarrgemeinden von der Kirchenleitung im Stich gelassen fühlen.“ Der Studienautor ruft dazu auf, die Verantwortung der Laien zu stärken, statt sie zu bremsen. Man dürfe den Engagierten nicht die Lust, die Freude an der Kirche nehmen.

Die Pfarrgemeinderätinnen und Pfarrgemeinderäte sind hoch motiviert mitzuarbeiten – aber nicht um jeden Preis. Wertschätzung muss gegeben sein – diese darf sich nicht nur in schönen Worten manifestieren, sondern muss sich auch im Kirchenbild im Sinne des II. Vat. Konzils und vor allem auch im Kirchenrecht abbilden. Das bestätigt eindrucksvoll die Umfrage wenn 61 % der Pfarrgemeinderätinnen und Pfarrgemeinderäte sich wünschen, dass die Beschlüsse des Zweiten Vatikanischen Konzils entschlossener durchgeführt werden. Es gibt die Sorge, dass es viele Kräfte gibt, die die Kirche - von Rom ausgehend – in die Zeit vor dem II. Vat. Konzil zurückführen wollen.

Das Kirchenrecht gehört grundlegend erneuert – die geltende Kirchenverfassung ist unhaltbar:
• es widerspricht vielfach sowohl den biblischen Vorgaben und den Beschlüssen des Zweiten Vatikanischen Konzils
• als auch den heute allgemein anerkannten Grund- und Menschenrechten.
Es ist notwendig, eine grundlegende Erneuerung der Kirchenverfassung in die Wege zu leiten.
Das bedeutet vor allem:
• eine Abkehr vom römischen Zentralismus zugunsten einer Subsidiarität, wie sie die katholische Soziallehre einmahnt, um den Bedürfnissen der Ortskirchen zu entsprechen
• die Aufwertung beratender kollegialer und synodaler Gremien zu Instanzen mit Entscheidungsrecht, damit autoritärer Klerikalismus von geschwisterlicher Einmütigkeit abgelöst werden kann
• die Anerkennung der vollen Gleichberechtigung von Frauen und Männern und der freien Wahl ihrer Lebensform. Ehe und Priesteramt schließen einander nicht aus.

Die Pfarrgemeinderätinnen und Pfarrgemeinderäte verlangen nach echter Mitbestimmung und Mitentscheidung. Nur die Möglichkeit der Beratung ist zuwenig. Die Verantwortung der Laien gehört gestärkt, nicht gebremst. 66 % sagen, Pfarren haben Zukunft, wenn der Pfarrgemeinderat Leitungsaufgaben übernimmt und mehr Kompetenzen erhält. Prof. Zulehner meint: „Es braucht eine tiefe Reform und keinen Neoklerikalismus, der da durch manche nachkommende Priester wiederkommt, die relativ wenig Gespür für synodale Vorgänge in der Kirche haben.“

Die Kirche ist von je her sowohl hierarchisch als auch synodal strukturiert. Es gibt heute den berechtigten und massiven Druck, synodale Prinzip zu stärken – und zwar im Sinne einer echten Teilhabe und Mitent-scheidung auf allen Ebenen der Kirche.

Ich will Klartext reden – wie gestern Kardinal Schönborn verlangt hat: Echte Teilhabe, Mitwirkung und Mitentscheidung muss sich auch auf die Ernennung von Bischöfen beziehen. Ich richte den eindringlichen Appell an sie, meine sehr geehrten Herrn Bischöfe: Das burgenländische Kirchenvolk erwartet vom neuen Bischof, dass er den Weg des Dialogs, der Offenheit und der pastoralen Ausrichtung Ibys weiterführt. Uns Burgenländerinnen und Burgenländern ist keinesfalls ein Bischof zumutbar, der für einen rückwärts gewandten Kirchenkurs steht.

Im Klartext: es gibt kein Zurück hinter die Positionen von unserem Bischof Iby! Liebe Bischöfe! Bitte handeln Sie!

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