Freitag, 20. Februar 2015

Familiensynode: Stellungnahme der Laieninitiative


19. Feber 2015
An den Herrn
Vorsitzenden der österr. Bischofskonferenz
Erzbischof Dr. Christoph Schönborn

Sehr geehrter Herr Kardinal,

dem Wunsch entsprechend, auch von Initiativen und Gruppen Stellungnahmen abzugeben, beehren wir uns, Ihnen die folgende

Stellungnahme der Reformbewegung Laieninitiative
zu den Fragen in Vorbereitung der Familiensynode

zu übermitteln:

Wir bedauern, dass offenbar den Ergebnissen der ersten weltweiten Befragung nicht jene Bedeutung beigemessen wurde, die ihnen aufgrund ihrer Eindeutigkeit zukäme. Hat sich doch gezeigt, dass die Inhalte der kirchlichen Regelungen zum Gesamtkomplex der Geschlechtlichkeit und insbesondere der Ehe und Familie vom weitaus überwiegenden Teil der Katholiken und Katholikinnen nicht befolgt werden.

Es wurde damit bestätigt, was insbesondere in unserer Gesellschaft ganz offensichtlich ist: Die Kirche wird nicht mehr als maßgebliche Autorität in diesen Bereichen angesehen. Die gesellschaftlichen Bedingungen haben sich ganz wesentlich geändert. Das Verhalten der Einzelnen wird von persönlichen Umständen und von subjektiven Entscheidungen geprägt, die als in hohem Maße frei erkannt werden. Dazu kommt die verbreitete Meinung, dass zölibatär lebende Männer nicht dazu berufen und auch nicht in der Lage sind, auf diesem Gebiet realitätsbezogene und lebensnahe Entscheidungen zu treffen.

Offenbar ist man sich nicht ausreichend bewusst, dass den Beratungsergebnissen der Synode droht, in einem weitgehend abstrakten und theoretischen Bereich zu verbleiben. Nur jene Impulse können als sinnvoll betrachtet werden, die dazu dienen, den Menschen das christliche Ideal auf eine zeitgemäße Weise nahezubringen. Da dieses sehr oft nicht mehr als maßgeblich angesehen oder trotz Bemühen verfehlt wird, muss Seelsorge aber vor allem auf diesen Umstand Rücksicht nehmen!

Es sollte auch nicht aus dem Blick verloren werden, dass in der Frage sicherer Empfängnisverhütung Lehre und Wirklichkeit nicht übereinstimmen. Keinesfalls dürfte die bisherige Beurteilung einer nach Scheidung eingegangenen Zweitehe als permanente Sünde aufrecht erhalten bleiben. Es wird für das Endergebnis der Synode ganz wesentlich sein, ob die Kirchenleitung wirklich dabei bleiben will, einen großen Teil der Bevölkerung vor diese abwertende und die Heilsmitteln verweigernde Situation zu stellen! Es gibt mehrere Ansätze, diesem Problem beizukommen, etwa die Praxis der Ostkirchen, sie brauchen hier nicht dargelegt zu werden.

In diesem Zusammenhang warnen wir eindringlich vor der Absicht, statt substanzieller Änderungen beim Umgang mit Wiederverheirateten die Ehenichtigkeitsverfahren als Lösung anzubieten. Die großen Bedenken, die hier vorzubringen sind, können dem beiliegenden Text zu diesem Thema entnommen werden („Gedanken zu Glaube und Zeit“ Nr. 140).

Es ist für uns wichtig, darauf hinzuweisen, dass ein Unterbleiben von wesentlichen Änderungen auf größte Enttäuschung stoßen würde. Das bewundernswerte Vorgehen von Papst Franziskus hat eine große Erwartungshaltung hervorgerufen, sollten keine Änderungen eintreten, würde dies einen schweren Rückschlag bedeuten. Wir, die wir uns für eine zukunftsfähige Kirche einsetzen, hoffen sehr, dass eine solche Situation keinesfalls eintritt!

Wir nehmen an, dass unseren Bischöfen der Ernst der Situation ebenso bewusst ist, wie die große Verantwortung für die Akzeptanz unserer Kirche heute, die sie in der Synode wahrzunehmen haben.

Wir empfehlen uns, sehr geehrter Herr Kardinal,

mit respektvollen Grüßen

Dr. Herbert Kohlmaier                                         Hans Zirkowitsch
Vorsitzender                                                        Schriftführer

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