Der Vatikan hat an diesem Dienstag das Vorbereitungsdokument zur Synode zur
Familienpastoral veröffentlicht, das bereits an alle nationalen
Bischofskonferenzen der Welt verschickt wurde. In einem Begleitschreiben fordert
der Generalsekretär der Bischofssynode, Erzbischof Lorenzo Baldisseri, die
Präsidenten der Bischofskonferenzen auf, das Dokument an alle Bischöfe
weiterzuleiten, gab Baldisseri an diesem Dienstag vor der Presse bekannt. Dem
Vorbereitungsdokument zur Synode liegt ein Fragebogen zu Themen rund um die
Familie bei, den auch und insbesondere die Laien in den Pfarreien beantworten
sollen. Der Vatikan erwartet die Antworten bis zum kommenden Januar. Wir haben
unsere Kollegin Gudrun Sailer gefragt, was in dem Dokument steht. Sie war für
Radio Vatikan bei der Vorstellung des Dokumentes im
Pressesaal.
„Angesichts der ,klar erkennbaren sozialen und
spirituellen Krise‘ steht die Familie ganz oben auf der Agenda des Vatikans, ist
an erster Stelle dem Dokument zu entnehmen. Das Schreiben legt den Fahrplan des
Vatikans zum Thema Familienpastoral für die nächsten Jahre fest: Auf der Synode
im Oktober 2014 soll das ganze Feld der Familie mit all ihren Schwierigkeiten
abgesteckt, Zeugnisse gesammelt und erste Vorschläge gemacht werden. Bei der
Synode danach, also der Ordentlichen Vollversammlung 2015, will man dann, so
heißt es, ,konkrete Leitlinien für die Pastoral’ liefern.“
Stichwort
Krise – wo sieht der Vatikan besonderen Handlungsbedarf?
„Zu den neuen
Problematiken im Bereich der Familie zählt das Dokument nicht-eheliche und
gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften sowie die Frage der Adoption von
Kindern durch gleichgeschlechtliche Paare, die ja in einigen Ländern Europas
möglich ist, aber auch konfessionsverschiedene und interreligiöse Verbindungen,
arrangierte Ehen, Leihmütter, Formen eines der Kirche feindlich gesinnten
Feminismus und Phänomene von Migration usw. – ein sehr breites Spektrum also, in
dem sich der klassische kirchliche Ehebegriff aus ganz unterschiedlichen Gründen
aufzulösen scheint. Die kirchliche Lehre über Ehe und Familie wird in dem
Dokument dann auch noch einmal ausführlich referiert.“
Der beigefügte
Fragebogen soll es den Teilkirchen ermöglichen, die Synode „aktiv“ mit
vorzubereiten, heißt es in dem Dokument. Wie stark sollen die Laien in die
Vorbereitung der Synode einbezogen werden? Es war ja in Medienberichten die Rede
davon, es handle sich um eine Erstbefragung von Gläubigen vor der
Synode...
"Die Versendung von Fragebögen zur Vorbereitung einer Synode
ist ja übliche Praxis. Neu scheint in diesem Fall aber schon das Prozedere bei
der Vorbereitung des ,instrumentum laboris', des Arbeitsinstrumentes für die
Synodenväter. Dies soll aus den Ergebnissen der verschickten Fragebögen
entstehen, als Synthese, und da fließen auch durchaus die Antworten der
Gemeinden und Gläubigen ein, die eben von ihrem jeweiligen Bischof für die
Befragung zugelassen wurden. Wer und wie befragt wird, ist dann aber letztlich
eine Frage der Ortskirchen, der Vatikan hat das nicht ausdrücklich
geregelt."
Und was sind das für Fragen im Fragebogen?
„Im
Fragebogen sind insgesamt neun Themenfelder zu finden. Anteilmäßig beziehen sich
die meisten Fragen auf ,schwierige Ehesituationen‘, darin enthalten die
wiederverheirateten Geschiedenen, dann zweitens auf die Familienpastoral und
drittens auf die ,Offenheit der Eheleute für das Leben‘, also den Nachwuchs.
Doch auch zu gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften und ,irregulären
Ehesituationen‘ gibt es Fragen – jeweils vier – , die sich auf die aktuelle Lage
in den einzelnen Ortskirchen und auf Verbesserungsmöglichkeiten beziehen. Der
Fragebogen sieht Vorschläge der Befragten zum Thema vor, hier können Gläubige
also Aspekte ergänzen, die ihrer Meinung nach nicht berücksichtigt wurden.
Insgesamt lässt sich sagen, dass der Fragebogen sowohl nach dem ,wie viel‘ als
auch ,wie‘ fragt – etwa: wie viel Kinder wachsen tatsächlich in irregulären
Ehesituationen auf? Und weiter: Wie kommt die Kirche dem Wunsch dieser Eltern
nach, ihren Kindern eine christliche Erziehung zu bieten?“
Mit Papst
Franziskus wird der Aspekt der Barmherzigkeit und Zärtlichkeit Gottes betont –
dies wurde bisweilen als Ruf nach mehr Barmherzigkeit der Kirche auch etwa
gegenüber den wiederverheirateten Geschiedenen interpretiert. Geht das Dokument
darauf ein?
„Indirekt. Hinsichtlich der pastoralen Entscheidungen in
Bezug auf die Familie gebe es ,weitreichende Erwartungen‘, heißt es im Schreiben
wörtlich. Und zwar deshalb, weil heute die Lehre über die göttliche
Barmherzigkeit und Zärtlichkeit gegenüber Menschen in ,geographischen und
existentiellen Randgebieten‘ insgesamt positiv aufgenommen werde. Es ist also
rauszuhören, dass sich der Vatikan mit diesem Papst, der immer wieder von der
Barmherzigkeit Gottes spricht, über die Bedürfnisse, auch die ,Wunden‘ im
Bereich der Familie durchaus bewusst ist. Und das Thema wird ja jetzt in den
kommenden Jahren ausführlich behandelt.“
Radio Vatikan
Der Fragebogen auf Radio Vatikan >>
1 Kommentar:
Wow, da kann sich was zusammenbrauen! Aber nur unter einer Bedingung, nämlich dass ALLE Kirchenmitglieder sich daran beteiligen dürfen, so wie beim Kirchenvolksbegehren und beim Dialog für Burgenland! Wenn da nur ein paar Funktionäre, die noch vom Bischof bzw. Ordinariat aus ferngesteuert sind, daran teilnehmen, wird's für'n Hugo, das muss gesagt sein!
Aber großartig, dass so etwas aus Rom kommt. Franziskus ist wahrhaftig ein "Pastor Bonus" ... ad multos annos!
Und wenn die Sache gut und richtig läuft, wird man ohne Übertreibung und überaus dankbar sagen dürfen: DAS KONZIL LEBT!
In hoc sensu,
Schillebeeckx
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