Samstag, 2. März 2019

Wie ein Feiertag zu Grabe getragen wurde


Der "neue" Karfreitag, oder:
Wie ein Feiertag zu Grabe getragen wurde


Der gesetzliche Feiertag Karfreitag wird durch einen "persönlichen Feiertag" ersetzt. Die jetzige Lösung bleibt hoch umstritten.

Ein Feiertag wird also zu Grabe getragen. Ein wenig religiös aufgeladene Metaphorik darf schon sein angesichts dessen, was nun in Österreich dem Karfreitag widerfahren ist. Der Tag, an dem Christen des Todes Jesu gedenken – des christlichen Super-GAUS sozusagen –, der über den Generalkollektivvertrag und eine gesetzliche Regelung seit den 1950er-Jahren ein Feier- und also arbeitsfreier Tag für evangelische Christen, Altkatholiken und Methodisten war, ist nicht mehr. Künftig können diese Gläubigen, aber auch alle anderen Arbeitnehmer, stattdessen einen "persönlichen Feiertag" in Anspruch nehmen, der jedoch vom persönlichen Urlaubskontingent abgezogen wird. Die zuvor angedachte Lösung eines "halben Feiertages" für alle ist damit vom Tisch. Doch ist die Lösung deswegen zufriedenstellender?

Nur einen Tag nach der Präsentation der neuen Karfreitags-Regelung hat der Nationalrat mit den Stimmen von ÖVP und FPÖ am Mittwochabend einen entsprechenden Gesetzesbeschluss gefasst. Es sei ihnen wichtig gewesen, ein Einvernehmen mit der evangelischen und der katholischen Kirche herzustellen, begründeten die Regierungsparteien ihre letztlich getroffene Entscheidung und die damit verbundene Abkehr vom ursprünglich angedachten "halben Feiertag" in der Parlamentsdebatte. Der evangelische Bischof Michael Bünker bezeichnete daher noch am Dienstag die neue Regelung als eine "positive Lösung mit einem Wermutstropfen". Vor diesem Hintergrund begrüßte dann auch der Generalsekretär der Bischofskonferenz, Peter Schipka, die Lösung als "akzeptabel", zumal die Bischofskonferenz immer dafür eingetreten war, dass der Karfreitag für Evangelische, Methodisten und Altkatholiken als Feiertag erhalten bleiben muss.

Die Kritik ließ indes nicht lange auf sich warten: Von "blankem Entsetzen" war evangelischerseits zu lesen, von einem "Hohn" und gar von mangelnder ökumenischer Solidarität mit der evangelischen Minderheit im Land. Andere Stimmen erkennen in der nunmehrigen Regelung einen Kniefall der Regierung vor der Wirtschaft, die die Mehrkosten für einen alternativen Feiertag für alle Menschen in Österreich nicht tragen wollte. Aufgestoßen ist den evangelischen Christen auch die Äußerung von Bundeskanzler Sebastian Kurz, demnach sich in Sachen Karfreitag "für 96 Prozent der Österreicher nichts" ändere. Man sehe darin einen Schlag ins Gesicht für eine religiöse Minderheit. Als eine Art letzten Ausweg erwäge man evangelischerseits nun den Rechtsweg.

Ein folgenreiches EuGH-Urteil

Notwendig geworden war eine rechtliche Neuregelung aufgrund eines EuGH-Urteils. Der Europäische Gerichtshof hatte die österreichische Regelung, wonach nur für evangelische und altkatholische Arbeitnehmer der Karfreitag ein bezahlter Feiertag ist, als gleichheitswidrig aufgehoben.

In Folge entbrannte eine auch von zahlreichen katholischen Stimmen geführte Debatte über die prinzipielle Bedeutung von (christlichen) Feiertagen, deren unterschiedliche Wertigkeit im Kirchenjahr und deren theologische Relevanz. Nicht wenige katholische Theologen plädierten in dieser Phase der Debatte für einen "Feiertagstausch", d.h. dafür, katholischerseits einen Feiertag wie etwa den Pfingstmontag oder einen anderen Marienfeiertag aufzugeben, um gemeinsam mit den evangelischen Christen den Karfreitag als einen theologisch höchst relevanten Feiertag begehen zu können.

Um die neue Karfreitags-Regelung nun noch umzusetzen, müssen unter anderem das Arbeitsruhegesetz und das Feiertagsruhegesetz geändert werden. Wer einen seiner Urlaubstage künftig als "persönlichen Feiertag" nutzen will, muss dies demnach spätestens drei Monate im Voraus schriftlich bekanntgeben, wobei für die ersten Monate nach Inkrafttreten der neuen gesetzlichen Bestimmungen eine Übergangsregelung gilt. Damit soll gewährleistet werden, dass etwa Evangelische und Altkatholiken auch heuer an Karfreitagsfeierlichkeiten freinehmen können.

Kommen Arbeitnehmer einem entsprechenden Ersuchen ihres Arbeitgebers nach und arbeiten am "persönlichen Feiertag" trotzdem, haben sie zusätzlich zur Bezahlung der geleisteten Arbeit Anspruch auf Urlaubsentgelt, was bei einem Acht-Stunden-Tag einem hundertprozentigen Zuschlag entspricht. Gleichzeitig kann der Urlaubstag später konsumiert werden. Das Recht auf einen selbstbestimmten Urlaubstag gilt grundsätzlich auch für Bundesbedienstete. Lehrer sind laut Erläuterungen zum Gesetz davon aber nicht erfasst, da das für sie geltende Dienstrecht auf Schulferien und Schuljahre und nicht auf Urlaubsjahre abstellt. Verbunden mit dem Gesetzespaket ist auch ein Eingriff in geltende Kollektivverträge, um eine diskriminierungsfreie und unionskonforme Lösung sicherzustellen.

Quelle: Katholisch.at, 01.03.2019


Evangelisch-lutherischer Bischof über Hintergründe der Debatte um den Karfreitag
Wien (epdÖ) – Während im Nationalrat die neue Karfreitagsregelung auf der Tagesordnung steht, nimmt der evangelisch-lutherische Bischof im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst zum Hintergrund der heftigen Debatte um den Karfreitag Stellung. Auch wenn die neue Regelung mit dem „persönlichen Feiertag“ positive Aspekte enthalte – sie sei diskriminierungsfrei und auch der sehr umstrittene „halbe Feiertag vom Tisch“ – bleibe dennoch das Fazit, dass „entgegen aller Versprechen der Bundesregierung den Evangelischen der Karfreitag als Feiertag genommen wurde“.
Quelle: Evangelisch.at, 1.3.2019 


Enttäuschung über Regierung wegen Karfreitagsregelung im Bezirk Oberwart
BEZIRK OBERWART. Nachdem ein österreichischer Arbeitnehmer eine Klage bis an den Europäischen Gerichtshof brachte, da er sich diskriminiert fühle, wenn er am Karfreitag arbeiten müsse, während Evangelische Christen und Altkatholiken frei haben. Dieser stellte die Diskriminierung fest und spielte den Ball zurück an die Österreichische Bundesregierung.
Nachdem diese zunächst einen „halben Feiertag“ zugestehen wollte – Arbeiten bis 14 Uhr, entschied man sich dann den Karfreitag als „Feiertag“ zu streichen und stattdessen einen „persönlichen Feiertag“ einzuführen, der jeden zusteht und drei Monate im Voraus beim Arbeitgeber bekannt zu geben sei.
Dies führte nun zu massiver Kritik am geplanten Gesetz von verschiedenen Seiten.
Weiterlesen auf Mein Bezirk, 5. März 2019


Theologe Zulehner kritisch zu Karfreitagregelung
Der Wiener Pastoraltheologe Paul Zulehner sieht in der neuen Karfreitagsregelung einen gefährlichen Schritt in die Richtung, dass Religion immer mehr privatisiert wird.
Religion.orf.at >>

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