Montag, 20. Juni 2011

Papstkult als Grundübel der katholischen Kirche

[...] Viele Mitglieder der katholischen Kirche verfügen in Sachen Kirchenreform über eine hohe Kompetenz, und aus guten Gründen verweisen sie darauf, dass auch ihnen der Beistand des Geistes versprochen ist: »Die Salbung, die ihr von ihm empfangen habt, bleibt in euch, und ihr braucht euch von niemand belehren zu lassen.« (1 Joh 2,27). Viele von ihnen haben sich zu engagierten Gruppen zusammengeschlossen. Stellvertretend seien hier nur die »Arbeitsgemeinschaft von Priester- und Solidaritätsgruppen (AGP)«, »Wir sind Kirche«, die Initiative »Kirche von unten« oder die junge Initiative pro concilio genannt. Man kann sie nicht als destruktive Kritiker diskriminieren, denn je mehr sie ihre Forderungen argumentativ unterbauen, umso klarer stehen die Kirchenleitungen für ihre Ansprüche und ihr Verhalten unter Beweiszwang. Andernfalls höhlt sich ihre Legitimität ebenso aus wie die Verpflichtung der Kritik zur Loyalität. Nicht eine Revolution ist auszurufen, aber zu eigenen Wegen ist zu ermuntern, weil wir sie guten christlichen Gewissens gehen können. Die innerkirchliche Kommunikation ist zum Erliegen gekommen; Wolfgang Seibel SJ hält den Papstkult, der heute in der katholischen Kirche betrieben wird, für eines der Grundübel der katholischen Kirche. Dabei geht es nicht um dessen Abschaffung, sondern darum, dass der Nachfolger des Petrus statt vielfältiger Machtansprüche endlich seine Brüder und Schwestern stärkt. Dies hätte für die gesamte Autoritätsstruktur der katholischen Kirche eine Signalwirkung. [...]
in: Hermann Häring, Freiheit im Haus des Herrn. Vom Ende der klerikalen Weltkirche, Gütersloh 2011, 60.


Aus ähnlicher Perspektive:
... ein sehr bekannter Konzilstheologe schrieb 1968 folgendes: "Über dem Papst als Ausdruck für den bindenden Anspruch der kirchlichen Autorität steht noch das eigene Gewissen, dem zuallererst zu gehorchen ist, notfalls auch gegen die Forderung der kirchlichen Autorität"

Zuerst das Gewissen und dann der Papst
Andreas R. Batlogg SJ in „Stimmen der Zeit“ über Henry Newmans Lehre vom Gewissen

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