Montag, 1. Juli 2019

Wucherer-Huldenfeld: Wach auf, du tote Christenheit!

Wucherer feiert 90er mit Plädoyer für Laien-Spiritualität

Univ.-Prof. em. Augustinus Wucherer-Huldenfeld 90er
Univ.-Prof. em. Augustinus Wucherer-Huldenfeld 90er.

Emeritierter Wiener Professor für Christliche Philosophie: Erneuerung der Kirche braucht Überwindung des Klerikalismus durch Wiederentdecken einer neutestamentlich fundierten Würde und Berufung aller Gläubigen.


Er füllte nicht nur über Jahrzehnte den größten Hörsaal der Theologie an der Uni Wien, sondern jetzt mit einem "Biblischen Vortrag" auch die Wiener Pfarrkirche St. Josef zu Margareten randvoll: Die Rede ist vom langjährigen Ordinarius für Christliche Philosophie, Univ.-Prof. em. Augustinus Wucherer-Huldenfeld, der als Prämonstratenser dem Stift Geras angehört, aber schon seit Jahrzehnten in der Pfarre St. Josef auch als Seelsorger wirkt, wo er am Sonntag seinen 90. Geburtstag beging. In seinem Vortrag "Weck die tote Christenheit" - angelehnt an eine Strophe eines bekannten Kirchenlieds - hielt der Jubilar ein kraftvolles Plädoyer für eine biblisch fundierte Laien-Spiritualität, die für eine Erneuerung der Kirche auf Grundlage des Zweiten Vatikanischen Konzils unabdingbar sei.

Die Auflösung der flächendeckenden "Volkskirche", die mit dem Staat eng verbunden ist, bezeichnete Wucherer als einen fortschreitenden Prozess. Großangelegte Restaurationsversuche - wie der des autoritären christlichen Ständestaates in Österreich - seien definitiv gescheitert. Entgegen den gegenwärtigen Versuchen der Kirche nach flächendeckenden Strukturreformen empfahl der Priester-Philosoph eine "kirchliche Selbstkorrektur hin zu einer Spiritualität des Laien". Dabei müsse zuerst der landläufige Begriff von "Laie" - laut Duden handelt es sich dabei um einen "Christ, der nicht Geistlicher ist" - überwunden werden. Diese Sicht sei theologisch falsch und eher Ausdruck eines "weltweit verbreiteten Klerikalismus", den Papst Franziskus bereits als Problem erkannt habe.

Als Laie sei vielmehr ein Christ in seiner Eigenschaft als "Mitglied des Volkes Gottes" gemeint, betonte Wucherer demgegenüber und verwies auf den Apostel Paulus, der die Gläubigen als "Pneumatiker" und als "Heilige" angesprochen habe, die ihre Charismen und Talente für andere einbringen sollten. Alle Gläubigen seien im paulinischen Sinn in der von Jesus verkündeten "Königsherrschaft Gottes" sowohl "Gekrönte als auch Thronerben Gottes". Diese Diktion mache deutlich, dass das "Reich Gottes" nicht unterdrücke und dass alle Gläubigen - so wie vom Konzil auch festgehalten - Anteil am gemeinsamen Priestertum Christi haben. "Von daher ist das Weihepriestertum ein Dienstamt an der Entfaltung aller zu Pneumatikern in der Königsherrschaft Gottes, ein Dienst am Mündigwerden der Gläubigen", unterstrich Wucherer.

Eine recht verstandene Spiritualität der Laien nehme die Worte des Apostels Paulus ernst, wonach die Gläubigen bereits "der Tempel Gottes sind, in dem der Geist Gottes wohnt". Von daher spreche Paulus die Gläubigen bewusst als "Heilige" an. Oft werde diese Sicht verdeckt durch eine falsch verstandene "Sündenfrömmigkeit" der Gläubigen. Dem stehe aber eine christliche "Gnadenfrömmigkeit" entgegen, die sich von einem "Vertrauensglauben in die Treue Gottes zum Menschen, der uns ermächtigt und beschenkt", getragen wisse. Ein so verstandener Glaube lasse keinen Platz für eine "privatisierte Aussteigermystik", so Wucherer. Vielmehr befähige er zu einem weltzugewandten Mit- und Füreinander der Gläubigen, die sich als mit Christus Auferstandene verstehen sollten. Eine in dieser Weise wiederentdeckte "Würde der Spiritualität der Laien" sei unabdingbar für die immer wieder aufs Neue nötige Erneuerung der Kirche, resümierte der Jubilar.

Priester und Philosoph

Augustinus Karl Wucherer-Huldenfeld wurde am 1. Juli 1929 im steirischen Gleinstätten geboren. Ab 1947 studierte er Philosophie, Psychologie und Ethnologie an der Universität Wien, wo er 1957 promovierte. Darauf folgte bis 1961 in InnsbrucK das Theologiestudium. 1956 trat Wucher-Huldenfeld in das Prämonstratenserstift Geras ein, nahm den Ordensnamen Augustinus an und wurde 1961 zum Priester geweiht.

1964 begann seine Lehrtätigkeit zuerst in Klosterneuburg und dann ab 1967 an der Universität Wien. Von 1974 bis zur Emeritierung 1997 leitet er als Professor das Institut für Christliche Philosophie an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehört die Atheismusforschung - seine diesbezügliche Expertise konnte er von 1978 bis 1983 als Konsultor in das Päpstliche Sekretariat für die Nichtglaubenden einbringen. Ein weiterer Schwerpunkt betrifft die Daseinsanalyse. So war Wucherer von 1990 bis 2002 Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Daseinsanalyse (ÖGDA) und von 1997 bis 2001 war er auch Präsident der Internationalen Ferdinand-Ebner-Gesellschaft. Seit 2002 ist er Emeritus und lehrt weiter an der Universität Wien sowie an verschiedenen Fachhochschulen.

Quelle: Erzdiözese Wien, 1.7.20219 >>

 

Feier in St. Josef zu Margareten: Kaplan Prof. Matthias Beck, Prior-Administrator Conrad Kurt Müller, Prof. Augustinus Wucherer-Huldenfeld, Pfarrer Wolfgang Unterberger.

Laien-Spiritualität, biblisch fundiert

In seinem Vortrag „Weck die tote Christenheit“ – angelehnt an eine Strophe eines bekannten Kirchenlieds – hielt der Jubilar ein kraftvolles Plädoyer für eine biblisch fundierte Laien-Spiritualität, die für eine Erneuerung der Kirche auf Grundlage des Zweiten Vatikanischen Konzils unabdingbar sei.
Der Sonntag, 17.07.2019

Der Vortrag als Audio auf Soundcloud >>


Augustinus Karl Wucherer-Huldenfeld zum 90. Geburtstag

Logos - Glauben und Zweifeln - Ö1 am 29.06.20219

"Wach auf, du tote Christenheit!" - Weckrufe des Philosophen Augustinus Karl Wucherer-Huldenfeld. - Gestaltung: Johannes Kaup

Er ist ein stiller, öffentlichkeitsscheuer und gleichzeitig ein gründlicher, widerständiger und nachhaltig wirkender christlicher Denker. Der am 30. Juni 1929 im steirischen Gleinstetten als Karl Wucherer-Huldenfeld geborene Philosoph und Theologe riskierte schon als Jugendlicher im Widerstand gegen die Nazis Leib und Leben. Die dramatischen Lebenserfahrungen, samt ideologischer Entzweiung seiner Eltern, führen ihn schon früh zu einem lebensnahen existenziellen Denken, mit dem er später mehrere Generationen seiner Schülerinnen und Schüler prägen wird.

Philosophie ist für ihn Lebenspraxis. Nach dem Krieg studiert Wucherer-Huldenfeld Philosophie, Anthropologie, Zoologie und Psychologie und wird Mitglied im Arbeitskreis für Psychoanalyse. Bald macht er sich einen Namen als Experte für Sigmund Freud, Karl Marx, Ludwig Feuerbach und Martin Heidegger. Sein Interesse gilt besonders dem Phänomen des modernen Atheismus und der alltäglichen Religionslosigkeit. Deren Motive sieht er vor allem in einer kritischen Reaktion auf eine falsche und irreführende christliche Lehre. Zusätzlich absolviert Wucherer-Huldenfeld das Studium in katholischer Theologie, tritt als Spätberufener in den Prämonstratenserorden ein und nimmt den Ordensnamen Augustinus an.

Von 1974 bis 1997 prägt er als Professor für Christliche Philosophie und Mystik das Denken vieler Studierenden aus den Bereichen Philosophie, Theologie, Medizin und Psychotherapie. Heute noch schreibt er mit 90 Jahren am dritten Buch seines Monumentalwerks "Philosophie und Theologie im Umbruch" und predigt jeden Samstagabend in der Kirche St. Josef zu Margarethen in Wien.

"Wach auf, du tote Christenheit" - diesen auf das Kirchenlied "Sonne der Gerechtigkeit" zurückgehende Weckruf - stellt Augustinus Karl Wucherer-Huldenfeld einer Sendung voran, die eine Einführung sein will in das, was christliches Denken und Dasein - so wie er es versteht - eigentlich bedeutet.

Denn Denken ist Danken:
Zum 90. Geburtstag von Augustinus Karl Wucherer-Huldenfeld

Er ist ein stiller, öffentlichkeitsscheuer, aber gleichzeitig ein gründlicher und nachhaltig wirkender christlicher Denker: Der am 30. Juni 1929 im steirischen Gleinstetten geborene Philosoph und Theologe Karl Wucherer-Huldenfeld.

Von 1974 bis 1997 lehrte er als Professor für christliche Philosophie und Mystik an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien. Mit seinem lebensnahen existenziellen Denken befruchtete er mehrere Generationen Studierender aus den Bereichen Philosophie, Theologie, Medizin und Psychotherapie.
Weiterlesen in DIE FURCHE >>


Keine Kommentare: