martinus: Generalvikar Martin Korpitsch. Löst das Wehmut oder eher Freude bei Ihnen aus?
Martin Korpitsch: Es löst gespannte Erwartung aus. Aber auch die große Bereitschaft, etwas Neues zu beginnen. Natürlich wird durch das Bewusstsein, meine Pfarren zu verlassen, auch eine Traurigkeit in mir ausgelöst.
Wie sind Sie gefragt worden?
Der Bischof und ich waren im Laufe der Visitation in meinen Pfarren beinahe jedes Wochenende beisammen. Wir haben dabei öfters über die Situation der Kirche gesprochen. Dadurch sind auch andere Fragen aufgetaucht. Am Schluss der Visitation hat mich der Bischof gefragt, was ich denn meine, wer Generalvikar werden könnte. Er hat mir dann verraten, dass er auch andere Leute gefragt habe, und mein Name gefallen ist. Er hat mich unvermittelt gefragt. Ich war wirklich überrascht, weil ich damit nicht gerechnet hatte. Am Geburtstag des Bischofs habe ich ihm signalisiert, dass ich mir die Aufgabe vorstellen könnte.
Was überlegt man vor einem Wechsel vom Pfarrseelsorger zum Generalvikar, dessen Amt sicher auch viele administrative Aufgaben mit sich bringt?
Ich glaube, dass ich in meiner neuen Aufgabe nicht nur am Schreibtisch sein werde. Mit einem Freund und Priesterkollegen habe ich das besprochen. Er hat mich ermutigt. Und so bin ich relativ bald zu einer Entscheidung gekommen. Ich bin in gespannter Erwartung. Es gehen mir jetzt schon einige Punkte durch den Kopf. Wie ist es möglich, auch seelsorglich weiter zu wirken? Das habe ich mit dem Bischof auch besprochen. Man wird zuerst schauen, was möglich ist, und dann hoffe ich, dass ich irgendwann eine kleine Heimat finde, wo ich mit einer Gruppe auch regelmäßig Gottesdienst feiern kann.
War es Ihr Wunsch, als Generalvikar keine Pfarre zusätzlich zu betreuen oder war das von vornherein so geplant?
Das war aufgrund der besonderen Herausforderung des Amtes schon so geplant. Dieses Amt in Verbindung mit zwei Pfarren auszuüben, könnte schnell zu viel werden.
War Ihr Wunsch, Priester zu werden mit einem bestimmten Priesterbild verbunden?
Ich habe meinen Onkel als glücklichen Priester erlebt. Und da habe ich gesehen, dass man als Priester auch ein gelingendes Leben haben kann und auch soll.
Sie gelten als Priester, der das Ohr nahe bei den Menschen hat. Wie ist Ihnen das gelungen?
Ich habe mir vorgenommen, dass ich mich zu den Menschen hintraue, auch bei den Lebenswenden. Vor allem bei Taufen, Hochzeiten und Begräbnissen war ich immer bei den Leuten in der Vorbereitung. Das hat mich in die Situation der Personen in meiner Pfarre hineingebracht. Der Bischof hat mir auch gesagt, dass ich in Zukunft mit den Priestern Kontakt halten soll. Nicht als Seelsorger der Priester, sondern als Mitbruder, der um deren Wohl besorgt ist.
Was will man konkret im Austausch zwischen den Priestern und der Diözesanführung verbessern?
Ich weiß, dass es dem Bischof ein Anliegen ist, die Priester und Ordensleute, die ihm anvertraut sind, zu unterstützen. Es soll keiner hängen gelassen werden.
Haben Sie in Ihren 25 Jahren als Priester Dinge bemerkt, die aus Ihrer Sicht einer Korrektur bedürfen, aber nie angegangen wurden?
Ich habe den Eindruck, dass der administrative Aufwand und die Bürokratie in den Pfarren zu viel werden. Ich bin zwar der Meinung, dass die elektronische Kommunikation eine große Hilfe ist, ich will da auch jeden Pfarrer ermutigen, dort firm zu sein, aber es braucht mehr direkte Wege. Das Reden miteinander ist wichtig. Vor allem bei den Sakramenten. Es soll die Ordnung eingehalten werden, aber es gibt eine Bandbreite an Spielräumen, die wir ausnützen dürfen. Und wir haben auch die Aufgabe, seelsorglich klug und menschlich da zu sein. Es ist oft nichts möglich, wenn man die Regeln messerscharf ansetzt.
War es Ihr Ziel, irgendwann einmal eine Leitungsfunktion in der Diözese zu übernehmen?
Es gibt schon die Verführung des Ehrgeizes oder die Verführung, Karriere zu machen. Wenn ich sage, es ist nie ein Thema gewesen, dann wäre das gelogen. Man fühlt sich schon geehrt. Ich habe mich auch gefreut, als ich zum Dechant gewählt wurde.
Ist es ehrlich zuzugeben, dass der Mensch naturgemäß nach Höherem strebt oder ist es gar verwerflich?
Papst Franziskus zeigt uns gerade, dass wir Leitungsfunktionen als Dienst begreifen sollen. Wir müssen uns dabei immer hinterfragen, ob wir Dienst tun oder Herrschaft ausüben. Das lernen wir nicht nur vom Papst, sondern auch von Christus, der sagt: Ich bin gekommen, um zu dienen und mein Leben einzusetzen für dich und für euch. Wir Menschen haben Ehrgeiz und Ziele, manchmal beflügelt uns auch der Stolz oder die Frage der Ehre. Wenn es nur das wäre, dann wäre es sicher falsch und auch sündhaft.
Wie wollen Sie Ihre Rolle als Generalvikar anlegen?
Ich kann mich noch erinnern, dass der Generalvikar früher dem Bischof zugearbeitet hat. Ich glaube, dass sich da viel gewandelt hat. Ich höre, dass der Bischofsrat sehr gut miteinander arbeitet und auch Entscheidungsfragen gemeinsam gelöst werden. Das Amt des Generalvikars darf nicht einsam angelegt sein. Ich finde es gut, dass man Entscheidungen in einem größeren Gremium sucht.
Entsteht für Sie auch mehr Handlungsspielraum in Ihrem Amt, durch die Verteilung der Verantwortung auf mehrere Schultern?
Diese Möglichkeit der Kommunikation und des gemeinsamen Beratens ist sicher auch eine Herausforderung, sich gut und qualifiziert einzubringen. Wir können uns gegenseitig Anstöße geben. Vor allem die Situation der Neustrukturierung der Pfarren wird eine Herausforderung. Die Diskussion darum müssen wir neu aufnehmen. Es kommen einige Aufgaben auf das Pastoralamt zu, auch auf den Bischof und den Bischofsrat. Für viele Pfarren wird es sicher nicht einfach, und da braucht es auch viel Gemeinsamkeit, um das zu bewältigen.
Welche Herausforderungen sehen Sie ansonsten auf die Kirche im Burgenland zukommen?
Lebendige Gemeinden werden immer kleiner. Es besteht die Aufgabe, das Evangelium mit Mut und Konsequenz zu verkünden, die Leute einzuladen, Christus zu suchen und zu finden. Es ist viel von der Verdunstung des Glaubens und von kleinen Herden die Rede – wir brauchen dazu neuen Mut, das Evangelium nicht nur der kleinen Gemeinde zu verkünden, sondern in den Gemeinden großzügig damit umzugehen.
Sie treten Ihr Amt mit Arbeitsjahrbeginn an. Wer freut sich gerade im Moment am meisten mit Ihnen?
Meine Mutter lebt mit den Ereignissen in der Diözese sehr mit. Also hat sie mich öfter gefragt: Was gibt es Neues? Hat der Bischof schon einen Generalvikar gefunden? Als ich es ihr erzählt habe, hat sie gedacht, dass ich einen Schmäh mache. Am nächsten Tag hat sie mich gefragt: Kommt das in der Kirchenzeitung? Im Fernsehen auch? Heute hat sie mich angerufen, dass sie es im Radio gehört hat. Sie war ganz stolz und hat gesagt: „I gfrei mi.“ Und sie hat mir gesagt, dass sie für mich beten will.
Danke für das Gespräch.
Interview: Gerald Gossmann
Quelle: martinus.at
1 Kommentar:
Ich wünsche dem neuen Generalvikar alles gute und Gottes Segen für seine neue Aufgabe!Ich hoffe nur, der Bischof lässt ihn auch bei den Versetzungen mitreden,die sicher(leider) wieder anstehen.
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