Der – unser – Jugendbischof Stephan Turnovszky – müht sich wirklich redlichst, Argumente für den Zölibat zu finden (KATHPRESS 8.12.2011).
Zuerst wird von einem „wunderbaren Abenteuer mit Gott“ gesprochen. Ich bin erschüttert, in der Kirchensprache „tremendiert“, „fasciniert“. Tremendum et fascinosum. Doch: wer von uns „Nicht – Zölibatären“ hatte noch nie so ein wunderbares Abenteuer mit Gott? Jeden Tag ein Abenteuer - und er hat mir noch nie gesagt, daß mir das wegen des fehlenden Zölibats eigentlich gar nicht zustehe!
Dann – nächster Absatz – kommt die „tiefe Gottesbeziehung“. Die Definition „der Tiefe“ überlassen wir – getrost – lieber dem lieben Gott. Das Bemühen darum dürfte aber nicht mit dem Zölibat zusammenhängen.
Dritter Absatz: bei einem „priesterlichen Leben“…“bliebe zu wenig Zeit und Energie für die Anforderungen in einem familiären Umfeld“. Also: diese Exklusivität und diese berufliche Selbst – erhöhung ist mir zutiefst zuwider. Dazu kenne ich genug „Leben“! ÄrztInnen, SozialarbeiterInnen, LehrerInnen, PolitikerInnen usw. Die haben auch nicht weniger zu tun.
So geht’s nicht! Das ist schon nahezu beleidigend!
Im vierten Absatz – da hat er wirklich recht und gibt auch zu denken! „Man könne es so sehen, daß dies „ein Luxus sei, den sich die Kirche bewußt leiste“. Weitergedacht: ein „Luxus“, der auf Kosten der Seelsorge und der Gemeinden geht. Und auch auf Kosten vieler betroffener Menschen.
Beim fünften – nächsten – Absatz – da kommen mir wiedereinmal die Tränen! „Größere Erfüllung im Himmelreich“, "heilige Wunde" usf. Leiden also „in dieser Welt“, um einen Emporeplatz „dort drüben“ zu erhalten. O.K. Wir Nichtzölibatären werdens auch „drüben“ überleben! Der wirklich liebe Gott hat mir zugeflüstert: „Laß ihnen das, sie brauchen es halt“.
Nochmals: „O.K. Du bist der Chef“!
Gruß Lothar
6 Kommentare:
Falls jemand den Herrn Jugendbischof auf diesen vortrefflichen Kommentar hinweisen möchte:
sein Büro
Was soll an diesen Satzfetzen "vortrefflich" sein?
Ich verstehe nicht ganz. Kann das Leben im Zölibat nicht ein Abenteuer sein und auch das nicht zölibatäre Leben, wie z.B. das Leben in der Ehe? Schließt eine Behauptung die andere aus? Können nicht beide "abenteuerlich" sein?
Können nicht beide Möglichkeiten ein Ansporn sein, die Beziehung zu Gott mit Tiefe zu erleben?
Ist nicht eine heilige Wunde, auf etwas zu Verzichten, wenn man etwas gutes anstrebt. Auch im Fall von der Treue in der Ehe, natürlich.
Mir hilft dabei etwas zu lesen: "Jesus antwortete: Amen, ich sage euch: Jeder, der um meinetwillen und um des Evangeliums willen Haus oder Brüder, Schwestern, Mutter, Vater, Kinder oder Äcker verlassen hat, wird das Hundertfache dafür empfangen: Jetzt in dieser Zeit wird er Häuser, Brüder, Schwestern, Mütter, Kinder und Äcker erhalten, wenn auch unter Verfolgungen, und in der kommenden Welt das ewige Leben" (Mk 10, 29-30)
Josef Clavería
Sehr geehrter Herr Dr. Müller!
In Ihrem Blogeintrag vom 13.12. beziehen Sie sich auf die Meldung der Kathpress vom 8.12. (http://www.kathpress.at/site/nachrichten/database/43525.html ) bezüglich eines Vortrages von mir zum Thema „Priesterliche Lebensform – Zölibat“.
Mir ist schon klar, dass Ihnen nicht mein Vortrag als solcher sondern nur der (notwendigerweise verkürzende) Pressebericht darüber zur Verfügung stand, aber es wundert mich, dass Sie diesen so unpräzise rezensieren.
Insbesondere habe ich die innere Nähe von Zölibat und Ehe hervorgehoben und beide wegen Ihres Bindungscharakters als besonderes Abenteuer mit Gott bezeichnet (ohne allen anderen Lebensformen deshalb den Gottesbezug abzusprechen!).
Wirklich sinnentstellend zitieren Sie den Pressebericht, wenn Sie auf dessen dritten Absatz zu sprechen kommen: Sie schreiben und „zitieren“: „bei einem ‚priesterlichen Leben‘…‘bliebe zu wenig Zeit und Energie für die Anforderungen in einem familiären Umfeld‘ “ und kritisieren diese Aussage verständlicherweise.
Nur ist es gar nicht die meinige. Die Kathpressmeldung lautet:“Stephan Turnovszky wörtlich: ‚Der Zölibat hilft, eine intensive Liebe zu Gott zu leben.‘ Gleichzeitig schließe ein inniges Verhältnis zu Gott die Liebe zu einer Familie nicht aus, betonte der Bischof. Für ihn selbst bliebe im priesterlichen Leben aber zu wenig Zeit und Energie für die Anforderungen in einem familiären Umfeld.“
Ich habe hier absichtlich von mir selbst gesprochen und bewusst nicht andere Menschen vereinnahmt, weder verheiratete Priester, die ich kenne und schätze, noch die von Ihnen genannten Berufsgruppen. Es handelt sich um ein Zeugnis meines Lebens und meiner Grenzen, welches Sie sinnentstellend verallgemeinernd als „Exklusivität“ und „Selbsterhöhung“ darstellen und brandmarken.
Die Rede von der „heiligen Wunde“ mag seltsam anmuten, die Sache wird Ihnen sicher bekannt sein. Es gibt kein christliches Leben ohne sie, weder in der Ehe noch im Zölibat oder in irgendeiner anderen Art der Christusnachfolge. Mir geht es nicht darum, den Zölibat zu verklären sondern darum, ihn aus der Sicht des bloßen Mangels zu befreien. Die Ehelosigkeit um des Himmelreiches willen ist ein Mangel im Leben – ich will sie gerade nicht schönreden -, aber das ist nicht das einzige, was wir darüber sagen können. Mitten in der Mangelerfahrung gibt es auch eine Entdeckung der Gottesnähe, auf die ich hinweisen möchte.
Abschließend: Was mich wirklich sehr nachdenklich macht, ist, dass wir in der katholischen Kirche in Österreich kaum mehr fähig sind, miteinander über das Thema des priesterlichen Zölibates ins Gespräch zu kommen. Dennoch werde ich weiter versuchen, das Thema nüchtern und nuanciert darzustellen und hoffe auch mit diesen Zeilen einen kleinen Beitrag dazu geleistet zu haben.
Ich grüße Sie und würde mich über ein persönliches Kennenlernen freuen,
+ Stephan Turnovszky
Liebe Freunde und ChristInnen,
es ist ja schön, dass sich Herr Müller und Weihbischof Turnovsky - so wie ich sie verstehe - in einem Punkt einig sind: dass zölibatäres wie auch familiäres Leben "sakramental" ist - offen für das Abenteuer mit Gott.
Leider kommen hierbei die eigentlichen Streitpunkte aber nicht klar hervor:
Die kirchliche Engführung und Reduktion beider Sakramente auf exklusives Produzieren: nur der Zölibatäre darf wandeln (konsegrierte Hostien produzieren) und nur die sakramental Verbundenen sollen sich vermehren (Kinder produzieren).
Oder anders: die Bedingung des Zölibats für die Leitung der Eucharistiefeier.
Wird dadurch nicht der Wille Gottes "beschnitten"?
Und zersplittern wir uns dabei nicht selbst in zwei sich bekämpfende Lager der (verheirateten) Laien und der (zölibatären) Kleriker?
Sind wir von Gott her nicht alle zur Eucharistiefeier, zur Danksagung, eingeladen und berufen?
Müllerblabla! so wie er es versteht, armer Mann!
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