ORF Religion, 8.7.2010
Iby-Nachfolge: Unmut über Bestellvorgang in kirchenkritischen Kreisen
Scharfe Kritik hat der Bestellvorgang von Ägidius Johann Zsifkovics zum voraussichtlichen Nachfolger des Eisenstädter Diözesanbischofs Paul Iby am Donnerstag hervorgerufen.
Einerseits vermissen Kritiker bei der Bestellung neuer Bischöfe generell Transparenz, andererseits verweisen sie auf Zsifkovics Rom-Treue. Ein Signal für Reformen sei dies nicht, stellten sie fest.
Zulehner: "Breite Enttäuschung"
"Das Vorgehen gegenüber Iby war nicht feinfühlig. Denn er äußerte bereits beim Nuntius, dass er bis zum Diözesanjubiläum am 11. November bleiben will. Die offizielle Bestellung von Zsifkovics dürfte schon am kommenden Samstag erfolgen. Das ist jetzt eine brüskierende Missachtung. Außerdem ist es ungewöhnlich, dass der Bischof von seinem Nachfolger aus der Presse erfährt", stellte der Theologe Paul Zulehner gegenüber der APA fest. Er ortet eine "breite Enttäuschung" in der Diözese Eisenstadt, denn der voraussichtlich neue Bischof werde nur von einer Minderheit akzeptiert. "Er ist sehr jung (47, Anm.). Die Diözese hat jetzt 30 Jahre Winter", meinte Zulehner. "In der jetzigen Situation der österreichischen Kirche ist das eine vertane Chance. Man hätte auf Erneuerung setzen können und sollen. Ich bin 'disappointed'", so der Theologe.
Wir sind Kirche: "Völlig inakzeptabel"
Auch für die Plattform "Wir sind Kirche" besitzt Zsifkovics nicht die Akzeptanz im Kirchenvolk. Mit der Entscheidung für ihn als Nachfolger seien "eine Reihe besser geeigneter Kandidaten übergangen worden", hieß es in einer Aussendung. "Die Menschen werden sich stärker als bisher von der Kirchenleitung abwenden und die Kirchenspaltung sowie die Austrittswelle werden noch größer werden", erklärte der Vorsitzende, Hans Peter Hurka. Er verwies darauf, dass Zsifkovics als "ideenloser Vollzieher" römischer Entscheidungen eingeschätzt wird und sich als Karrierist einen Namen gemacht habe. "Wir sind Kirche" kritisierte generell den Bestellvorgang von Bischöfen als "völlig inakzeptabel" und bezeichnete das Verfahren als "Geheim- und Personalpolitik, die in Diktaturen üblich ist". Die Plattform ersucht deshalb die Bundesregierung, gegen die Ernennung von Zsifkovics Einwände zu erheben.
Schüller: "Katastrophaler Bestellvorgang"
Auch Helmut Schüller von der Pfarrerinitiative spricht gegenüber der APA von einem "katastrophalen" Bestellvorgang: "Gerade jetzt hätte man die Gelegenheit gehabt - wenn man das will - andere Schritte zu setzen. Das ist wie eine 'Morgen-Diät' bei den Reformen und ein ziemlich mieses Signal. Es verstärkt den Eindruck, dass sich die Führungsetage in konservativen Löchern verkriecht." Der Umgang mit Diözesanbischof Iby sei unter jeder Kritik gewesen: "Nicht einmal die primitivsten Anstandsregeln wurden beachtet." Zsifkovics kenne er zwar nicht persönlich, "was ich höre, ist aber nicht ermutigend und deutet nicht in Richtung Reformsignal".
Laieninitiative: "Rücksichtlose Machtdemonstration
Die Laieninitiative erkennt in dem Vorgehen eine "neuerliche rücksichtlose Machtdemonstration des Vatikans, die nicht hingenommen werden kann" und vermisst Transparenz und eine "ernsthafte" Konsenssuche. "Der deutliche Eindruck entsteht, dass Iby indirekt für seine mutigen Äußerungen zu notwendigen Reformen 'bestraft' und demonstrativ ein als 'papsttreu' geltender Priester eingesetzt werden soll", erklärte Vorstandsmitglied Eduard Posch in einer Aussendung. Die Laieninitiative verwies weiters auf eine Studientagung im November, die sich grundsätzlich mit dem Thema Bischofsernennungen auseinandersetzen wird. Dabei soll diskutiert werden, ob Rom zu "solchen autoritären" Entscheidungen überhaupt legitimiert ist.
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