Bischof Paul Iby: „Mit Leib und Seele“
Die BVZ präsentiert die Autorinnen und Autoren des Buches „Mein Burgenland“. Diese Woche: Der emeritierte Bischof Paul Iby erinnert sich an das Raiding seiner Kindheit.
bvz am 20. November 2015
Einige Zeit vor meiner Ernennung zum Bischof von Eisenstadt wurde ich vom Apostolischen Nuntius in Wien, Donato Squicciarini, zu einem Gespräch eingeladen.
Im Laufe des Gesprächs stellte er mir die Frage: „Wären Sie bereit, in einer anderen Diözese das Amt eines Weihbischofs zu übernehmen, wenn Sie vom dortigen Bischof gefragt würden?“
Ich antwortete, dass ich grundsätzlich dazu bereit wäre, mit Ausnahme von Wien. „Warum nicht Wien?“, fragte der Nuntius. Ich antwortete: „Für uns Burgenländer ist das Parkett von Wien zu glatt, da kann man leicht ausrutschen.“
„Eigentlich will ich gar nicht anderswo hin“
Als ich dann zu Hause über das Gespräch nachdachte, überlegte ich noch einmal meine Antwort. Ich sagte mir: „Eigentlich will ich gar nicht anderswo hin. Ich möchte im Burgenland, in meiner Heimat, bleiben.“
Ich bin mit Leib und Seele Burgenländer. 1935 wurde ich in Raiding geboren und ich bin dort auch aufgewachsen.
Es erfüllt mich mit Stolz und Freude, dass in unserem Dorf Franz Liszt geboren wurde und dass ich in der gleichen Kirche wie Liszt getauft worden bin, nämlich in Unterfrauenhaid, unserer Pfarrkirche. Raiding war damals noch keine Pfarre, sondern eine Filialgemeinde von Unterfrauenhaid.
Wenn ich zurückschaue, stelle ich mit Freude fest, dass ich eine schöne Kindheit hatte. Als Kinder kannten wir jedes Haus und alle Spielplätze für uns Kinder. Wir wussten, in welchem Garten es Marillen gab, oder wo die ersten Äpfel, wir nannten sie „Süßäpfel“, reif wurden.
Spielplätze für uns Kinder waren die Strohtristen, die Stadel und Scheunen unserer Häuser. Das Herunterspringen von einem hohen Balken im Stadel war umso schöner, je höher der Balken angebracht war.
An die Jahre in der Volksschule kann ich mich kaum mehr erinnern. Im Gedächtnis geblieben ist mir aber der Gründonnerstag 1945, als die Russen nach Raiding kamen. Ebenso erinnere ich mich noch an die erste Klasse in der Hauptschule in Lackenbach, weil 1945 der Besuch des Gymnasiums in Mattersburg schwierig war.
Die Jahre im Gymnasium und im Knabenseminar in Mattersburg wie auch das Studium im Priesterseminar in Wien sind ohne besondere Ereignisse verlaufen. Heimweh habe ich eigentlich nie gehabt.
Heimweh nach dem Burgenland und nach den Bräuchen zu Hause hatte ich erst, als ich in den Jahren 1963 bis 1966 zum Studium des Kirchenrechts in Rom war. Besonders gespürt habe ich das in der Adventszeit, weil es in Rom keine Adventkränze und auch kein Tannenreisig gab.
Es wäre langweilig, wenn ich meine ganze Lebenszeit hier beschreiben wollte. Alle Jahre meines Lebens war ich gerne Burgenländer und Raidinger, auch wenn man uns so manche boshafte Burgenlandwitze und „Raidinger-Stückl“ nachgesagt hat.
In den Jahren, als ich Bischof von Eisenstadt war, habe ich mein Heimatland vom Norden bis in den Süden gründlich kennengelernt. Es gibt wenige Orte, in denen ich nicht gewesen bin.
Mit Freude bin ich immer wieder durch das Land gefahren, habe unsere Gemeinden mit ihrem Blumenschmuck und meine Landsleute mit ihrer Gastfreundschaft und Geselligkeit kennen, schätzen und lieben gelernt. Das ist „mein Burgenland“, wo ich gerne zu Hause bin.
P.S.: Die gescheite und narrische Seite von Raiding: Durch den Bach geteilt gibt es in Raiding zwei Seiten, die gescheite und die narrische Seite. Die narrische Seite ist dort, wo die Schule steht. Denn die Bewohner der gescheiten Seite sagten: Wir brauchen keine Schule, denn wir sind ohnehin gescheit.
Zur Person: Paul Iby, emeritierter Bischof
Wurde 1935 in Raiding geboren. Nach der Volksschule in Raiding besuchte er ein Jahr die Hauptschule in Lackenbach und wechselte dann von 1946 bis 1954 in das Bischöfliche Seminar und Gymnasium in Mattersburg. Nach der Matura lebte und lernte er im Bischöflichen Priesterseminar in Wien und studierte an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien. Danach studierte er von 1963 bis 1966 Kirchenrecht an der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom. m 1959 wurde Paul Iby zum Priester geweiht, 1967 promovierte er zum Doktor jur.can. Nach verschiedenen Aufgaben und Tätigkeiten in der Diözese Eisenstadt war er von 1984 bis 1992 Generalvikar und wurde am 28. Dezember 1992 zum Bischof ernannt.
Kurz vor seinem Rücktritt sprach sich Iby für eine Aufhebung des Pflichtzölibats aus, die seiner Ansicht nach die Seelsorge erleichtern würde. Eine Berufung von Frauen in das Priesteramt wollte er ebenso nicht grundsätzlich ausschließen. Am 9. Juli 2010 wurde seine Resignation angenommen.
Heute lebt Paul Iby als emeritierter Bischof in Eisenstadt.
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