Montag, 7. Juli 2014

"So wie Ihr im Domkapitel agiert habt, kann ich euch nicht schonen"



Pfarrer kritisiert Domkapitel von Limburg
Albert Dexelmann, katholischer Pfarrer von Runkel und Arfurt, hat einen offenen Brief an das Domkapitel verfasst. Darin ist von Untreue, illoyalem Vorgehen und konspirativem Handeln die Rede.

Das Domkapitel hatte Ende vergangener Woche "zu wenig Kontrolle" im "Fall Tebartz" eingeräumt. Dexelmann kritisierte, dass "Reflexion und Darstellung" viel zu spät eingesetzt hätten. Der Pfarrer fragt nun nach, warum das Domkapitel das alte Bischofshaus am Bischofsplatz unbewohnbar gemacht und das Neubauprojekt betrieben habe. Von Untreue spricht Dexelmann, weil das bestehende Bischofshaus für den Nachfolger von Kamphaus nicht treuhänderisch vorgehalten wurde. Faktisch habe sich das Ordinariat die Räume des alten Bischofshauses zu eigen gemacht. Gleichzeitig habe sich Bischof Kamphaus bei den besparten Gemeinden dafür verbürgt, dass die Verwaltung nicht wachsen werde - in Dexelmanns Augen ein illoyales Vorgehen. Als konspiratives Handeln bezeichnete der Pfarrer, der im August in Ruhestand geht, das eiserne und kollektive Schweigen, in das das Domkapitel verfallen sei. "Bitter enttäuscht" sei er, weil kein Bedarf zum Dialog gesehen wurde beziehungsweise sich "dieser vom Hals gehalten worden sei". Dexelmann wirft dem Domkapitel Falschinformation und Informationsverweigerung gegenüber dem Bistum in den entscheidenden Phasen vor sowie chaotisches Bauen ohne Bedarfsanalysen. Den offenen Brief wählte er, weil er die bestehenden Dialogforen des Bistums noch nicht so renoviert sieht, dass seine kontroverse Sicht nur dort "zielführend und heilend" besprochen werden könne.
Mittelhessen.de >>

Offener Brief von Pfarrer Dexelmann an das Domkapitel von Limburg zur Erklärung vom 20. Juni 2014 als PDF >>


Kirchenbezirk Limburg:
Ex-Bezirksdekan kritisiert Pfarreienreform scharf

Westerwald/Limburg – Die vom Apostolischen Administrator Weihbischof Manfred Grothe zum 1. Oktober verfügte Errichtung von 7 statt bisher 15 Pastoralen Räumen im Kirchenbezirk Limburg ist umstritten.

Einer der schärfsten Kritiker von Anfang an ist der Limburger Bezirksdekan Dieter Lippert. Er hält es für die falsche Entscheidung, die einmal von Bischof Tebartz-van Elst angestrebten neuen Strukturen nach der Devise "Weiter so!" oder "Augen zu und durch!" zu verfolgen.
Der WZ stellte sich Lippert im Interview >>



100 Tage ohne Tebartz:
Ein Bistum, zwei Welten
Es scheint zwei Bistümer Limburg zu geben. In dem einen ist der Apostolische Administrator, wie Manfred Grothes offizieller Titel für die Mission an der Lahn lautet, im Auftrag des Papstes auf einem schweren, aber guten Weg. In dem anderen verpasst er gerade die Chance zum Aufbruch. Je nachdem, mit wem man spricht.

Die Lage in Bistum 1 gibt seit dem Ende der Amtszeit von Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst – vor genau 100 Tagen – mehrere Anlässe zur Hoffnung: Die Zeit immer neuer Enthüllungen ist vorbei. Immer wieder berichten Grothe, der eigentlich Weihbischof von Paderborn ist, und sein Stellvertreter Wolfgang Rösch von einem "wichtigen Schritt der Aufarbeitung und des Neubeginns in der Diözese". Gerade war das wieder der Fall, als die Limburger Staatsanwaltschaft erklärte, sie werde die Akte Tebartz-van Elst ohne Ermittlungen schließen. Grothe und die Seinen ordnen die Finanzen, heben Unrechtspassagen in Satzungen auf, eilen von Gremium zu Gremium, werben angesichts des Ausmaßes der Verheerung um Geduld - auch bei Journalisten.

Transparenz und Ungeist
Mitarbeiter im Bischöflichen Ordinariat und der Bistumsgremien berichten, wie gut die Atmosphäre nach vielen beklemmenden Jahren wieder sei. "Man wird wieder gehört", sagt Ingeborg Schillai, die Präsidentin der Diözesanversammlung. Demnächst will das Bistum, das die ganze Kirche mit Schlagzeilen über Protzsucht, First-Class-Flüge und falsche eidesstattliche Erklärungen in Misskredit brachte, sogar zum Vorbild in Sachen Transparenz werden: mit der bislang einzigartigen Offenlegung seiner neu geregelten Finanzen.

Grothe, 75 Jahre alt, spricht von einer ganzen Themenliste, die "nun systematisch und verlässlich abgearbeitet" werde - auf Basis des Berichts der Prüfkommission, die er selbst geleitet hatte. Er will das Feld bestellen für einen neuen Bischof, der möglicherweise erst in zwei Jahren kommt. Einen symbolischen Erfolg kann der Krisenmanager nach langer Hängepartie auch verbuchen: Im September beginnt in Limburg tatsächlich die Zeit ohne Tebartz-van Elst: Der will dann doch noch aus der 31-Millionen-Euro teuren Residenz ausziehen, die ihn um Amt und guten Ruf brachten.

Angriff auf die "lieben Mitbrüder"
Den Katholiken im Bistum 2 reicht das nicht. Sie fühlen sich schon fast um ihre Hoffnung betrogen, das Desaster werde grundsätzliche Reformen unvermeidlich machen. Ihr Verdacht: Die Ruhe ist trügerisch. Der konservative selbstherrliche Geist der Tebartz-Ära bleibe institutionell und personell am Ende unangetastet. Zu viel Kontinuität, zu wenig Umbruch.

Ob Millionen ins Limburger Priesterseminar gesteckt oder Pläne zum Bau eines katholischen Kultur- und Bildungszentrums in Frankfurt geschmiedet werden: Immer wieder äußern nicht nur einzelne Reformer den Verdacht, das Bistum habe seine Lektion nicht gelernt, spare nicht, höre die Basis nicht. Gerade sammelt ein Pfarrei Unterschriften gegen eine Fusion mit Nachbargemeinden. Ein Argument gegen die umstrittene Bildung neuer XXL-Pfarreien "modernen Typs", die Grothe absegnete: Die Idee hatte Tebartz-van Elst.

Breitseite gegen "liebe Mitbrüder"
Was sich an neuem heiligem Zorn inzwischen angestaut hat, verdeutlichte der Pfarrer Albert Dexelmann aus Runkel gerade erst in einem geharnischten offenen Brief an die "lieben Mitbrüder" des Domkapitels. Den Männern, die Tebartz-van Elst wählten und schalten und walten ließen, wirft der Bischofskritiker der ersten Stunde nicht weniger vor als "Illoyalität" gegenüber dem früheren Bischof Franz Kamphaus, "Untreue", "konspiratives Schweigen" und "Fehlinformation" der Gläubigen. Keine Spur vom "Klima der Barmherzigkeit und Versöhnung" also, das Grothe immer wieder beschwört.

Die Domherren hatten den streitbaren Pfarrer ausgerechnet mit einer Erklärung in Rage gebracht, in der sie sich zerknirscht zur schweren Mitverantwortung am Desaster um den Bau der 31-Millionen-Residenz auf dem Domberg bekannten. Zurücktreten, um anderen die Wahl eines neuen Bischofs zu überlassen, wollen die Domherren nicht. Mit ihnen bleiben auch die pompösen Ehrentitel, die Tebartz-van Elst einigen von ihnen verschaffte, obwohl sein Vorvorgänger sie eingemottet hatte. Und Grothe lässt Milde walten mit Prälaten und Monsignores: Abberufen wird keiner.

Den Falschen gedankt?
Dass es in seiner Versöhnungsarbeit ein schmerzliches Missverhältnis zugunsten von Schuldigen und Mitschuldigen gebe, darauf haben Pastoralreferenten den Apostolischen Administrator vor kurzem ungewöhnlich deutlich hingewiesen. Ihre Forderung: Grothe habe dem Ex-Bischof und seinen Vertrauten ausdrücklich gedankt. Nun solle das Bistum endlich auch denen Dank sagen, "die dem Bischof Tebartz-van Elst entgegengetreten sind, um die Missstände zu benennen und sich mutig auch öffentlich geäußert haben".

Geschehen ist das noch nicht, wie enttäuschte Betroffene berichten. Bis die Wunden halbwegs verheilt seien, würde es wohl mindestens noch fünf Jahre dauern, sagt Grothe-Stellvertreter Rösch. Das wären noch mehr als 18 mal 100 Tage.
hr-Online >>


Tebartz-van Elst wird nicht angeklagt

Gnade vor Kirchenrecht
Die Staatsanwaltschaft Limburg klagt nicht gegen Tebartz-van Elst. Damit liegt der Ball unwiderruflich im Feld der Kirche. Würden die vatikanischen Gerichtsinstanzen den emeritierten Bischof zu Rechenschaft ziehen – es wäre ein Präzedenzfall von weltweiter Bedeutung.
FAZ >>

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