Die Presse: Sie leiden in Stift Klosterneuburg wie in vielen anderen österreichischen Stiften und Klöstern an einem Nachwuchsmangel. Insgesamt gibt es zu wenige Priester. Könnte man das Personalproblem nicht lindern, indem man den Zölibat, die Verpflichtung zur Ehelosigkeit, aufgibt?
Bernhard Backovsky: Das betrifft nicht eine Ordensgemeinschaft. Zum Orden gehören drei Gelübde: Armut, Gehorsam, Ehelosigkeit beziehungsweise die gottgeweihte Keuschheit. Wenn einer daraufkommt, es ist nicht seine Lebensform, als Ordensmann zu leben, dann muss er die Gemeinschaft verlassen. Der Pflichtzölibat für den Weltklerus ist ja eine disziplinäre Vorschrift, sie gibt es nicht seit ewig, und sie ist auch nicht von der Heiligen Schrift abzuleiten. Dieses Problem muss die Gesamtkirche lösen. Würde der Zölibat aufgehoben werden, betrifft das die Orden nicht.
Im heurigen Herbst findet in Rom eine Familienbischofssynode statt. Da stellt sich die Frage zum Umgang mit Geschiedenen, die staatlich wieder geheiratet haben und daher von den Sakramenten ausgeschlossen sind. Ist diese Regelung heute noch zeitgemäß?
Ein Beispiel: Die griechisch-katholische Kirche ist mit der lateinischen Kirche in Rom uniert und kennt dieses Wiederverheiratet-Sein. Amtsträger der griechisch-katholischen Kirche sind zum Beispiel in der Erzdiözese Wien als Pfarrer oder Moderator bestellt, sind verheiratet und leben mit ihren Frauen und Familien im Pfarrhof. Auch die orthodoxe Kirche kennt leider etwas, bei dem keiner Hallelujah singt, nämlich das Auseinandergehen einer Zweisamkeit. Man muss sich ja vorstellen, wie das ist, wenn die Fetzen fliegen, und es geht nicht mehr. Es kann aber ein zweiter Start gelingen. Damit lebt die orthodoxe Kirche, uniert oder nicht uniert, schon die längste Zeit.
Was heißt das jetzt also konkret für die römisch-katholische Kirche?
Müssen wir, die lateinische Kirche, das Rad erfinden? Man könnte sich doch erkundigen: „Wie geht es euch damit, wie hat sich das Ganze entwickelt?“ Der jetzige Papst mahnt diesbezüglich Barmherzigkeit ein. Und soll es in der lateinischen Kirche keine Lösung dafür geben? In der Orthodoxie gibt es eine. Da soll doch die lateinische Kirche bei der orthodoxen in die Lehre gehen.
Was ist konkret Ihre persönliche Sicht auf das Problem?
Der Ausschluss von Wiederverheirateten von den Sakramenten ist unbarmherzig. Das ist ja genau das Gegenteil von dem, was der Papst einfordert. Die Kirche muss eine barmherzige Kirche sein. Einem jeden Dieb wird vergeben, aber wenn jemand das Pech hat, dass die Zweisamkeit nicht gelungen ist, dann ist er für sein ganzes Leben abgestempelt. Da stimmt ja etwas nicht. Das ist nicht mehr zeitgemäß.
Sehen Sie noch Auswirkungen der Missbrauchsskandale innerhalb der katholischen Kirche?
Die Sexualität ist eine Gabe und Aufgabe. Wenn die Sexualität nicht wäre, wären wir alle nicht auf der Welt. Wenn ein Amtsträger der Kirche etwas wie Missbrauch beichtet, müsste der Beichtvater sagen: „Sie müssen dieses Unrecht gutmachen.“ Nur mit der Beichte ist es nicht abgetan. Man muss dem Menschen, dem Unrecht bis ins Tiefste geschehen ist, gerecht werden. Man muss sich dann auch dem staatlichen Gesetz stellen.
Quelle: DiePresse >>
Bernhard Backovsky: Das betrifft nicht eine Ordensgemeinschaft. Zum Orden gehören drei Gelübde: Armut, Gehorsam, Ehelosigkeit beziehungsweise die gottgeweihte Keuschheit. Wenn einer daraufkommt, es ist nicht seine Lebensform, als Ordensmann zu leben, dann muss er die Gemeinschaft verlassen. Der Pflichtzölibat für den Weltklerus ist ja eine disziplinäre Vorschrift, sie gibt es nicht seit ewig, und sie ist auch nicht von der Heiligen Schrift abzuleiten. Dieses Problem muss die Gesamtkirche lösen. Würde der Zölibat aufgehoben werden, betrifft das die Orden nicht.
Im heurigen Herbst findet in Rom eine Familienbischofssynode statt. Da stellt sich die Frage zum Umgang mit Geschiedenen, die staatlich wieder geheiratet haben und daher von den Sakramenten ausgeschlossen sind. Ist diese Regelung heute noch zeitgemäß?
Ein Beispiel: Die griechisch-katholische Kirche ist mit der lateinischen Kirche in Rom uniert und kennt dieses Wiederverheiratet-Sein. Amtsträger der griechisch-katholischen Kirche sind zum Beispiel in der Erzdiözese Wien als Pfarrer oder Moderator bestellt, sind verheiratet und leben mit ihren Frauen und Familien im Pfarrhof. Auch die orthodoxe Kirche kennt leider etwas, bei dem keiner Hallelujah singt, nämlich das Auseinandergehen einer Zweisamkeit. Man muss sich ja vorstellen, wie das ist, wenn die Fetzen fliegen, und es geht nicht mehr. Es kann aber ein zweiter Start gelingen. Damit lebt die orthodoxe Kirche, uniert oder nicht uniert, schon die längste Zeit.
Was heißt das jetzt also konkret für die römisch-katholische Kirche?
Müssen wir, die lateinische Kirche, das Rad erfinden? Man könnte sich doch erkundigen: „Wie geht es euch damit, wie hat sich das Ganze entwickelt?“ Der jetzige Papst mahnt diesbezüglich Barmherzigkeit ein. Und soll es in der lateinischen Kirche keine Lösung dafür geben? In der Orthodoxie gibt es eine. Da soll doch die lateinische Kirche bei der orthodoxen in die Lehre gehen.
Was ist konkret Ihre persönliche Sicht auf das Problem?
Der Ausschluss von Wiederverheirateten von den Sakramenten ist unbarmherzig. Das ist ja genau das Gegenteil von dem, was der Papst einfordert. Die Kirche muss eine barmherzige Kirche sein. Einem jeden Dieb wird vergeben, aber wenn jemand das Pech hat, dass die Zweisamkeit nicht gelungen ist, dann ist er für sein ganzes Leben abgestempelt. Da stimmt ja etwas nicht. Das ist nicht mehr zeitgemäß.
Sehen Sie noch Auswirkungen der Missbrauchsskandale innerhalb der katholischen Kirche?
Die Sexualität ist eine Gabe und Aufgabe. Wenn die Sexualität nicht wäre, wären wir alle nicht auf der Welt. Wenn ein Amtsträger der Kirche etwas wie Missbrauch beichtet, müsste der Beichtvater sagen: „Sie müssen dieses Unrecht gutmachen.“ Nur mit der Beichte ist es nicht abgetan. Man muss dem Menschen, dem Unrecht bis ins Tiefste geschehen ist, gerecht werden. Man muss sich dann auch dem staatlichen Gesetz stellen.
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