Eine Zwischenbilanz anlässlich seines baldigen 60. Geburtstag am 16. April hat der Eisenstädter Bischof Ägidius J. Zsifkovics
in der Osterausgabe der Kirchenzeitung "Martinus" gezogen. Seine sechs
Lebensjahrzehnte seien voll schöner Momente gewesen, beginnend mit einer
Kindheit in bescheidenen Verhältnissen, mit Studium in Wien und Rom,
als Generalsekretär der Österreichischen Bischofskonferenz,
Weihe zum Bischof, Besuchen der indischen Partnerdiözese Kanjirappally,
dem Projekt des ersten orthodoxen Klosters im Seewinkel u.a.m. "Weniger
schön" seien etwa der politische Druck für die Errichtung eines
Grenzzaunes auf Kirchengrund in der Flüchtlingskrise 2015 und der
Verlust der Kirchenbindung gewesen, sagte Zsifkovics in dem Interview.
Der 1963 in Güssing geborene Bischof nannte sich "einen überzeugten
Burgenländer". Als Pannonier kenne er die mit dem Eisernen Vorhang
verbundene Randlage und "die Armut von gestern". Heute sei das kleine
Bundesland eine "Brücke zwischen Ost und West" und realisiere damit das,
was Papst Johannes Paul II.
1988 bei seinem Besuch im Burgenland sagte: "Europa atmet mit beiden
Lungenflügeln." Die hier lebenden Menschen zeichne Einfachheit und
Offenheit, Bodenständigkeit, vielfältiges Engagement, Zeit zum Reden,
das Essen, Gastfreundschaft, Heimatliebe, Mehrsprachigkeit und das
"Verwurzelt-Sein im Glauben und in der Tradition" aus.
Als derzeit größte Herausforderungen sieht Zsifkovics - wie er sagte -
die Spaltungen in der Gesellschaft, zunehmende Radikalisierung,
"befremdende und verletzende Verschwörungstheorien", fehlenden
Zusammenhalt, Teuerung und Verarmung, achtlosen Umgang mit der Schöpfung
und Zukunftsängste. Oft bedränge ihn dabei die Frage "Was fehlt, wenn
Gott fehlt?", so der Bischof. "Krisen sind keine Chancen, sie sind
schmerzlich und stellen Vieles in Frage."
Sorge bereite Zsifkovics, wohin die Kirche, der Glaube, die Menschen -
vor allem die jungen - steuern. "Mit der Beliebigkeit, mit der
Gleichgültigkeit und mit dem Relativismus kann ich mich nicht abfinden",
betonte er. "Leben ist mehr."
Krankheit als "Bremse im Hamsterrad"
Dass auch eine Erkrankung Anstoß zu einer letztlich bereichernden
Auszeit sein kann, habe er zuletzt durch ein schmerzhaftes
Knochenmarködem am eigenen Leib erfahren. Sie habe für ihn wie eine
"Bremse im Hamsterrad" gewirkt und eine "wirkliche Fastenzeit und
Wüstenzeit" beschert. Sein Verständnis für Kranke und Pflegende habe
sich in den vergangenen Wochen deutlich vergrößert. Inzwischen ist die
Genesung des Bischofs so weit fortgeschritten, dass er den
Gottesdiensten in der Karwoche und zu Ostern im Eisenstädter Martinsdom
wieder persönlich vorstehen wird, wie die burgenländische Diözese
mitteilte.
Bescheiden fällt die Antwort von Bischof Zsifkovics auf die Frage
nach Wünschen zum Geburtstag aus: "Mit persönlichen Geschenken macht man
mir keine Freude", was zähle, seien "Martinstaten" im Sinne des
selbstlosen Handelns des burgenländischen Landespatrons für
Armutsbetroffene im Burgenland, aber auch für die Familien, die bei der
Flutkatastrophe in der indischen Partnerdiözese ihre Häuser verloren.
(Spenden sind erbeten auf das Konto der Diözese Eisenstadt, "Hilfe für notleidende Burgenländer", IBAN AT115100081015303500)
Biografische Eckdaten
Ägidius Johann Zsifkovics wurde am 16. April 1963 in Güssing geboren.
Die Kindheit verbrachte er mit seinen Eltern Ägidius und Gertrude
Zsifkovics (geb. Stipsits) und seiner Schwester Renate in der Gemeinde
Hackerberg, die zur Pfarre Stinatz gehört. Aus dem burgenlandkroatischen
Teil der Diözese stammend, spricht Zsifkovics fließend Kroatisch und
Deutsch - sowie Italienisch, Englisch, außerdem verfügt er über
Ungarischkenntnisse.
Nach dem Besuch des bischöflichen Knabenseminars in Mattersburg und
der Matura 1981 trat er in das Priesterseminar der Diözese Eisenstadt
ein und studierte Theologie in Wien, unterbrochen durch ein Auslandsjahr
in Zagreb. Am 29. Juni 1987 wurde Zsifkovics vom damaligen
Diözesanbischof Stefan Laszlo im Eisenstädter Martinsdom zum Priester
geweiht. Es folgte ein Jahr als Bischöflicher Sekretär und Zeremoniär,
das von den Vorbereitungen des ersten Pastoralbesuchs eines Papstes in
der noch jungen Diözese Eisenstadt geprägt war. Den Höhepunkt bildete
der große Festgottesdienst mit Papst Johannes Paul II. am 24. Juni 1988
in Trausdorf knapp an der Grenze zum damals noch kommunistischen Ungarn.
Danach wurde Zsifkovics zum Studium des kanonischen Rechtes an der
Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom freigestellt und beendete
dieses 1992 mit dem Doktorat. Nach der Rückkehr übernahm der junge
Kanonist ab 1. September 1992 für sieben Jahre das Amt des
Ordinariatskanzlers, das er 1999 mit der Bestellung zum Generalsekretär
der Bischofskonferenz abgab.
Seelsorgliche Erfahrungen sammelte Ägidius Zsifkovics ab 1994 in der
Pfarre Wulkaprodersdorf, 1996 wurde er mit der Leitung des Referates für
die pastoralen Belange des kroatischen Volksteils sowie mit der
Chefredaktion der wöchentlich auf Burgenlandkroatisch erscheinenden
Kirchenzeitung "Glasnik" ("Bote") betraut.
Sein Amt in der Bischofskonferenz trat er in einer für die Kirche in
Österreich schwierigen Phase nach den Turbulenzen der "Causa Groer" an.
Als Generalsekretär war Zsifkovics für die Vorbereitung und Abhaltung
der Vollversammlungen sowie mit der Umsetzung deren Beschlüsse befasst.
Ein weiterer wichtiger Aufgabenbereich betraf Fragen im Verhältnis von
Staat und Kirche.
Bischofsweihe 2010
Im Juli 2010 wurde er durch Papst Benedikt XVI. zum Nachfolger des
Eisenstädter Bischofs Paul Iby ernannt. Die Bischofsweihe empfing er am
25. September 2010 im Eisenstädter Martinsdom durch den Wiener
Erzbischof Christoph Schönborn; Mitkonsekratoren waren der Erzbischof
von Zagreb, Kardinal Josip Bozanic, und sein Amtsvorgänger Bischof Iby.
Sein Wahlspruch lautet: "Was er euch sagt, das tut" (Joh 2,5b).
Zsifkovics betonte seinen Willen zur "Zusammenarbeit mit allen auf
Augenhöhe und im Geist der Communio" und stellte das Zusammenleben der
Volksgruppen im Burgenland in den Fokus.
Der Bischof pflegt kontinuierlichen Kontakt mit Kirchenvertretern,
aber auch hochrangigen Politikern in Kroatien und übergab gemeinsam mit
Landeshauptmann Hans Peter Doskozil ein Jahr nach der
Erdbebenkatastrophe 2020 Häuser im Rahmen der Hilfsaktion "Ein Dach für
Kroatien". Seit rund 40 Jahren unterstützt die Diözese Eisenstadt ihre
indische Partnerdiözese Kanjirapally; Zsifkovics übergab bei Besuchen
Spendengelder aus dem Burgenland für neue Kirchen, Bildungsarbeit,
Katastrophenhilfe oder Unterstützung Notleidender.
In der Österreichischen Bischofskonferenz zuständig für die Bereiche
Europa (ComECE) sowie Flucht, Migration und Integration, meldete sich
Zsifkovics immer wieder im Sinne des europäischen Zusammenhalts und
zugunsten einer menschlichen Flüchtlingspolitik zu Wort.