Eine Rehabilitation?
Erstmals trat ein Gründer der Befreiungstheologie bei einer offiziellen Pressekonferenz im Vatikan auf: Gustavo Gutierrez. Viele deuteten das als Rehabilitation der Befreiungstheologie. Gutierrez selbst äußerte sich diplomatisch.
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Gutierrez: „Befreiungstheologie ist nie verurteilt worden“
Eine Verurteilung der Befreiungstheologie durch die katholische Kirche hat es nie gegeben. Das stellte der Dominikanerpater Gustavo Gutierrez klar, der mit seinem Buch „Theologie der Befreiung“ dieser theologischen Schule ihren Namen gegeben hatte. Gutierrez sprach im Vatikan bei der Pressekonferenz zur Eröffnung der Generalversammlung von Caritas Internationalis, bei der er auch über die „Arme Kirche für die Armen“ referieren wird.
„Wer immer das (von der angeblichen Verurteilung der Befreiungstheologie, Anm.) gesagt hat: es stimmt nicht. Das ist ein wichtiger Punkt, denn in den Medien wird das oft gesagt, aber es stimmt nicht. Es gab einen Dialog zwischen der Glaubenskongregation und den Beteiligten, der zu einigen Zeiten sehr kritisch war, das stimmt. Aber die zentrale Aussage, die bevorzugte Option für die Armen, die 90 Prozent der Befreiungstheologie ausmacht, ist heute Teil der Aussagen der katholischen Kirche etwa in Lateinamerika. Ich glaube, das wird heute noch einmal klarer durch das Zeugnis, das Papst Franziskus gibt.“ Gutierrez sieht darin keinen radikalen Wandel, vielmehr träten bestimmte Aussagen heute klarer hervor. Die Option für die Armen sei eine theologische Frage, wie der Papst immer wieder betont habe. Das sei aber nicht eine Theologie, die er da aus seiner Sicht vertrete, sagte der Dominikaner, sondern das stamme direkt aus dem Evangelium. „Man braucht nur eine Bibel aufschlagen, und das Thema der Armen ist da, im Alten wie im Neuen Testament.“
Aus Sicht von Gutierrez hat sich die Theologie der Befreiung auch entwickelt. Heute sei sie sehr viel selbstkritischer als früher. Theologie käme erst an zweiter Stelle, was sie zwar nicht zweitrangig mache, aber die Dinge in Perspektive rücke. An erster Stelle stehe das Christsein, dann erst die Theologie, auch für ihn persönlich. „Wir haben diesen Dialog gehabt, manchmal war das schwierig, aber niemals, niemals hat es eine Verurteilung gegeben.“
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Ähnlich Bischof Erwin Kräutler im Interview mit Kerstin Tretina auf Ö1 (Praxis Religion und Gesellschaft vom 13.5.2015 - Audio-File nach 11:25 min):
Kräutler: "Die Befreiungstehologie wurde in Europa verleumdet. Man hat sie nicht verstanden, und zum Teil hat man sie bis heute nicht verstanden. In Europa hat man das oft und oft als Aufruf zum Klassenkampf interpretiert. Das ist kompletter Unsinn."
Befreite Befreiungstheologie
Befreiungstheologie ist für kurze Zeit wieder Thema. Aber leider nur als Konflikt. Für den Inhalt interessieren sich nach wie vor nur sehr wenige. Als vor einigen Tagen Pater Gustavo Gutierrez, der mit seinem Buch „Theologie der Befreiung“ Namensgeber dieser theologischen Richtung ist, an einer Pressekonferenz im Vatikan teilnahm, wollte gleich die erste Frage, später dann noch einmal zwei Fragen, wissen wie es um den Streit und die Ablehnung und die Verurteilung der Befreiungstheologie stehe. Ein Journalist meinte sogar fragen zu sollen, ob die Seligsprechung von Oscar Romero und anderen nicht wie der Berliner Fall der Mauer zwischen Vatikan und Befreiungstheologie sei. Ich selber habe auch Interviewanfragen bekommen, die dann aber zurückgezogen wurden, weil sich nicht wirklich ein Konflikt abzeichnete (jedenfalls vermute ich hier den Rückzug). Gutierrez selber Gustavo Gutierrez, die Befreiungstheologie sei „nie, nie verurteilt“ worden.
Blog von Bernd Hagenkord >>
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