Papst Franziskus hat erneut ein ausführliches Interview gegeben, dieses Mal äußerte er sich zu Frauen in der Kirche, zur Familiensynode, zu Wiederverheirateten und auch zu den Personalentscheidungen der vergangenen Wochen. Ein Überblick auf domradio.de.
Papst Franziskus hat sich in der Debatte über den kirchlichen Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen gegen eine Verengung auf die Frage des Kommunionempfangs gewandt. In einem Interview mit der argentinischen Zeitung "La Nacion" vom Sonntag ließ er seine eigene Position zugleich weiter offen. "Das allein kann keine Lösung sein, die Lösung ist die Integration", sagte er. Konkret regte Franziskus an, etwa den Ausschluss von wiederverheirateten Geschiedenen vom Patenamt oder vom Dienst des Kommunionhelfers zu überdenken. Die Betreffenden seien nicht exkommuniziert, praktisch würden sie jedoch so behandelt, beklagte er.
Zum Vorschlag des deutschen Kardinals Walter Kasper, den bisherigen Ausschluss wiederverheirateter Geschiedener von der Kommunion zu überdenken, sagte der Papst, Kasper habe Thesen aufgestellt, die "einige Theologen" erschreckt hätten. Sie hätten eine Zulassung zur Eucharistie abgelehnt, gleichzeitig jene zur sogenannten geistlichen Kommunion jedoch befürwortet. Wörtlich fuhr der Papst fort: "Sag mir: Braucht man die Gnade Gottes nicht, um die geistliche Kommunion zu empfangen?"
Frauen in Kurienämtern
Papst Franziskus kann sich auch eine Frau oder ein Ehepaar als Verantwortliche für Familien oder Laien in der Kirchenleitung vorstellen. An der Spitze einer Kongregation müsse allerdings stets ein Kardinal bleiben, sagte er in dem Interview. Die Kurienbehörden für Familien und Laien müssten kompetenten Personen geleitet werden; dies könnten Männer, Frauen oder Ehepaare sein, so Franziskus.
Kardinal Oscar Rodriguez Maradiaga hatte jüngst den Vorschlag geäußert, dass auch ein Ehepaar künftig für Familienfragen zuständig sein könnte. Maradiaga, der einen vom Papst eingesetzten Kardinalsrat für die Kurienreform leitet, ließ jedoch offen, um welche Art von Einrichtung es sich handeln soll. Der Kardinalsrat berät derzeit über eine Neustrukturierung der Ministerien.
Die vatikanischen Ministerien sind in Kongregationen und Päpstliche Räte unterteilt. Die Kongregationen sind für die kirchlichen Kernaufgaben zuständig und haben jurisdiktionelle Befugnisse, etwa für Priester, Bischöfe, die Glaubenslehre oder den Gottesdienst. Päpstliche Räte hingegen sind in erster Linie Einrichtung zur Förderung bestimmter Themen, etwa Familie oder Ökumene.
Bischofssynode
Eine Bischofssynode ist nach Worten von Papst Franziskus "kein parlamentarischer Prozess, sondern ein geschützter Raum". Es sei wahr, dass es während des Bischofstreffens zur Familie im Oktober im Vatikan unterschiedliche Positionen gegeben habe, sagte er in dem Interview. Dabei sei es um ein "Stadium des Suchens nach der Wahrheit" gegangen. Für jene Teilnehmer, die in ihren Positionen sehr festgelegt seien, müsse man beten, dass der Heilige Geist sie wandle, so Franziskus.
Indirekt verteidigte der Papst damit auch die Entscheidung, die Redebeiträge der Bischöfe während der Synode nicht wie bisher zu veröffentlichen. Dies war von einigen Teilnehmern als mangelnde Transparenz kritisiert worden. Franziskus stellte zugleich klar, dass die Bischofssynode beim Thema Homosexualität nicht in erster Linie über Lebensgemeinschaften gesprochen habe. Eigentlicher Gegenstand sei vielmehr der Umgang von Familien mit ihren homosexuellen Kindern gewesen.
Kurienreform
Auch auf die Kurienreform ging der Papst ein. Dieser sei ein langsamer Prozess, der 2015 wohl noch nicht abgeschlossen sein werde. Ihm sei aber noch viel mehr die spirituelle Reform ein Anliegen, die Reform der Herzen. Er halte die Meinungsverschiedenheiten in diesem Prozess für unproblematisch. Die Reform der Kurie sei von den Kardinälen in den Generalkongregationen beim Vorkonklave beschlossen worden. Er kündigte er an, dass er neben dem traditionellen Weihnachtsempfang für die römische Kurie – an der bisher faktisch nur die Behördenleiter teilnahmen – auch eine Audienz für alle Angestellten des Vatikan in der Audienzhalle des Vatikan plane.
Entlassung des Schweizergarde-Chefs
Papst Franziskus ist Spekulationen entgegengetreten, er habe den Kommandanten der Schweizergarde, Daniel Anrig, wegen überzogener Strenge entlassen. "Nein, gewiss nicht", antwortete er in dem Interview auf die entsprechende Frage. Es handle sich um einen "ganz normalen Wechsel. Da gibt es nichts Merkwürdiges", so Franziskus. Ebenso wies er Mutmaßungen zurück, die neu renovierte Wohnung des Kommandanten sei ihm zu großzügig gewesen. Er verwies darauf, dass der Kommandant vier Kinder habe.
Franziskus erklärte, er sei nach einem Besuch des Quartiers der Schweizergarde zu der Auffassung gekommen, dass eine "Erneuerung" gut tun würde. "Niemand ist ewig." Franziskus würdigte Anrig als "exzellente Persönlichkeit" und "guten Katholiken". Er habe sich nichts zuschulden kommen lassen.
Der Vatikan hatte vergangene Woche mitgeteilt, Anrig gebe auf Verfügung des Papstes am 31. Januar die Leitung der Schweizergarde ab. Der 42-jährige stand seit 2008 an der Spitze der 110 starken päpstlichen Wachtruppe. Franziskus sagte weiter, die fünfjährige Amtszeit Anrigs sei eigentlich zwei Monate nach der Papstwahl im März 2013 abgelaufen. Er habe damals keine endgültige Entscheidung fällen wollen, sondern das Mandat Anrigs vorläufig verlängert.
Versetzung Kardinal Burkes
Papst Franziskus hat auch Deutungen widersprochen, er habe Kurienkardinal Raymond Leo Burke wegen dessen Äußerungen während der Bischofssynode strafversetzt. Er habe Burke schon lange vor der Synode den Vorschlag gemacht, von der Spitze des obersten vatikanischen Gerichtshofs zum Malteserorden zu wechseln, erklärte der Papst.
Der US-Amerikaner Burke hatte sich während der Bischofssynode über die Familie im Oktober mit deutlichen Worten gegen Änderungen in der kirchlichen Praxis gegenüber wiederverheirateten Geschiedenen oder Homosexuellen ausgesprochen. Der 66-Jährige gilt als einer der profilierten Vertreter des konservativen Flügels im Kardinalskollegium.
Der Papst hatte Burke, seit 2008 Präfekt der Apostolischen Signatur, im November zum Kardinalpatron des Malteserordens ernannt. Dies war von machen Medien als Strafversetzung gedeutet worden. Burke sei eines Tages zu ihm gekommen und habe ihn gefragt, warum er in seinem Amt noch nicht bestätigt worden sei, berichtete Franziskus in dem Interview. Er, der Papst, habe darauf verwiesen, dass sein Kardinalsrat für die Kurienreform noch nicht über eine Neustrukturierung der vatikanischen Gerichte befunden habe. Dann habe er die Anfrage des Malteserordens nach einem neuen Kardinalpatron erhalten. Da sei ihm Burke in den Sinn gekommen, weil dieser sich als US-Amerikaner in dem Ambiente bewegen könne.
Gesundheit und Reisepläne
Über seine Wahl zum Papst sagt Franziskus, er habe sich damals geschworen "Jorge, verändere Dich nicht, bleib wie Du bist und sei Du selbst. Denn in deinem Alter sich zu ändern ist lächerlich." Auch seine Gesundheit war Thema des Interviews: Er habe die altersüblichen Beschwerden, aber er sei in der Hand Gottes, und bis jetzt habe er sein Arbeitspensum gut erfüllen können. Außerdem habe ihm Gott, was seine Gesundheit angeht, eine "gesunde Portion Gewissenlosigkeit" geschenkt, so der Papst ironisch.
2016 wolle er vielleicht nach Argentinien reisen, 2015 seien bereits drei Reisen geplant: eine nach Lateinamerika und zwei nach Afrika. Er kündigte an, im kommenden Jahr auch keine argentinischen Politiker in Privataudienz empfangen zu wollen, um die anstehenden Wahlen nicht zu beeinflussen.
Das Interview war nach Angaben der Zeitung am Donnerstag im vatikanischen Gästehaus Santa Marta geführt worden. Die Vatikan-Korrespondentin von "La Nacion", Elisabetta Pique, ist eine persönliche Bekannte des Papstes.
Quelle: Domradio.de >>
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