Freitag, 1. Juni 2012

Beeindruckende Pfingstpredigt von D. Stipsits

Liebe FreundInnen und LeserInnen!
Heute veröffentliche ich die beeindruckende Predigt von Pfarrer Dietmar Stipsits vom Pfingstsonntag (27.05.2012).
Der überaus engagierte und geschätzte Seelsorger hat wieder einmal Klartext gesprochen und dafür tosenden Applaus bekommen. Den ausgesprochenen Wünschen kann ich mich nur anschließen. Und Du?


Liebe ChristInnen!

Pfingsten, so interpretiert es die kirchliche Tradition, markiert die Gründung der christlichen Kirche, bestehend aus einzelnen Gemeinden in weltweiter Vielfalt. Deshalb möchte ich heute Wünsche an die Kirche formulieren (nach einem Artikel in „Lebendige Seelsorge“ Nr. 45 (1994), 48f. von Michael Albus – leider noch immer aktuell): Ich gliedere meine Wünsche – gut kirchlich – hierarchisch:

Papst:

Ich wünsche mir einen Papst, der in seiner Kirche die Menschenrechte selber praktiziert, die er so eindrucksvoll in der sog. „Dritten Welt“ und für unterdrückte Gruppen einfordert. Ich wünsche mir einen Papst, der weniger Angst vor Sexualität hat. Ich wünsche mir einen Papst, der so viel Menschlichkeit hat, dass er zumindest verstehen kann, warum eine vergewaltigte Frau an eine Abtreibung denkt. Ich wünsche mir einen Papst, der mehr Verständnis für Geschiedene und Wiederverheiratete hat. Ich wünsche mir einen Papst, der entscheidet, dass der Zölibat gleichberechtigt neben der Ehe, als Voraussetzung zum Priestertum steht. Ich wünsche mir einen Papst, der alle klerikalen Titel abschafft, die Distanz herstellen zwischen „oben“ und „unten“.

Bischöfe:

Ich wünsche mir Bischöfe, die nicht auf allen Hochzeiten tanzen. Ich wünsche mir Bischöfe, die vor der Abfassung von Hirtenbriefen auch ihre Schafe hören. Ich wünsche mir Bischöfe, die vom Kirchenvolk gewählt werden. Ich wünsche mir Bischöfe, die nicht mehr so tun, als ob die ganze Welt katholisch wäre. Ich wünsche mir weiche Bischöfe – nicht harte, keine Erz-Bischöfe, Bischöfe, die Menschlichkeit vorleben. Ich wünsche mir Bischöfe, die nicht Filialleiter des Vatikans sind, sondern auf die Sorgen und Nöte der Menschen in ihrer Diözese hören.

Priester:

Ich wünsche mir Priester, die wissen wie Laien leben. Ich wünsche mir Priester, die sich nicht selbst verkünden. Ich wünsche mir Priester, die, wenn sie eine Liebesbeziehung haben, in der Öffentlichkeit auch dazu stehen können. Ich wünsche mir Priesterinnen. Ich wünsche mir Priester, die wirklich Zeit haben für die Menschen. Ich wünsche mir Priester, die nur das von Laien verlangen, was sie selber zu leisten imstande sind.  Ich wünsche mir Priester, die den Mut haben, sinnlosen kirchlichen Verordnungen zu widersprechen und zuwiderzuhandeln.

Laien:

Ich wünsche mir Laien, die Priester nicht alleine lassen. Ich wünsche mir Laien, die den Mut haben, dem „Petrus“ ihrer eigenen Gemeinde, wenn es notwendig wird, offen ins Angesicht zu widerstehen. Ich wünsche mir Laien, die sich nicht päpstlicher gebärden als der Papst. Ich wünsche mir Laien, die die Geduld mit ihren Pfarrern nicht verlieren. Ich wünsche mir Laien, die ihre Dienste anbieten, ohne „gerufen“ zu werden. Ich wünsche mir Laien, die auch ohne Pfarrer Gemeinde leben können.

Was ich mir in der Kirche von allen wünsche:

Lebensnähe und keinen wachsenden Wirklichkeitsverlust. Einstehen für andere, vor allem für Benachteiligte. Interesse für andere Menschen: vor allem für Kinder, Kranke, Einsame, Arbeitssuchende, Gescheiterte, Sterbende. Das Fehlen von Bürokratie. Mehr Akzeptanz gegenüber jungen Menschen. Mehr Akzeptanz gegen Einsprüche und Widersprüche. Mehr Beweglichkeit, weniger Beharren auf festen Formen und Formeln. Mehr Bescheidenheit in der öffentlichen Darstellung. Weniger Angst vor Neuem. Mehr Risikobereitschaft im Ausprobieren neuer Lebensformen. Weniger Sitzungen.

Vor allem aber wünsche ich mir von unserer Kirche:

Glaubwürdigkeit. Glaubwürdigkeit geschieht nicht durch Worte, sondern alleine durch Taten: Glaubwürdig ist eine Kirche, die glaubwürdig lebt.

Dazu möge uns Gottes Geist Mut und Courage schenken heute und bis in Ewigkeit.

Pfarre Bad Tatzmannsdorf

7 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Er wünscht sich "weniger Sitzungen".:) Zum Glück hat er sich nicht auch "mehr Demokratie" gewünscht, denn dann wäre der eigene Widerspruch zu offensichtlich gewesen.

Aber wo sollen dann die gewünschten "Einsprüche und Widersprüche" entfaltet werden, wenn nicht auf den Sitzungen? Das sind doch eigentlich die Mittel des Kirchendeformer. Oder wünscht er sich nur Einzelaufständische.

Achja, ihr seid schon witzig.

Anonym hat gesagt…

wünsche, wünsche, wünsche, und damit haben wir das bild einer "vollkommenen" kirche entworfen!
infantil, kuschelig, ohne probleme, wirklich eine kirche der "superheiligen" und "superlative"! bravo, pfarrer stipsits, es sind wirklich "applauswürdige" gedanken! nur, die welt&wirklichkeit sprechen eine gänzlich andere sprache, die euresgleichen nicht verstehen wollen/können. leider!

Aquilea hat gesagt…

Und was wünscht der Herr "Superpfarrer" für sich selber?
Vielleicht mehr Auftritte, mehr Aufmerksamkeit, noch mehr Publizität, wie Meister Schüller?; und damit ist dann die Kirche bereits reformiert und gerettet? (Und was nicht erwünscht ist: vor allem Kritik, so wie beim Papst und seinen Bischöfen.)
(N.S.: Eine Empfählung für alle, die die Kirche unbedingt "reformieren" wollen: Hans-Joachim Höhn, "Fremde Heimat Kirche" und zeitgenössische Philosophen, wie Z.B. Liesmann und Sloterdijk.)

Karl Meyer hat gesagt…

Der Wunschzettel endet mit den Worten: "Dazu möge uns Gottes Geist Mut und Courage schenken." Ob der Hl. Geist Wünsche unterstützt, dass sich hauptsächlich die anderen ändern sollen? Vielleicht sollten wir alle mehr hören, was er von uns persönlich will, und dann unter seinen Wunschzettel unsere Unterschrift setzen.

Peter hat gesagt…

Die bekannte Antwort von Mutter Teresa auf die Frage eines Journalisten, was sich in der Kirche ändern sollte: "Ich und Sie." Das ist halt die Mutter Teresa. Nicht zufällig konnte sie ein Riesenwerk für die Ärmsten der Armen aufbauen. - Aus einem Gebet: "Gott, ändere die Kirche und fang bei mir an." Dem möchte ich mich anschließen.

Bruder Jakob hat gesagt…

Merkwürdig, dass in allen bisherigen Posts "das Wünschen" kritisiert wird und dem gegenüber gefordert wird, bei sich selbst zu beginnen.
Herrschaften: es geht in der Kirche ja nicht nur um dich und mich, sondern Kirche ist auch ein System; ein hierarchisches mit einem absolutistischen Oberhaupt, das jene Kandidaten bestimmt, die das nächste Oberhaupt auswählen werden.
Da dieses System momentan an allen Ecken und Enden an Vertrauen und Autorität einbüßt, sind diese Wünsche angebracht und notwendig.

Dein Reich komme, nicht das meine! Dein Wille geschehe, nicht der meine!

Anonym hat gesagt…

Die Ideen und Wünsche kann ich alle unterschreiben. Vorher sollten wir uns allerdings überlegen, wie der aktuell praktizierte Feudalismus an der Kirchenspitze als Haupthindernis abgeschafft werden kann.