Die römisch-katholische Erdiözese Wien startet heuer mit ihrer großen Pfarrreform. Dabei sollen Pfarren verringert werden, damit sich die Priester stärker auf ihre pastoralen Aufgaben konzentrieren können. Den Beginn macht Favoriten.
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Diözesaner Entwicklungsprozess Apg 2,1
Die Pfarre als wichtige Einheit gemeinsamen christlichen Lebens muss zu den Menschen des 21. Jahrhunderts passen. Diese leben in Weite, Offenheit, Flexibilität, Mobilität, Vernetzung, Vielfalt und Verschiedenheit sowie in großer Freiheit und in komplexen Beziehungen und Bindungen. Der Gefahr von immer kleiner und dabei uniformer werdenden Pfarren ist entsprechend strukturell zu begegnen, um den Menschen von heute zu begegnen und dem Anspruch des Evangeliums gerecht zu werden.
In den nächsten Jahren wird sich in der Struktur unserer Pfarren vieles verändern. Alle derzeit bestehenden Pfarren werden in Vorgänge der Neuordnung einbezogen. Bis 2022 sollen mindestens 80 Prozent der neuen Pfarren gebildet sein. Pfarrverbände und Seelsorgeräume stellen in diesem Prozess einen möglichen Übergang zu neuen Pfarren dar, sind aber keine Dauereinrichtung.
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Rahmenbedingungen für die künftigen Strukturen im Dekanat Favoriten
- So muss eine Pfarre mindestens 7.000 Katholiken mit Hauptwohnsitz im Pfarrgebiet haben.
- Eine Pfarre kann aus vielen kleinen gleichberechtigten Gemeinden bestehen.
- Fünf Prozent des Budgets der Pfarre müssen für neue, noch zu entwickelnde Aktivitäten oder Projekte gewidmet werden.
- Es ist mit bis zu einem Viertel weniger hauptamtlichen Seelsorgepersonal zu rechnen, das betrifft Priester und Pastoralassistentinnen und Pastoralassistenten.
- Die Kosten für den Betrieb eines Pfarrheims und des Pfarrhofes dürfen 20 Prozent der dort erwirtschafteten Einnahmen nicht überschreiten. Alle anderen kirchlichen nichtsakralen Gebäude müssen sich selber finanzieren.
- Die laufenden Instandhaltungsarbeiten an den Sakralbauten müssen ohne diözesane Zuschüsse finanziert werden können.
- Profane wie sakrale Gebäude, die nach diesen Grundsätzen nicht erhalten werden können, werden von der Diözese in Absprache mit der jeweiligen Pfarre einer anderen Nutzung zugeführt.
Pfarr-Zusammenlegung in Maria-Enzersdorf Südstadt:
12.000 Katholiken – Kennen Sie noch Ihre Pfarrgemeinden?
Frage: Ich kann mir die jetzt unmittelbar bevorstehende Pfarr-Zusammenlegung einfach nicht vorstellen. Wieso wurden wir, die Pfarrmitglieder, überhaupt nicht gefragt? Und wie soll denn das gehen: Sie werden künftig auch Pfarrer im Alt-Ort Maria Enzersdorf, aber andere (Franziskaner) lesen dort die Messen? Wer kennt dann bei ca. 12.000 Katholiken noch den eigenen Pfarrer – und wie kennen Sie noch Ihre Pfarrgemeinden? Das ist doch ein riesiger Entfremdungsprozess! Ich glaube: Wenn die Kirche keine oder zu wenige Menschen für das gewohnte Priesteramt findet, dann muss sie diesen Dienst neu definieren. Wird uns nicht ständig etwas vom „allgemeinen Priestertum“ in jedem Christen (jeder Christin) erzählt?
P. Elmar: Die Pfarre „Maria-Enzersdorf Südstadt“ wird um das Gebiet des Altortes erweitert; d. h. dass dann die Pfarrgrenze mit der Gemeindegrenze übereinstimmen wird. Ich werde Pfarrer dieser „neuen“ Pfarre sein und mit einem Kaplan (der Steyler Missionare) die Seelsorgearbeit leisten. Am „Altort“, d. h. in der Franziskanerkirche, die künftig keine Pfarrkirche mehr sein wird, werden die Franziskaner allen Eucharistiefeiern vorstehen. Sie werden aber keine Pfarrseelsorge mehr betreiben, sondern „nur“ noch die Wallfahrtsseelsorge.
Für mich ergibt sich da schon ein großes Problem: Da jede christliche Gemeinde letztlich um die Eucharistie herum aufgebaut ist, wird der Pfarrer im „Altort“ praktisch nur ein Pfarradministrator sein. Das finde ich bedenklich. Ich habe das auch klar und deutlich kundgetan.
Ein zweites Problem ist, dass bei großen Pfarren der direkte Kontakt des Seelsorgers zu den Menschen nur noch schwer möglich ist. Dabei bedeutet Seelsorge doch, dass ein Pfarrer Kontakt mit den ihm anvertrauten Menschen hat. Ob das, was von „oben“ beschlossen wurde, in diesem Fall sinnvoll ist, das ist mit einem großen Fragezeichen zu versehen.
Es wurden keine Alternativen in Erwägung gezogen. Alles geschah unter enormen Zeitdruck. Und die Basis war in die Entscheidungsfindung nicht eingebunden. Wir wurden praktisch vor vollendete Tatsachen gestellt.
P. Elmar Pitterle SVD im Pfarrblatt August 2014 >>
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