Dienstag, 28. April 2020

Corona und die vielen gestreamten Messen

Realpräsenz oder Virtualpräsenz?
Corona und die vielen gestreamten Messen

Von Johannes Schelhas

Die Corona-Pandemie des Jahres 2020, die alle Betroffenen hilflos macht, stellt das theologische Verständnis des Eucharistiesakraments auf die Probe. Das in Deutschland und anderen Ländern auferlegte weitreichende Kontaktverbot, das sich auch auf das Abhalten von öffentlichen Gottesdiensten erstreckt, hat auf seiner Kehrseite innerhalb der katholischen Kirche eine digitale Messdichte und Messhäufigkeit hervorgebracht, die zentrale Fragen aufwirft.

Das ökumenische Gut der drei großen christlichen Konfessionen, das u.a. durch die gestreamte Messe gefährdet wird, ist die organische Einheit von Eucharistiefeier und Kommunionempfang.

Wenn eine (relativ) große Personenzahl des Volkes Gottes der gefeierten Eucharistie fernbleiben muss, fügt dies der Eucharistiefeier selbst substanziell Schaden zu. Es reicht nicht aus, das Eucharistiesakrament durch den geweihten Priester, von sehr wenigen zumeist beruflich Angestellten umgeben, lediglich werkgetreu rituell vollziehen zu lassen. Dies leistet einem überwunden geglaubten magischen Verständnis des Eucharistiesakraments neuen Vorschub.

… mein Plädoyer: Die ordinierten Priester und Diakone in den lokalen Gemeinden sollten in der Zeit der Einschränkung zusammen mit den anderen Getauftenaus dem Sakrament der Taufe in geistiger Ausrichtung auf den Empfang der eucharistischen Wegzehrung nach Ende der Entbehrungszeit leben und solches Leben als Fragment des ewigen Lebens bewusstmachen. Über eine begrenzte Zeitspanne hin kann eine derartige Zumutung ohne tiefe Schäden ausgehalten werden, sie muss ausgehalten werden. Dass Glaubende eine derartige Zumutung auch in breit angelegter Stellvertretung tragen und ertragen und sich dementsprechend verhalten, bedarf im Augenblick keiner ausdrücklichen Erwähnung. Bei Stellvertretung lauert im Hintergrund permanent die Versuchung spiritueller Überhöhung. Die Praktiker in der katholischen Kirche sollten die „eucharistische Unterbrechung“ (nicht: das eucharistische Fasten) nicht mit dem Terminus geistliche Kommunion bezeichnen. Jedes noch so fromme Aufhübschen irritiert. Der Begriff geistliche Kommunion bleibt – wie der Terminus Sensus plenior bei der geistig-anspruchsvollen Auslegung einer Bibelperikope – schwer beladen und fördert nicht die vielschichtig geforderte interaktive Sprach- und Kommunikationsfähigkeit, die dem christlichen Glauben in der säkularen Welt mehr denn je nottut.

Quelle: Ökumenische Information 18, 28 April 2020



















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