Soll und darf man im Advent, in der Weihnachtszeit von einer Kirchenkrise und deren Bewältigung reden oder schreiben? Stört man damit nicht den Frieden und den Sinn von Weihnachten?
Gott ist Mensch geworden. Christus ist ein menschlicher Gott. Er ist „in Güte und Menschenfreundlichkeit“ erschienen, um „ein Gnadenjahr des Herrn“ auszurufen, um uns Frieden, Freiheit und Hoffnung zu bringen. Sind der Papst und die Bischöfe, die uns seine frohe Botschaft verkünden (sollen), sein „Ebenbild“, sind sie menschlich, mitmenschlich, gütig, bringen sie Frieden, Freiheit und Hoffnung? Die Kirchenleitung, die Kirche, wir alle werden den Frieden nicht finden ohne die Mit-Menschen, die anderen, die Mehrheit der Gläubigen, die aufgeschlossen und reformwillig ist. Es gibt keinen (Weihnachts-)Frieden ohne Mit-Menschlichkeit, ohne Barmherzigkeit, ohne Solidarität, ohne Gerechtigkeit. Christus ist „zur Welt gekommen“. Ohne Welt gibt es keinen Christus, keine Menschwerdung, keine Erlösung, keine Realität. Alles andere ist eine unbiblische „Entweltlichung“, fauler Friede, Selbsttäuschung und Schein.
Nicht die Kirche, sondern die Kirchenleitung befindet sich in einer Krise. Wenn sie keine „Menschwerdung“ vollzieht, hat sie den Sinn von Weihnachten, ihre Aufgabe verfehlt. Mit Verboten, mit Ausschluss, mit bloßen Aus- und Abgrenzungen, mit dem Allein- und Vollbesitz sowie mit dem Absolutheitsanspruch von Wahrheit und Moral, mit „Unfehlbarkeit“ wird man die (eigene) Identität, die Kirche, die Gläubigen nicht retten, die Ökumene aber töten. Alle sollen eins sein. Die Identität ist nur durch Differenz zu erkennen und aufrecht zu erhalten. Identität und Selbsterhaltung sind ohne die anderen, ohne das Andere nicht möglich. Selbsterhaltung gibt es nicht ohne Fremderhaltung. Gott entäußerte sich selbst. Erlösung besteht in der Entäußerung.
Der Papst und die Bischöfe wollen den Gläubigen Zäune, Ordnung und Halt bieten. Die diesbezügliche derzeitige Überdosis aber wird alle haltlos machen, bewirkt das Gegenteil, ist tödlich. Zuviel Determination bedeutet Negation. Unveränderlichkeit verhindert jede Reform, jeden Fortschritt, die Aufgeschlossenheit, die Zukunft. Nicht „homo homini lupus“ (Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf, ein Feind; Th. Hobbes), sondern homo homini homo. (Der Mensch sei dem Menschen ein Mensch) Das gilt im besonderen Maße für die Christen, für die Gläubigen.
Auch die Bischöfe werden Weihnachten in festlichen Gewändern feiern. Sollen sie. Wir auch. Wenn diese aber nicht Gewänder des Heiles sind, haben sie ihren Zweck nicht erfüllt. Mögen Prunk und Pracht sowie äußerer Reichtum sie nicht ablenken und abhalten von den Zeichen der Zeit, von den derzeitigen inneren Armutszeichen der Kirche, von den Anliegen, den Sehnsüchten und Problemen der Menschen, der Gläubigen, der Mehrheit, der Einzelnen. Möge der Weihrauch nicht zu sehr in ihre Nasen, ihnen nicht zu Kopf steigen. Mögen sie nicht „glauben“, dass sie die Kirche sind. Der selig gesprochene Papst des Unfehlbarkeitsdogmas, Pius IX., sagte den unseligen Satz: „Ich, ich bin die Kirche.“
Die Laien sind längst nicht mehr laienhaft. Sie – insbesondere die Frauen – bedeuten und tragen in erheblichem Maße die Kirche. Ihnen gebühren alle „Menschenrechte“, alle Christenrechte in vollem und eingeschränktem Maß. Ohne Frau, ohne Maria, gäbe es keinen menschgewordenen Gottessohn. Christus ist nach seiner Auferstehung zuerst den Frauen erschienen. Die vielen Charismen von Laien, von Frauen werden das Antlitz der Kirche erneuern. Wir brauchen eine Kirche „mit menschlichem Antlitz“. Schenkt Kindern das Leben und behütet dasselbe! Es könnte ein „Christkind“ für Sie darunter sein. Das Leuchten der Kinderaugen möge auf die Eltern, die Erwachsenen, die Kirchenleitung übergreifen, damit alle sehen und verstehen, worauf es zu Weihnachten, in der Kirche ankommt.
Die Menschwerdung, ein Weihnachtswunder mögen geschehen. „Friede den Menschen auf Erden, die guten Willens sind“, allen Gruppierungen in der Kirche!
Graz, am 07.12.2011
Anton Kolb
Graz, am 07.12.2011
Anton Kolb
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