Freitag, 24. Mai 2013

Franziskus' Gespräch mit Rabbiner: "Die Kirche ist eine Frau"

Der Papst begeistert die Menschen: Endlich einer, der die Tore der vermieften Kirche weit öffnet! Doch wie denkt er wirklich über Homosexualität, den Zölibat, die Rolle der Frauen? Ein Gesprächsband gewährt Einblicke in Franziskus' Ansichten. 

Sophia Loren, Italiens große, inzwischen 78-jährige Schauspielerin, brach gleich in Tränen aus, "als Papa Francesco auf dem Balkon erschien und 'Buona sera' sagte". Die anderen jubelten, jubeln bis heute, wann immer Papst Franziskus erscheint und mit einer Geste, einem Wort deutlich macht, dass nun alles anders wird im katholischen Weltreich.
 Doch was die einen bejubeln, löst beim katholischen Establishment Unruhe aus: Franziskus' offene Worte zum Zustand der Kirche, sein Verzicht auf Prunk, seine Messe im Jugendgefängnis, die Fußwaschung für Frauen - was kommt als Nächstes?
Aufschluss könnte ein Buch geben, es gibt ein Gespräch wieder zwischen dem damaligen Kardinal Jorge Bergoglio und dem Rabbiner Abraham Skorka. Als Fußballfans hatten sie sich in Buenos Aires kennen- und schätzen gelernt und begonnen, aus katholischer und jüdischer Sicht über Gott und die Welt zu diskutieren. Dann, vor drei Jahren, veröffentlichten sie ihren Dialog in Spanisch - und ohne große Resonanz.
 Das ändert sich nun. Denn in diesen Tagen erscheint das Buch in vielen Sprachen und vielen Ländern.
Vieles, was Bergoglio in dem Buch von sich gibt, ist erfreulich offen, nicht doktrinär, sondern menschenorientiert. Einige Beispiele:
  • "Jeder Mensch ist ein Abbild Gottes, ob er nun gläubig ist oder nicht."
  • "Die großen Anführer von Gottes Volk waren Menschen, die Raum für den Zweifel ließen."
  • "Eine bloß rituelle Religion ist zum Sterben bestimmt, denn sie lässt das Herz leer."
  • "Die Religion hat kein Recht, sich in irgendjemandes Privatleben einzumischen."
Manches in der Debatte zwischen dem Juden und dem Katholiken ist hochaktuell und politisch brisant. Wenn Bergoglio über die Globalisierung redet und sagt, "wenn sie zu Gleichförmigkeit in der Welt führt, ist sie nicht menschlich", und im Extremfall sei sie sogar ein "Instrument, um Völker zu versklaven", da ist er ganz nahe an der antikapitalistischen No-Global-Bewegung. Geradezu revolutionär klingt es, wenn er über Kapitalflucht urteilt, dass der Industrielle, der sein Geld aus dem Land bringe, in dem es erwirtschaftet wurde, "eine Sünde" begehe.
Ein Volltreffer ins merkantile Herz des Vatikans mit seinen undurchsichtigen Bankgeschäften und dubiosen Geldquellen ist sein Disput über unsaubere Zuwendungen. Was etwa von Drogendealern stamme, bleibe schmutzig, auch wenn es der Kirche gespendet würde und von der für gute, soziale Zwecke verwandt würde. Bergoglio: "Blutiges Geld darf die Kirche nicht nehmen."

Homo-Ehe: Ein anthropologischer Rückschritt
Und dann gibt es die anderen Kapitel, wo es um kirchliche Moralvorstellungen, um die Ehe und die Scheidung oder um Abtreibung geht. Bei diesen Themen ist der neue Papst vielfach genauso doktrinär wie seine erzkonservativen Vorgänger. Abtreibung? Heißt "jemanden töten, der sich nicht wehren kann". Scheidung? Ist ein Verstoß gegen "die Unauflöslichkeit der Ehe".
Liberal in der Form, aber knallhart im Inhalt ist er auch gegen die Einführung einer Homo-Ehe. Zwar habe es, beginnt Bergoglio seine Philippika betont offen, Homosexualität immer gegeben. Und das sei im Prinzip auch eine Privatsache, die die Kirche nichts angehe. Aber noch niemals habe die Menschheit daraus den Schluss gezogen, gleichgeschlechtliche Paare könnten eine Ehe eingehen wie Mann und Frau. Darum aber gehe es heute, und dies gehe weit über religiöse Fragen hinaus.
Er sehe darin, so Bergoglio, "einen anthropologischen Rückschritt". Denn die Einführung einer Ehe zwischen zwei Männern oder zwei Frauen schwäche eine Jahrtausende alte Institution, die ebenso natürlich wie menschlich sei.

Besser gute Waisenhäuser
So kann er natürlich auch nicht akzeptieren, dass gleichgeschlechtliche Paare Kinder adoptieren. Das beinhalte ja "das Risiko, den Kindern zu schaden". Schließlich brauche "jedes Individuum einen männlichen Vater und eine weibliche Mutter". Auch die Frage, ob es nicht vielleicht besser sei, ein elternloses Kind wachse statt in einem Heim bei einem gleichgeschlechtlichen Paar auf, beantwortet Bergoglio abschlägig. Keine der beiden Situationen sei für das Kind "optimal".
Deshalb, so seine Schlussfolgerung, müsse der Staat für bessere Heime sorgen. Oder soziale und karitative Organisationen sowie Kirchen müssten sich solcher Kinder annehmen.
Auch wenn Franziskus die Bedeutung der Frauen für die Kirche erst vor kurzem bei der Generalaudienz wortkräftig hervorhob - Priester werden sie unter seiner Regentschaft nicht werden. Das Amt stehe nur Männern zu, schließlich sei der höchste Priester, Jesus, ja auch ein Mann. Die Frau dagegen habe eine ganz andere Rolle, verfüge sie doch über "das Geschenk der Mutterschaft, der Zärtlichkeit".
Damit sei sie keinesfalls weniger wert. Schließlich stehe die Jungfrau Maria in der kirchlichen Rangordnung sogar über den Aposteln und, nicht zu vergessen, auch "die Kirche", mit der Jesus sich vermählte, sei "eine Frau".
Damit könne sie mehr als zufrieden sein, so Bergoglio im Gespräch mit Skorka. Priester könne sie nun einmal nicht werden. Und der seit den siebziger Jahren um sich greifende Feminismus bringe die Frauen ganz bestimmt nicht weiter, der mache aus ihnen, zugespitzt gesagt, nur "Machos in Röcken".

Zölibat soll bleiben - einstweilen
Ein wenig, ein ganz klein wenig Hoffnung auf liberalere Zeiten dürfen sich Priester machen, die Schwierigkeiten mit dem Zölibat haben. Denn das ist für den neuen Papst offenbar keine prinzipielle, keine theologische Frage, schließlich dürfen katholische Priester in der Ostkirche, in Griechenland, Russland, der Ukraine heiraten. Und er selbst war als junger Seminarist einmal so verliebt, "dass sich mir der Kopf drehte".
Bergoglio sieht im Zölibat eine kulturelle Überlieferung, mit der man zehn Jahrhunderte lang überwiegend positive Erfahrungen gemacht habe. Deshalb sei er für die Beibehaltung des Zölibats - "zurzeit".

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Papst Franziskus: Absage an Machtkämpfe in der Kirche

Erneut hat Papst Franziskus unterstrichen, dass die Kirche nur im Dienst am Nächsten, und nicht mit der Suche nach Macht, voranschreiten kann. An seiner morgendlichen Messfeier in der vatikanischen Casa Santa Marta nahmen an diesem Dienstag einige Mitarbeiter von Radio Vatikan sowie des vatikanischen Tourismusbüros teil, aber auch die Präsidentin der Fokolarbewegung, Maria Voce. Der Programmdirektor von Radio Vatikan, Pater Andrzej Koprowski, konzelebrierte die Messe.
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Pfingstmesse vor 200.000 Gläubigen: Papst warnt vor Spaltung der Christenheit
Die nächste Premiere für Franziskus: Vor 200.000 Gläubigen aus aller Welt feiert er seine erste Pfingstmesse als Papst. Die Zuhörer ruft er auf, neuen Dingen gegenüber immer offen zu sein. Deutlich warnt er vor einer Spaltung der christlichen Gemeinschaft.
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Papst: Wo Gottes Geist wirkt, kommt es zu Veränderungen
Franziskus in Pfingstmesse auf dem Petersplatz: Mensch hat an sich Angst vor Neuem und fühlt sich sicherer, wenn er alles unter Kontrolle hat
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