Mittwoch, 31. Dezember 2014

Neujahrswunsch: Zeit, um glücklich zu sein

Das neue Jahr
soll das glücklichste deines Lebens sein.
Nimm dir Zeit, um glücklich zu sein.
Du bist ein wandelndes Wunder in dieser Welt.
Du bist einmalig, einzigartig, unverwechselbar.
Weißt du das?
Warum staunst du nicht,
warum freust du dich nicht,
überrascht über dich selbst
und über all die anderen um dich?

Zeit ist keine Schnellstraße
zwischen Wiege und Grab,
sondern Raum,
um in der Sonne zu parken.

Jahre sind keine Kilometer,
die man verschlingen muss,
sondern jedes Jahr,
auch dieses neue Jahr,
ist eine Gabe aus Gottes Hand,
als Geschenk dir anvertraut.
Nimm dir ruhig Zeit,
um glücklich zu sein!

Phil Bosmans, Leben jeden Tag. 365 Vitamine für das Herz,
Verlag Herder, Freiburg im Breisgau 2008, 11.

Liebe Leser/innen und Freund/innen!
Mit der Jahreslosung 2015 wünsche ich Euch allen ein gesegnetes Jahr 2015.
Edi Posch

Nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat zu Gottes Lob. (Röm 15,7)

Dienstag, 30. Dezember 2014

Einladung zur Radiomesse am Anbetungstag


2015 wird über das Pontifikat von Franziskus entscheiden

Noch nie auch nur in Ansätzen hat ein Papst seine engsten Mitarbeiter so gemaßregelt wie der Mann, der vom anderen Ende der Welt nach Rom kam.
 "Ich bin der Großvater von euch allen.“ Diese Worte des Verständnisses, der Nähe, fast der Intimität, hat Franziskus an diesem ersten Sonntag nach Weihnachten bei einer Sonderaudienz in Richtung hunderter italienischer Familien mit Kindern gerichtet. Und er fühlte sich sichtlich wohl in dieser lauten Gesellschaft bunten Lebens fast jeder Altersstufe. Ein Papst, der sich als Großvater versteht? Ausgerechnet dieser Papst? Kann, muss man eine derartige Ansage ernst nehmen? Oder darf das als kaum mehr zu steigernder Zynismus verstanden werden?

So mögen Mitarbeiter an der Kurie im Vatikan, vom Monsignore bis hinauf zum Kardinal, wohl gestern Nachmittag gedacht haben. Sind sie es doch, die ihren Chef gerade während dieser Festtage als konsequenten Zuchtmeister kennengelernt haben, alles andere jedenfalls denn als gütigen Großvater. Die Weihnachtsfesttage der Kurialen waren getrübt von einer harten, noch dazu öffentlich verbreiteten Abrechnung des Papstes mit ihnen, seinen engsten Zu- und Mitarbeitern in den Dikasterien der Zentrale der katholischen Weltkirche, wie sie die Geschichte nicht kennt.

Was hat Franziskus ihnen – offenbar nach eineinhalb Jahren prägender einschlägiger Erfahrungen in Rom – nicht alles an den Kopf geworfen: Geschwätzigkeit, Griesgrämigkeit, Eitelkeit, das Führen eines Doppellebens, ein völliges Vernachlässigen der Seelsorge. Franziskus hat jüngst Krankheiten und Sünden benannt, die er den Kurienmitarbeitern vorhielt, nicht bei Buß- und Fastenübungen, sondern beim offiziellen Weihnachtsempfang. Nein, das wird keine Liebesbeziehung mehr zwischen diesem Papst und „seiner“ Kurie.
2015 wird das Entscheidungsjahr für das Pontifikat von Franziskus. Im Februar trifft der handverlesene Kardinalsrat mit dem Papst zusammen, um weiter über eine organisatorische Reform der Kurie zu beraten und womöglich Beschlüsse vorzulegen, unmittelbar danach versammeln sich dann alle Kardinäle in Rom zum Konsistorium. Und im Oktober folgt die jedenfalls mit Spannung, von manchen aber auch mit Sorge erwartete Bischofssynode. Da soll dann nach dem Willen von Franziskus über neue Wege in der Familienseelsorge beraten werden. Nach den heftigen theologischen Differenzen bei der vorbereitenden Synode im heurigen Herbst scheint derzeit kein Kompromiss in Sicht.

Dabei richtet sich die Aufmerksamkeit besonders auf Kurskorrekturen im Umgang mit Geschiedenen, die zivilrechtlich eine neue Ehe eingegangen sind. Ihnen ist derzeit streng genommen – aber gar so streng ist die gelebte Praxis in weiten Teilen des Kirchenuniversums dann auch wieder nicht, was nur bedingt zur Glaubwürdigkeit kirchlicher Regeln beiträgt – der Zugang zu den Sakramenten verwehrt. Im Herbst werden Entscheidungen gefällt werden müssen. So oder so. Und es wird natürlich Verlierer oder Enttäuschte geben.
2015 wird also das Entscheidungsjahr für das Pontifikat von Franziskus. Er selbst hat sich die Latte hoch gelegt, hat Erwartungen formuliert und in der katholischen Kirche, in der Öffentlichkeit damit noch größere geweckt. Er hat nur die Option, sich durchzusetzen, Widerstände auch zu brechen und – wie Johannes XXIII. – als einer jener Päpste in die Kirchengeschichte einzugehen, denen es gelungen ist, die katholische Kirche aus dem Gestern (oder Vorgestern) in das Heute zu führen.

Indem er der katholischen Kirche Relevanz im täglichen Leben von Familien, Singles, Hetero- wie Homosexuellen zurückerkämpft. Indem es ihm gelingt, die vatikanische Kurie strukturell, organisatorisch und was das Selbstverständnis betrifft aus der Ecke der zentralistischen, dirigistischen Machtzentrale herauszuführen, sie mehr zu einer Service- als Kontrollstelle für die Diözesen zu machen.
Franziskus bleibt nur diese eine Option, sich durchzusetzen. Zu klar hat er sich schon positioniert. In Worten und Werken. Schafft er es nicht, bleibt er hinter seinen Vorgaben zurück, sagen wir es offen, scheitert er also, dann scheitert dieser Papst ganz gewaltig, vor aller Augen, mit schweren, unabsehbaren Folgen für die Gesamtkirche. Dieser Weg wird kein leichter sein.

Quelle: DiePresse


"Der Papst wird Entscheidungen treffen"
Papst Franziskus ist populär - aber Reformen bei strittigen Themen wie dem Umgang mit Geschiedenen oder Homosexuellen hat er bisher nicht eingeleitet. Der Kölner Kardinal Woelki verweist aufs kommende Jahr.
Domradio.de >>


Franziskus droht das gleiche Schicksal wie dem Franz
Der Papst hat seiner Kurie, und damit seinem Topmanagement, die Leviten gelesen. Für Victor Weber wird er trotzdem enden wie der Heilige aus Assisi: als Narr Gottes
Sonntagszeitung.ch >>


„Alzheimer spirituale“
Der Papst liest der Kurie die Leviten.
Journal21.ch >>

Montag, 29. Dezember 2014

Deutsche Bischöfe: „Unter Bedingungen“ Kommunion für Wiederverheiratete


Kardinal Marx:

„Den drängenden Herausforderungen der Ehe- und Familienpastoral begegnen“
Nach Abschluss der Dritten Außerordentlichen Vollversammlung der Bischofssynode zum Thema „Die pastoralen Herausforderungen der Familie im Kontext der Evangelisierung“ hat die Deutsche Bischofskonferenz jetzt eine Arbeitshilfe unter dem Titel der Synode veröffentlicht, in der zentrale Texte der Bischofssynode und der Deutschen Bischofskonferenz zusammengefasst sind.

Die Dokumentensammlung enthält einerseits Wortbeiträge von Papst Franziskus während der Synode und andererseits zum Teil erstmals in deutscher Sprache übersetzte Texte der Beratungen. Ein wichtiger Bestandteil der Arbeitshilfe ist die „Schlussrelatio“ der Synodenväter, die ein Teil des Vorbereitungsdokumentes für die Bischofssynode im Jahr 2015 darstellt. Bewusst hat die Arbeitshilfe Texte gesammelt, die mit der zurückliegenden Bischofssynode zu tun haben. Das Vorbereitungsdokument (Lineamenta) für 2015 ist in der offiziellen Übersetzung ab sofort unter www.dbk.de/themen/bischofssynode zu finden.

Neben den Antworten der Deutschen Bischofskonferenz auf den Fragebogen des Synodensekretariats vom Oktober 2013 werden in der Arbeitshilfe erstmals die Vorarbeiten einer Arbeitsgruppe der Bischofskonferenz zu Fragen der theologisch verantwortbaren und pastoral angemessenen Wege zur Begleitung wiederverheiratet Geschiedener aufgegriffen, die abschließend im Ständigen Rat am 23. Juni 2014 beraten wurden. Dazu erklärt heute der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx: „Die Suche nach einer theologisch verantwortbaren und pastoral angemessenen Begleitung von Gläubigen, deren Ehe zerbrochen ist und die zivil geschieden und wiederverheiratet sind, gehört weltweit zu den drängenden Herausforderungen der Ehe- und Familienpastoral im Kontext der Evangelisierung. Denn die zivile Scheidung und Wiederheirat leitet oft einen Prozess der Distanzierung von der Kirche ein oder vergrößert die bereits bestehende Distanz zur Kirche. Nicht selten führt diese Entwicklung auch zu einer Abkehr vom christlichen Glauben. Die Deutsche Bischofskonferenz will deshalb die pastorale Begleitung von Gläubigen, deren Ehe zerbrochen ist und die eine neue Verbindung eingegangen sind, intensivieren.“

Wie alle Gläubigen müssten auch sie die Kirche als Heimat erfahren und aktiv an ihrem Leben teilnehmen können, betont Kardinal Marx. „Eine an diesen Grundsätzen orientierte Pastoral kann der Frage nach einer möglichen Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen zur sakramentalen Kommunion nicht ausweichen. Deshalb hat die Deutsche Bischofskonferenz mit großer Mehrheit diese Überlegungen verabschiedet, die sich ausführlich mit den theologischen Fragen einer Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen zu Buße und Kommunion befassen“, so Kardinal Marx. Er fügte hinzu: „Aus der Sicht der deutschen Bischöfe wäre es nicht richtig, unterschiedslos alle Gläubigen, deren Ehe zerbrochen ist und die zivil geschieden und wiederverheiratet sind, zu den Sakramenten zuzulassen. Aufgrund ihrer pastoralen Erfahrungen und auf der Grundlage ihres theologischen Nachdenkens plädieren sie vielmehr für differenzierte Lösungen, die dem Einzelfall gerecht werden und unter bestimmten Bedingungen eine Zulassung zu den Sakramenten ermöglichen.“

Die Texte der Arbeitshilfe sollen dazu dienen, allen Interessierten das Verständnis für die Arbeit der Bischofssynode zu erleichtern. „Die pastorale Sorge für Ehe und Familie verdient, mit Engagement neu angegangen zu werden, so dass die menschenfreundliche Botschaft Jesu spürbar wird“, so Kardinal Marx.
Quelle: Deutsche Bischofskonferenz >>

Hinweis:

Die Arbeitshilfe Nr. 273, „Die pastoralen Herausforderungen der Familie im Kontext der Evangelisierung. Texte zur Bischofssynode 2014 und Dokumente der Deutschen Bischofskonferenz“, ist ab sofort als Download abrufbereit und kann auch als Broschüre (194 Seiten) bestellt werden.

Die Lineamenta für die Bischofssynode 2015 „Die Berufung und Sendung der Familie in Kirche und Welt von heute“ finden Sie unter www.dbk.de/themen/bischofssynode.



Deutsche Bischöfe:
„Unter Bedingungen“ Kommunion für Wiederverheiratete
Eine Mehrheit der Deutschen Bischofskonferenz hat sich dafür ausgesprochen, Gläubige, die nach einer Scheidung wieder heiraten, in „Einzelfällen“ im Gottesdienst wieder zu den Sakramenten zuzulassen.
FAZ >>

Bischöfe Oster und Voderholzer Speerspitze der Ablehnung von Öffnung für Wiederverheiratete
Der Regensburger Bischof und sein Passauer Amtskollege Stefan Oster sprechen sich entgegen einer Mehrheit in der Deutschen Bischofskonferenz gegen Lockerungen für wiederverheiratete Geschiedene aus.
Wochenblatt >>

Sonntag, 28. Dezember 2014

Geduld miteinander

Wir bitten dich, Gott,
für die jungen Menschen,
die den Glauben der Eltern
nicht fraglos übernehmen wollen.

Wir bitten dich für die Mütter und Väter,
die leiden,
weil ihre Kinder
eigene Wege gehen.

Wir bitten dich für die Familien,
in denen einer dem anderen
nichts mehr zu sagen hat.

Hab Geduld mit uns;
und schenk uns Geduld miteinander;
sei uns Halt,
damit wir einander halten;
lass uns deine Liebe erfahren,
damit wir andere lieben.

E. Beck, Gemeindebibel,
Verlag Kath. Bibelwerk GmbH, Stuttgart 2004, 35f.

Mittwoch, 24. Dezember 2014

Weihnachtsgruß 2014


Das ist unser Fest,
was wir feiern:
das Kommen Gottes
zu den Menschen,
damit wir zu Gott kommen können.

Ich wünsche allen meinen Leserinnen und Lesern ein gesegnetes und friedvolles Weihnachtsfest!

Euer Edi Posch


Predigt von Papst Franziskus zur Christmette >>


Schweige und höre

Vielleicht geht dir in der Mitte der Nacht
ein Licht auf

vielleicht hörst du unverhofft
eine neue Botschaft

vielleicht ahnst du plötzlich
dass Friede auf Erden denkbar ist

vielleicht erfährst du schmerzhaft
dass du Altes zurücklassen musst

vielleicht spürst du
dass sich etwas verändern wird

vielleicht wirst du aufgefordert
aufzustehen und aufzubrechen

schweige und höre
sammle Kräfte und brich auf
damit du den Ort findest
wo neues Leben möglich ist!

Max Feigenwinter

Dienstag, 23. Dezember 2014

Radiomesse aus der bischöflichen Hauskapelle

Die in ganz Österreich übertragene Radiomesse am 01.01.2015 wird aus der bischöflichen Hauskapelle des Bischofshofes in Eisenstadt ausgestrahlt.
Dem Vernehmen soll dafür die Bischofskapelle mit einer Orgel um rund 60.000 Euro ausgestattet worden sein. Stimmt das?


Siehe auch Blog-Archiv vom 30. Mai 2012
Prunkkapelle im Bischofshof mit Überraschungseffekt


Aktualisiert:

Weihnachts-Interview
Bischof Zsifkovics: „Heilige Familie war Flüchtlingsfamilie“
Bischof Ägidius Zsifkovics sprach mit der BVZ über die moderne Kirche, seine Kritiker, persönliche Zweifel und über die Landespolitik.
BVZ >>

Papst nennt 15 kuriale Krankheiten bei Weihnachtsempfang


"Schlagzeilen machen sie nur, wenn sie abstürzen"
Die Weihnachtsansprache von Papst Franziskus an die Kurie auf domradio.de >>


AKTUALISIERUNG:

Was kommt nach dem Paukenschlag?
Nach der furiosen Rede des Papstes beginnen heute die Weihnachtsfeierlichkeiten im Vatikan
ARD-Tagesschau >>

Reaktionen auf Brandrede des Papstes
Das große Schweigen am Tag danach
Am Tag danach ist Schweigen. Keine offizielle Reaktion auf die Brandrede des Papstes kommt heute aus dem Vatikan. Dabei hatte Franziskus so wortgewaltig wie kein Papst zuvor seinen Mitarbeitern die Leviten gelesen. Und so mancher fragt sich: Wen hat er konkret gemeint?
ARD-Tagesschau >>


Erstaunen und Rätselraten um Kurien-Kritik des Papstes
Franziskus fordert zu Weihnachten zur Gewissenserforschung auf
Kathpress >>

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Weihnachtsempfang des Papstes:
Die kurialen Krankheiten

Eine ganze Liste von „kurialen Krankheiten“ hatte Papst Franziskus mitgebracht: Die Weihnachtsansprachen der Päpste an die vatikanische Kurie waren immer schon Gelegenheit, Grundsätzliches zu sagen, und Papst Franziskus machte hier an diesem Montag bei seiner zweiten Ansprache dieser Art keine Ausnahme. Vor den versammelten Leitern und leitenden Mitarbeitern der Vatikan-Verwaltung sprach er über Haltungen und Einstellungen, welche die Einheit verderben und dem Dienst an der Kirche schaden.

„Die Kurie ist gerufen, sich zu bessern, immer zu verbessern und in Gemeinschaft, Heiligkeit und Weisheit zu wachsen, um ihre Aufgabe ganz und gar erfüllen zu können. Und wie jeder menschliche Körper ist sie auch Krankheiten ausgesetzt (..) Hier möchte ich einige dieser möglichen Krankheiten nennen, kuriale Krankheiten.“

Insgesamt fünfzehn dieser Krankheiten identifizierte er. Er wolle damit eine Gewissenserforschung vor dem Fest anbieten, so der Papst. Der in Armut geborene Gott wolle uns Demut lehren, er sei nicht zu ausgewählten Menschen, sondern zu den armen und einfachen Menschen gekommen.

Die Krankheiten, von denen er spreche, seien zwar nicht ausschließlich auf die Kurie beschränkt, es seien Versuchungen, die alle Christen beträfen. Aber sie seien „natürlich auch eine Gefahr für jeden Christen und jede Kurie, Gemeinschaft, Kongregation, Pfarrei und kirchlichen Bewegung.“ Die Kurie sei wie ein kleines Modell der Weltkirche.

15 Krankheiten

Die erste Krankheit: Die Kurie für unsterblich, immun oder unersetzbar zu halten. „Eine Kurie, die sich selbst nicht kritisiert, die sich nicht erneuert, die nicht besser werden will, ist ein kranker Körper. Ein Besuch auf dem Friedhof kann uns helfen, die Namen all der Personen zu sehen, die glaubten, unsterblich, immun und unersetzbar zu sein.“ Diese Krankheit komme aus einem Narzissmus, der das eigene Gesicht, aber nicht das Gottes sehe und auch nicht das der Bedürftigen. Das Gegenmittel: Sich selbst als Sünder sehen.

„Dann ist da eine weitere Krankheit: der Marta-lismus [nach der biblischen Figur der Marta], die obsessive Arbeitswut. (…) Die notwendige Ruhe vernachlässigen führt zu Stress und Aufregung,“ so der Papst weiter. „Außerdem gibt es die Krankheit der geistlichen oder geistigen Versteinerung, das heißt, wie die zu sein, die ein Herz aus Stein haben und halsstarrig sind. Das sind die, die unterwegs die innere Seelenruhe verlieren, die Lebendigkeit und den Wagemut, und die sich unter Papier verstecken und ‚Arbeitsmaschinen’ werden, nicht ‚Menschen Gottes’. Es ist gefährlich, das menschliche Mitgefühl zu verlieren, das man braucht, um mit den Weinenden zu weinen und sich mit denen zu freuen, die froh sind!“

Insgesamt fünfzehn dieser geistlichen „Krankheiten“ zählte der Papst auf: Funktionalismus und Planungswut, oder die Vereinzelung in der Arbeit. Immer wieder griff der Papst dabei auch in die Kiste der farbigen Metaphern.

„Da ist auch die Krankheit des geistlichen Alzheimer, also des Vergessens der Heilsgeschichte, der persönlichen Geschichte mit dem Herrn, der „ersten Liebe“ (Apg 2,4). Dabei handelt es sich um ein fortschreitendes Absenken der geistlichen Fähigkeiten, die früher oder später zu einer schweren Behinderung des Menschen führen und ihn unfähig werden lassen, autonom zu handeln, und ihn so in einem Zustand völliger Abhängigkeit von den von ihm selbst geschaffenen Selbstbildern leben lassen.“

Viel Aufmerksamkeit bekamen auch die „Krankheiten“ der Eitelkeit: Titel und Auszeichnung zu suchen, das Einschleimen beim Chef - und die Chefs, die sich schmeicheln lassen.

„Dann gibt es die Krankheit der existenziellen Schizophrenie: die Krankheit derer, die ein Doppelleben leben, Ergebnis einer Heuchelei des Mittelmaßes und der fortschreitenden geistlichen Leere, die akademische Titel oder Abschlüsse nicht beruhigen können. Diese Krankheit betrifft vor allem diejenigen, welche die Pastoral aufgegeben haben und sich auf Verwaltung beschränken und so den Kontakt mit der Wirklichkeit verloren haben, mit konkreten Menschen. So schaffen sie sich eine Parallelwelt.“

Überhaupt wog in den Worten des Papstes das Manko der fehlenden Pastoral schwer. Deutlich auch noch einmal die Aussagen zum „Geschwätz“, dem Herabsetzen des anderen. Man „töte kaltblütig den Ruf des Nächsten“, so der Papst, um selber besser dazustehen.

Das übermäßige Ansammeln von Gütern, die Härte und der Rigorismus gegenüber dem Nächsten, die in sich abgeschlossenen Kreise, die wie ein Krebsgeschwür seien: Der Papst ging immer wieder und aus immer anderen Perspektiven auf das ein, was die Leitung der Weltkirche behindere, ihr schade und den Zusammenhalt in der Kurie schädige.

Da hilft Humor

„Da ist die Krankheit des Beerdigungsgesichtes: Das bedeutet Menschen, die mürrisch und finster drein blicken, die meinen, um ernsthaft sein zu können, ihr Gesicht mit Melancholie und Strenge anmalen zu müssen, und die die anderen, vor allem die Schwächeren, mit sturer Strenge, Härte und Arroganz behandeln. In Wirklichkeit ist diese theatralische Strenge ein steriler Pessimismus und ein Zeichen für Angst und Unsicherheit.“

Dagegen helfe vor allem eines: der Humor, und damit die Fähigkeit, über sich selbst zu lachen. Ihm selber helfe da das Gebet des heiligen Thomas Morus, das er täglich bete: „Gib mir die Gnade, einen Scherz zu verstehen, damit ich ein wenig Glück kenne im Leben und anderen davon mitteile“.

Sehr viel Schaden richte auch die Krankheit des weltlichen Profits an, wenn Dienst in Macht verwandelt werde. Das betreffe Menschen, die ihre Macht unbedingt vermehren wollten und alles dafür täten, auch andere diffamierten und diskreditierten, vor allem in den Medien, oft sogar in Namen von Transparenz und Gerechtigkeit. „Ich denke da an einen Priester, der Journalisten anrief und ihnen von den privaten Dingen der Mitbrüder und Pfarreimitglieder berichtete. Für ihn zählte es nur, sich selbst auf der ersten Seite zu sehen, denn nur so fühlte er sich ‚mächtig und interessant’, aber er fügte der Kirche und den anderen viel Schaden zu. Der Arme!.“

Die Kurie sei dazu berufen, sich immer zu verbessern und einiger zu werden, hatte er seine Gedanken begonnen. Es waren keine konkreten Vorwürfe, die der Papst äußerte, es war eine sehr deutliche Gewissenserforschung, die er vorlegte. Einmal mehr wurde deutlich, dass der Papst unter „Reform“ zuerst und vor allem eine Reform der Menschen versteht, dann erst der Strukturen. Die Kurie – wie die gesamte Kirche – könne nicht ohne persönliche, authentische und tiefe Beziehung zu Christus leben

Die Krankheiten zu nennen, sei bereits der erste Schritt zur Besserung, schloss Franziskus seine Ausführungen. Das sei ein Auftrag an alle hier, die Gemeinsamkeit zu suchen, die Einheit, um besser der Kirche dienen zu können.
Quelle: Radio Vatikan >>

Kommentare:

Papstkritik zu Weihnachten
Die 15 Krankheiten der Kurie
Als Mann der offenen Worte kennen die Menschen im Vatikan Papst Franziskus. Doch so deutlich wie heute wird er selten: In seiner Weihnachtsbotschaft attestierte er den Kirchenmitarbeitern insgesamt 15 Krankheiten. Zum Beispiel Schizophrenie.
ARD-Tagesschau >>

Papst diagnostiziert der Kurie "spirituelles Alzheimer"
Geschwätzig, eitel, schizophren: Das Oberhaupt der Katholiken hat die kirchliche Verwaltungsspitze in beispielloser Weise kritisiert. Die Kardinäle reagierten verstört.
Zeit-Online >>

Papst geht mit römischer Kurie hart ins Gericht
Papst Franziskus hat am Montag bei einer Weihnachtsansprache vor Leitern und leitenden Mitarbeitern der Vatikan-Verwaltung vor „spirituellen Krankheiten“ in der Kurie gewarnt.
Religion.orf.at >>

Papst rechnet mit geschwätziger Kurie ab
Exhibitionismus, "spirituelles Alzheimer" und Geschwätzigkeit – das sind nur drei von 15 Krankheiten, die Papst Franziskus in der Kirchenführung diagnostiziert hat. Es gab wenig freudige Reaktionen.
Die Welt >>

Montag, 22. Dezember 2014

Kommentar: Herrschaftsreligion

Nach dem Kindermord von Peschawar, bei dem islamische Stammeskrieger der Taliban muslimische Schüler gnadenlos abgeschlachtet und viele für ihr Leben traumatisiert haben, müssen einem die ewigen Beschwörungen „Islam ist Friede“ im Halse steckenbleiben. Auch die reflexartig wiederkehrenden Entschuldigungsmechanismen, die für Verbrechen dieser Welt geradezu masochistisch uns selbst - dem Westen und Amerika - alle Schuld zuschreiben, erweisen sich als reiner Zynismus. Zur Nivellierung der Untaten fehlt dann nur noch der Vorwurf gegen das Christentum, dass es ja ebenfalls Gewalt hervorgebracht habe. Im Übrigen - so der letzte Entschuldigungsversuch - habe alles ja gar nichts mit Religion zu tun, sondern mit politischen, sozialen, wirtschaftlichen oder ethnischen Verwerfungen.

Doch Religion hat immer, in allen kulturellen und sozialen Kontexten zum Kampf um Macht und zur Stabilisierung von Macht beitragen müssen. Das gilt für Tyrannen wie für demokratische Systeme, wo der Glaube - wenn auch säkularistisch minimiert - zur Wertebildung sowie für den „Ruck durch die Gesellschaft“ in Anspruch genommen wird. Staatskapläne, Staatspopen, Staatsimame, Staatsrabbiner oder - buddhistisch-tibetisch - ein Staats-Dalai Lama sorgen symbolisch für die Symbiose. In Indien hat sogar die radikale Hindu-Partei die entsprechende „staatstragende“ Grundierung mitübernommen. In Japan ist es der Ritual-Shintoismus. Wo die Religion ausgetrieben wird, soll dasselbe der Atheismus leisten.

Bisher hat es keine Religion geschafft, sich aus dem Provinzialismus der babylonischen Gefangenschaft des „Staates“ - ob stammesorientiert, lokal, regional oder national - zu lösen: mit Ausnahme des Christentums. Das bedeutet nicht, dass es da keinerlei atavistische Regression gäbe. Eine der schlimmsten war der Völkermord von Christen an Christen in Ruanda. Die Verbrechen der Weltkriege liegen noch nicht lange zurück. Heute sind es Firmen aus „christlichen“ Herrschaftsgebieten, die weltweit Waffen zum fortgesetzten Morden verbreiten und damit dickes Geld machen, mit Erlaubnis „christlicher“ Regierungen und Parlamente. Andererseits wurde einzig im Kontext des Christentums die Kraft aufgebracht, Wesen und Unwesen von Religion selbstkritisch zu betrachten und die Selbstimmunisierung zu mobilisieren. Jesus Christus war ein gewaltfreier, herrschaftskritischer Religionsstifter. Er war kein Kriegsherr und kein Kriegstreiber wie Mohammed. Der Geburtsfehler des Islam liegt in seiner Gründungsfigur, seinem „Propheten“. Das Christentum als von der Wurzel her selbstkritische und herrschaftskritische Religion ist - wie seine (Befreiungs-)Theologie beweist - geistig im Jahr 2014 angekommen, der Islam in breitesten Teilen nicht. Für Letzteres gibt es keine historische Entschuldigung mehr.

Quelle: Christ in der Gegenwart 51/2014 >>


Den Fluch in Segen verwandeln
BZ-INTERVIEW mit Rabbiner Moshe Navon über religiösen Fanatismus, antiislamische Intoleranz und die Glaubensbotschaft.
Badische Zeitung >>


"Naive Blauäugigkeit reicht nicht"
Bischof Egon Kapellari im Interview über Nachfolge, Asyldebatte und Angst vor dem Islamismus.
Kurier >>

Sonntag, 21. Dezember 2014

Der Kraft des Engels trauen


Trau dem Engel der Ehrlichkeit
der dich auf dich selbst zurückwirft
damit du dir und anderen nichts mehr vormachst
was dir zutiefst widerspricht

Trau dem Engel der Leichtigkeit
der deinen Handlungsspielraum weitet
damit deine Kreativität wachsen kann
und eine heilvolle Atmosphäre entsteht

Trau dem Engel der Beharrlichkeit
der dein inneres Feuer nährt
damit Solidarität und Akzeptanz spürbar werden

Trau dem Engel der Sinnlichkeit
der uns zur wohltuenden Zärtlichkeit berührt
zum Genießen all der Früchte der Schöpfung

Pierre Stutz, Der Stimme des Herzens folgen,
Verlag Herder, Fr. i. Br. 2005, 374.

Freitag, 19. Dezember 2014

Vater Benedikt im Gespräch

Der Stille im Vatikan
Ein Besuch bei Vater Benedikt
Er trägt noch immer das weiße Papstgewand. Aber die roten Schuhe hat er gegen braune Sandalen über weißen Strümpfen getauscht.
Kaum hat Vater Benedikt auf dem Sofa in seinem Wohnzimmer Platz genommen, sagt er, es sei „völliger Unsinn“, dass er sich in die Debatte der letzten Bischofssynode um die Zulassung von Geschiedenen zur Kommunion eingemischt habe. Vielmehr sei es so: „Ich versuche, so still zu sein wie nur möglich.“
Mittlerweile sei bei den Gläubigen auch völlig klar, „wer der wahre Papst ist“, setzt Benedikt fort und bedauert, dass es ihm nicht gelang, sich auch von der Anrede her deutlicher vom regierenden Papst abzusetzen. Er habe gewollt, dass man ihn seit seinem Rücktritt „Vater Benedikt“ nennt oder „Padre Benedetto“, aber er sei damals zu schwach und müde gewesen, um das durchzusetzen. Ob man das schreiben dürfe? „Ja, machen Sie das; vielleicht hilft’s.“
Weiterlesen in der FAZ >>

Der alte Pontifex meldet sich zurück
Ein Gegenpapst?
Benedikt schreibt einen Aufsatz um, verfasst ein Grußwort und gibt ein Interview. Das ist eine Kampfansage an Franziskus, meint Christiane Florin. Der Emeritus ist kein Gegenpapst, widerspricht Patrik Schwarz von der ZEIT.
Christ & Welt Ausgabe 51/2014 >>

Donnerstag, 18. Dezember 2014

Die Botschaft des Papstes zum Weltfriedenstag am 1. Januar 2015

„Nicht mehr Sklaven, sondern Brüder“:
Die Botschaft des Papstes zum Weltfriedenstag am 1. Januar
32 Milliarden Dollar pro Jahr: Das ist nach Schätzungen der UNO aus dem Jahr 2012 der weltweite Gewinn aus dem Menschenhandel, 2,4 Mio Menschen sind Opfer dieses Verbrechens. Papst Franziskus macht das Phänomen der modernen Sklaverei zum Thema seiner Friedensbotschaft für den kommenden 1. Januar, den Weltfriedenstag.
Radio Vatikan >>


BOTSCHAFT DES HEILIGEN VATERS
PAPST FRANZISKUS
ZUR FEIER DES
WELTFRIEDENSTAGES
1. JANUAR 2015

NICHT MEHR KNECHTE, SONDERN BRÜDER 

Mittwoch, 17. Dezember 2014

Über das Göttliche und den Sinn des Sinns

Wissen und Glauben
Über das Göttliche und den Sinn des Sinns
Volker Gerhardt
Kann es unter den Bedingungen der modernen Existenz eine rationale Theologie geben? Es spricht manches dafür – nicht zuletzt die Rolle, die der Sinn für das Dasein des Menschen in der Welt spielt: für das bewusste Leben im Horizont eines Ganzen, das nicht gewusst, sondern nur erschlossen werden kann.
NZZ >>

Volker Gerhardt ist emeritierter Professor für Praktische Philosophie der Humboldt-Universität zu Berlin. Unlängst ist sein Buch «Der Sinn des Sinns. Versuch über das Göttliche» (bei C. H. Beck) erschienen.

Dienstag, 16. Dezember 2014

Ungeduld im Bistum Limburg

Wolfgang Rösch und Manfred Grothe (rechts)
Es bewegt sich viel in der Diözese Limburg. Aber die Tebartz-Zeit wirft noch immer ihre Schatten, und ein neuer Bischof ist noch lange nicht in Sicht. Abwarten reicht manchen nicht mehr.

In einer Woche bekommen Frankfurts Katholiken hohen Besuch. Manfred Grothe macht auf seiner Rundreise durch das Bistum Limburg Station in dessen wichtigster Stadt. Der Apostolische Administrator will hören, was die Mitarbeiter und die Laienvertreter ihm zu sagen haben, die Situation der Kirche in der Metropole besser kennenlernen, erörtern, wie es weitergehen kann und soll.

„Jetzt lernt er die Menschen hinter den Zahlen kennen“, sagt Ingeborg Schillai aus Taunusstein, Präsidentin der Diözesanversammlung, des obersten Laiengremiums im Bistum. In ihrem Bezirk war Grothe schon. Sie spielt auf den Prüfbericht mit seinen vielen Zahlen an, den er im Auftrag der Bischofskonferenz über das umstrittene, vom emeritierten Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst gebaute Bischofshaus erstellt hatte. Im März dieses Jahres wurde er dann vom Papst mit der Leitung des Bistums beauftragt.

Strukturen ändern sich mit Grothe
Schillai zeigt sich dankbar für die Art und Weise, in der Grothe zuzuhören versteht – mit echter, nicht mit gespielter Anteilnahme. Dieses Lob ist oft zu hören, Grothe kommt gut an in der Diözese. Genauso wie seine Entscheidung, eine Hotline für Mitarbeiter einzurichten, bei der sie sich Erfahrungen aus der Tebartz-Zeit von der Seele reden können. Bis Ende dieses Monats ist die Nummer geschaltet. Rund 100 Anrufer haben sich bisher gemeldet, wie Grothe dem Vernehmen nach jüngst im Diözesansynodalrat mitteilte. Die Quintessenz der Gespräche soll wie angekündigt veröffentlicht werden.

Die Finanzangelegenheiten werden mit Grothe transparenter geordnet, ein weiterer Pluspunkt. Das Vermögen des Bischöflichen Stuhls wird neu sortiert, die Zusammensetzung entscheidender Gremien verändert, so dass es eine wirksamere Kontrolle geben kann. Teils waren Strukturen, an die Grothe nun herangeht, schon vor Tebartz-van Elst vorhanden. „Der Administrator möchte zeigen, wie es geht“, heißt es im Bistum. Das trifft auch für einen neuen Stellenplan zu, der auf breiter Basis von Herbst 2015 an aufgestellt werden soll. Auch die Planung der neuen Großpfarreien geht weiter. Hinzu kommen die Besuche Grothes im Bistum. Dessen Vielfalt beeindrucke ihn, versichert der Bistumssprecher. Im Advent will Grothe sich mit einem Brief an die Gläubigen wenden, Rückschau und Ausblick halten.
Weiterlesen in der FAZ >>

Apostolischer Administrator Manfred Grothe
Standortbestimmung im Advent
Apostolischer Administrator schreibt an alle Gläubigen

LIMBURG - Weihbischof Manfred Grothe, der Apostolische Administrator für das Bistum Limburg hat die ersten neun Monate in der Diözese vor allem auch dafür genutzt, um zu hören und um die Diözese, die Verwaltung, die Gremien, Beratungswege und die Bezirke kennenzulernen. Dies schreibt Grothe in einem Brief an alle Gläubigen im Bistum Limburg zum dritten Advent. "Als Christen im Bistum Limburg blicken wir auf bewegende und herausfordernde Monate zurück", so Grothe. Nun sei es ruhiger geworden um das Bistum Limburg und es bestimme nicht mehr die Schlagzeilen der Medien.
Weiterlesen auf Bistum Limburg >>

Montag, 15. Dezember 2014

„Es stinkt“: Verbale Entgleisung von umstrittenem Pfarrer

Der Geistliche Gerhard Maria Wagner hat heftig gegen die katholische Kirche gewettert. Sie sei ein „Saustall“, in dem es stinke. Der Pfarrer disqualifiziere sich mit diesen Aussagen selbst, so die Reaktion der Diözese Linz.

Der 2009 als Weihbischof verhinderte Pfarrer veröffentlichte am Freitag sein neues Buch „Himmel oder Hölle“ (edition innsalz) und übte bei der Präsentation heftige Kritik an seiner Diözese: „In Linz Bischof zu werden, ist vielleicht ein bisschen schwieriger.“ Die Situation in Oberösterreich sei kontrovers und von Gegensätzen getragen, sagte der umstrittene Geistliche.

Er wünsche dem Nachfolger von Bischof Ludwig Schwarz - die Diözese hat für das Amt vor kurzem einen Dreiervorschlag erstellt - „alles Gute“, so Wagner. „Es stinkt“, sagte er auf eine frühere Aussage angesprochen, wonach er sich schon zugetraut hätte, „diesen österreichischen Saustall auszumisten“. Der Pfarrer sagte, die Kirche befände sich auf keinem guten Weg. Es gebe Spannungen, und viele Menschen seien orientierungslos. Er berief sich dabei auch auf Priester, die - wie er sagte - darunter litten, „dass wir heute im Grunde aufhören, katholisch zu sein“.

Kirche „Oligarchenwirtschaft“
Außerdem bezeichnete der Pfarrer von Windischgarsten im Bezirk Kirchdorf das Beichtsakrament in vielen Gemeinden als „tot“. Wortgottesdienste hätten eine Eigendynamik bekommen, die ihn störe. Er sagte, es gebe eine Konkurrenz im Verhältnis von Laien und Geistlichen, die er nicht verstehe. Er warf Priestern vor, „Angst vor der Pfarrgemeinderatssitzung“ zu haben. „Da stimmt doch etwas nicht“, sagte Wagner. Seine Meinung sei allerdings in Linz nicht sonderlich gefragt, vermutete der Pfarrer und bezichtigte die heimischen Diözesen, „schon ein bisschen eine Oligarchenwirtschaft“ zu betreiben. Viele Bischöfe stünden alleine da.
In der Diözese Linz würden sich alle bemühen, eine qualitätsvolle Arbeit zu leisten, sagte der Linzer Bischofsvikar Wilhelm Vieböck. „Ich finde es erschreckend, dass Pfarrer Wagner das drastische Wort ‚Saustall‘ für die ganze Kirche in Österreich verwendet.“ Diese Einstellung qualifiziere ihn nicht für höhere kirchliche Ämter, er disqualifiziere sich damit von selbst, sagte Vieböck.

„Geschämt“ für Conchita Wurst
In dem nun erschienenen Buch von Pfarrer Wagner, für das der Autor Norbert Blaichinger sieben Tage mit dem Geistlichen verbracht hatte, äußert sich der Pfarrer mitunter zu kontroversen Themen. Über Song-Contest-Gewinnerin Conchita Wurst sagte er etwa, dass er sich damals „für Österreich geschämt“ habe. Praktizierte Homosexualität sei „Verführung und schwere Sünde“, sagte er und weiter, dass er Hilfe suchende Schwule kennen würde, so der Pfarrer bei der Buchpräsentation.
Er freue sich zwar, dass es dem neuen Papst von Anfang an gelungen sei, auf der ganzen Welt Sympathie und Vertrauen zu wecken, wird Wagner in seinem Buch zitiert. Doch er merke nichts davon, dass die Kirchen deswegen voller würden, „die Leute mehr beichten gehen und alle, die Papst Franziskus loben, in der letzten Zeit frömmer geworden sind“.
Quelle: religion.orf.at 


Linz: Bischofsvikar Vieböck weist Wagner-Aussage zurück
Gerhard Maria Wagner, Pfarrer von Windischgarsten, nennt katholische Kirche in Österreich einen "Saustall"

Linz, 12.12.2014 (KAP) Der Linzer Bischofsvikar Wilhelm Vieböck hat den Vorwurf des umstrittenen Windischgarstner Pfarrers Gerhard Maria Wagner, die Kirche in Österreich sei ein "Saustall", zurückgewiesen: "Ich finde es erschreckend, dass Pfarrer Wagner das drastische Wort 'Saustall' für die ganze Kirche in Österreich verwendet", so Vieböck in einer Stellungnahme, die die Diözese am Freitag veröffentlichte. Wagner hatte sich am Freitag im Rahmen der Präsentation seines Buches "Himmel oder Hölle - Sieben Tage mit Pfarrer Dr. Gerhard Maria Wagner" in Linz betont kritisch zum Zustand der katholischen Kirche in Österreich geäußert.

Diese Einstellung qualifiziere Wagner nicht gerade für höhere kirchliche Ämter und disqualifiziere sich von selbst, nahm Vieböck indirekt Bezug auf Wagners umstrittene Ernennung zum Weihbischof von Linz Ende Jänner 2009. Bereits zwei Wochen später hatte dieser als "ernannter Weihbischof von Linz" um Rücknahme seiner Ernennung bei Papst Benedikt XVI. gebeten, der schließlich am 19. Februar 2009 stattgegeben wurde.

Laut Wagner sei die Kirche in Österreich in einem Spannungsfeld zwischen der Lehre des Glaubens und der Praxis. "Wenn das Durcheinander so groß wird, dann muss man das zur Sprache bringen", sagte der Pfarrer von Windischgarsten bei der Buchpräsentation. Dennoch sehe er sich als Teil dieser Kirche, die er "sehr liebt". Für Vieböck sind die Aussagen Wagners angesichts des Bemühens in der Diözese, qualitätsvolle Arbeit zu leisten, zurückzuweisen. "In unseren pastoralen Leitlinien und im Schwerpunkt 'LebensZEICHEN' werden wir durch die Akzente von Papst Franziskus, zum Beispiel im Schreiben 'Evangelii Gaudium', ermutigt", so der Pastoralamtsleiter in seiner Stellungnahme.

Konkret kritisierte Wagner etwa, dass das Beichtsakrament in vielen Gemeinden tot sei. Wortgottesdienste hätten eine Eigendynamik bekommen, die ihn wirklich störe. Er verstehe zudem die Konkurrenz im Verhältnis von Laien und Geistlichen nicht, so Wagner. "Wie kommt es, dass heute Priester Angst vor der Pfarrgemeinderatssitzung haben? Da stimmt doch etwas nicht." Er habe aber bisher nicht den Eindruck gehabt, dass seine Meinung in Linz sonderlich gefragt ist. Den heimischen Diözesen attestierte der Pfarrer "schon ein bisschen eine Oligarchenwirtschaft", viele Bischöfe stünden alleine da.

Im nun erschienenen Buch, für das Autor Norbert Blaichinger sieben Tage mit Wagner verbracht hat, nimmt der streitbare Geistliche zu verschiedenen Themen Stellung. Dabei wird der Umgang mit Homosexualität genauso thematisiert wie das neue Pontifikat: Er freue sich, dass es dem neuen Papst von Anfang an gelungen sei, auf der weiten Welt Sympathie und Vertrauen zu wecken, wird er im Buch zitiert. Aber: "Ich merke nichts davon, dass die Kirchen voller werden, die Leute mehr beichten gehen und alle, die Papst Franziskus loben, in der letzten Zeit frömmer geworden sind."
Kathpress >>


Himmel oder Hölle?
Pfarrer Gerhard Maria Wagner im siebentägigen Interview, zusammengefasst in kontroversem Buch.(Edition Innsalz).
Einige Provokationen von Gerhard Maria Wagner auf ots.at >>

Sonntag, 14. Dezember 2014

Zeugnis ablegen für das Licht

Adventliche Menschen
spüren – wie Johannes der Täufer –
ihren Hunger nach Gerechtigkeit
sie lassen sich inspirieren
durch prophetische Hoffnungsworte
die Durststrecken benennen
und trotzdem vom Blühen der Wüste sprechen

Adventliche Menschen
lassen sich bewegen – wie Johannes der Täufer –
von den aufgebrochenen Lebenswelten
die Menschen in große Not führen
sie erkennen Betlehem als „Haus des Brotes“
das sich im solidarischen Teilen ereignet

Adventliche Menschen
schöpfen Kraft aus der Stille – wie Johannes der Täufer –
um mit neuem Elan
Gott in sich träumen zu lassen
von einer gerechteren Welt
in der alle gesättigt sind

Pierre Stutz, Der Stimme des Herzens folgen,
Verlag Herder, Fr. i. Br. 2005, 370.

Freitag, 12. Dezember 2014

Die Familiensynode geht in die zweite Runde

Vatikan veröffentlichte neuen Familien-Fragebogen
Der Vatikan hat am Dienstag einen Fragebogen mit 46 Fragen an Katholiken der ganzen Welt veröffentlicht. Er sei in Hinblick auf die für Oktober 2015 geplante Synode entworfen worden, so der Vatikan.
("Lineamenta" auf Italienisch, englische Übersetzung und deutsche Arbeitsübersetzung von Wir-sind-Kirche.de).

Der Fragebogen ist Teil des 26-seitigen ersten Vorbereitungsdokuments zur Bischofssynode im kommenden Herbst, der „Lineamenta“. Das Dokument wird jetzt den Bischofskonferenzen zugesandt. Die 46 Fragen drehen sich um Ehe, Familie und Sexualität. Der andere Teil ist das Abschlussdokument der zurückliegenden Synode (Außerordentliche Synode).

Die Synode wird von 4. bis 25. Oktober 2015 im Vatikan tagen. Es handelt sich dabei um die zweite Versammlung der Kirchenväter nach der außerordentlichen Bischofssynode zur Familienpastoral, die Papst Franziskus im Oktober einberufen hat. 2015 wird die „Berufung und die Mission der Familie und der Kirche in der heutigen Welt“ das Thema sein.

Geschiedene und Homosexualität Themen
Der Fragebogen, der in den nächsten Tagen und Wochen an die Bischofskonferenzen der einzelnen Länder ergeht, befasst sich unter anderem mit der Thematik wiederverheirateter Geschiedener und der Homosexualität. „Wie widmet die Christengemeinschaft ihre Aufmerksamkeit Familien, die Mitglieder mit homosexuellen Neigungen haben? Wie kann man sich um Personen in derartigen Situationen kümmern und dabei jegliche ungerechte Diskriminierung vermeiden?“, lautet etwa die Frage Nummer 46, wie die APA am Dienst vermeldete.

Der Fragenkatalog solle verhindern, dass Bischöfe „ihre eigenen Vorstellungen von einer Seelsorge als reiner Anwendung der Lehre“ äußerten, die nicht die Folgerungen der Außerordentlichen Bischofssynode berücksichtige, hieß es vom Vatikan. Er solle den „nötigen Realismus“ fördern.

Behandlung auf Diözesen-Ebene
Der Vatikan überlässt es den einzelnen Bischofskonferenzen, in welchem Umfang sie bei der Beantwortung der Fragen die Gläubigen in den Diözesen einbeziehen. Die Bischofskonferenzen könnten „geeignete Wege wählen, um die Rezeption und die Vertiefung des Abschlussdokuments der zurückliegenden Synode sicherzustellen“, heißt es. Hierbei könnten auch akademische Einrichtungen, ortskirchliche Organisationen, Laienvereinigungen und andere kirchliche Instanzen beteiligt werden.

„Da die nächste Vollversammlung der Bischofskonferenz erst wieder im März stattfindet, wird unter den Bischöfen noch geklärt, wie die Kirche in Österreich mit dieser Vorgabe umgeht“, sagte der Wiener Erzbischof am Dienstag. Klar sei allerdings schon jetzt, „dass die Behandlung des Fragebogens und die Befassung mit dem Synodenthema wieder primär auf Ebene der Diözesen erfolgen wird“.

Der Fragenkatalog spiegelt den bisherigen Diskussionsstand nach der Bischofssynode wieder und enthält keine wesentlichen Neuerungen. Mit Blick auf den kirchlichen Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen wird erneut festgehalten, dass eine vertiefte Prüfung der Praxis einiger orthodoxer Kirchen notwendig sei, welche die Segnung einer zweiten Ehe kennen.

Neue Vorgehensweise
Beim Thema Homosexualität werden, anders als in der ersten Umfrage, nicht mehr ausdrücklich gleichgeschlechtliche Partnerschaften thematisiert. Vielmehr geht es um die Pastoral für Familien, zu denen Personen mit homosexuellen Neigungen gehören. Die Fragen beziehen sich auf die jeweiligen thematischen Abschnitte des Abschlussdokuments. Es ist das erste Mal, dass eine Bischofssynode auf diese Weise vorbereitet wird.

Der ausgesandte Fragebogen soll nach dem Wunsch von Papst Franziskus „bis an die Basis“ verbreitet werden. Mehr als 30.000 Österreicher hatten den Familien-Fragebogen des Vatikans zu Ehe- und Familienthemen im vergangenen Jahr ausgefüllt. Insgesamt hatte sich eine hohe Zustimmung zu Ehe und Familie, aber auch eine große Diskrepanz in Fragen wie Empfängnisregelung oder dem kirchlichen Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen gezeigt.
Religion.orf.at >>


Zweite Familiensynode soll auf bisherigen Beratungen aufbauen
Die pastorale Wende, Teil II
Die Familiensynode geht in die zweite Runde: Nach dem ersten, vorbereitenden Bischofstreffen im Herbst bereitet sich der Vatikan nun auf das zweite im Oktober 2015 vor. Der begonnene Weg der "pastoralen Wende" soll fortgesetzt werden.
Domradio.de >>

Papst Franziskus bei Generalaudienz:
Synode war weder Parlament noch Sportereignis
Streit auf der Suche nach dem Willen Gottes ist kein Übel, sondern ein Zeichen der Freiheit der Kirche. Das sagte Papst Franziskus an diesem Mittwoch (10.12.) während der Generalaudienz, er sprach über die Versammlung der Bischofssynode im zurück liegenden Oktober und begann damit eine neue Katechesereihe zum Thema Familie.
„Während der Synode haben die Medien ihre Arbeit gemacht – es gab ja viel Erwartung und Aufmerksamkeit – und wir danken ihnen, denn sie haben es sehr ausführlich gemacht, so viele Berichte, so viele! Das war möglich Dank des Pressesaales, der jeden Tag eine Pressekonferenz gehalten hat. Aber oft war der Blick der Medien ein wenig wie eine Sportreportage oder ein politischer Bericht: Es wurde über zwei Gruppen gesprochen, pro und contra, Konservative und Progressive, und so weiter. Ich möchte heute kurz berichten, was bei der Synode passiert ist.“
Weiterlesen auf Radio Vatikan >>    (Auch zum Anhören)

Vatikanbank sperrt Konten ehemaliger Manager

Das IOR erstattet Anzeige gegen zwei ehemalige Manager
Das Institut für Religiöse Werke (IOR, allgemein auch „Vatikanbank“ genannt) hat Anzeige gegen zwei ehemalige Manager und einen Rechtsanwalt erstattet. Diese Anzeigen lägen bereits einige Monate vor, bestätigte das IOR an diesem Samstag in einer Pressemeldung. Die Umstände, die zur Anzeige bei den vatikanischen Strafverfolgungsbehörden geführt hätten, hatten zwischen 2001 und 2008 stattgefunden, so die Pressemeldung. Man sei bei der internen Kontrolle aller Konten und Finanzvorgänge auf sie gestoßen. Der zuständige Staatsanwalt des Vatikan (Promotor Iustitiae) habe bereits das Einfrieren der Konten der Betroffenen veranlasst. Man sei sehr froh, dass der Vatikan entschieden handele, kommentierte der Präsident des IOR, Jean-Baptiste de Franssu, den Vorgang.
Radio Vatikan >>


Vatikanbank erstattet Anzeige gegen ehemalige Manager
Anzeige betrifft Vorgänge im Zeitraum von 2001 bis 2008I- IOR-Chef Franssu: Sind froh, dass vatikanische Autoritäten mit Entschiedenheit vorgehen
Kathpress >>


Ermittlungen gegen ehemalige Manager der Vatikanbank
Die Vatikanbank hat wegen Untreuevorwürfen die Konten von früheren Managern einfrieren lassen. Bei internen Kontrollen seien verdächtige Vorgänge aus den Jahren 2001 und 2008 aufgefallen, teilte die Bank mit.
Religion.orf.at >>

Donnerstag, 11. Dezember 2014

Jesuit P. Waldenfels: Papstgebet in Moschee war Positivsignal

Jesuit P. Waldenfels: Papstgebet in Moschee war Positivsignal
"Franziskus relativiert mit seinen Gesten und seinen lockeren Worten auch den Stellenwert der Theologie" - Gemeinsame Erklärung von Papst Franziskus und Patriarch Bartholomaios nach Waldenfels' Worten "enttäuschend"

Düsseldorf, 04.12.2014 (KAP) Der Jesuit P. Hans Waldenfels hat das Gebet von Papst Franziskus in der Blauen Moschee als wichtiges Signal begrüßt. "Auf Muslime wirken solche Gesten positiv und verbessern die Atmosphäre", sagte der emeritierte Bonner Fundamentaltheologe am Donnerstag der deutschen katholischen Nachrichtenagentur KNA in Essen. Nun bleibe abzuwarten, ob die Türkei im Gegenzug den Christen mehr Freiräume gewähre und etwa die Ausbildung von Priestern zulasse.

Nach den Worten von Waldenfels hat der Papst bei seiner Türkeireise am vorigen Wochenende mit seinem persönlichen inneren Gebet in der Blauen Moschee in Istanbul großen Respekt vor einem Ort bekundet, an dem gebetet werde. "Die Frage, ob der Papst nun 'bei' oder 'mit' den Muslimen gebetet hat, ist theologisch genauso spitzfindig wie die Frage, ob Muslime und Christen zum selben Gott beten", so der Jesuit.

Der islamische Glaubenssatz "Es gibt keinen Gott außer Gott" gelte auch für Christen, denn "Gott ist Gott", so Waldenfels. Die Vorstellungen der Menschen von Gott unterschieden sich jedoch. Trotz der Unterschiede gelte aber: "Beten kann man überall."

Nach Ansicht von Waldenfels relativiert Franziskus mit seinen Gesten und seinen relativ lockeren Worten den Stellenwert der Theologie. Die Glaubenspraxis und Frömmigkeit des Volkes stünden bei ihm über der theologischen Debatte. "Theologie, die nicht Praxis wird, taugt aus seiner Sicht nichts", sagte der Ordensmann. Das habe man hierzulande noch nicht hinreichend begriffen.

Enttäuscht zeigte sich Waldenfels über die gemeinsame Erklärung von Papst Franziskus und dem orthodoxen Patriarchen von Konstantinopel, Bartholomaios I. Diese habe wie frühere Erklärungen nur den Willen zur Einheit betont und nicht Neues gebracht.
Kathpress >>

http://www.hans-waldenfels.de/

Papst bei fliegender Pressekonferenz:

„Habe in der Moschee für den Frieden gebetet“
Radio Vatikan >>

Mittwoch, 10. Dezember 2014

Vatikan entdeckt Hunderte Millionen auf Geheimkonten

„Um Vatikan-Finanzen steht`s besser als erwartet“
„Um die Finanzen des Vatikans steht es erheblich besser als erwartet.“ Das sagt der Präfekt des neuen vatikanischen Wirtschaftssekretariats, Kardinal George Pell, im Gespräch mit dem „Catholic Herald“. Zwar müsse der vatikanische Pensionsfonds „in den nächsten zehn oder fünfzehn Jahren gestärkt werden“, doch habe „der Heilige Stuhl keine Schwierigkeiten damit, seine Rechnungen zu begleichen“. Tatsächlich habe seine Überprüfung des Ist-Stands der Vatikan-Finanzen ergeben, „dass die Lage viel gesünder war, als sie ursprünglich wirkte“. In einzelnen Bereichen seien „mehrere hundert Millionen Euro beiseitegelegt worden“, die in der Haushaltsbilanz nicht aufgeführt seien. Allerdings sei es schwierig, gegen einen „sehr entwickelten Unabhängigkeitssinn in einzelnen Vatikan-Abteilungen“ anzukämpfen, so der aus Australien stammende Kurienkardinal. Mittlerweile aber hätten die „Finanzeinrichtungen des Vatikans“ aus seiner Sicht „neue Strukturen und Organisationen, die die Arbeit transparent machen“.
Radio Vatikan >>

Vatikan ist „Hunderte Millionen Euro“ reicher
Der Vatikan steht finanziell viel besser da als gedacht. Jetzt wurden etliche Millionen Euro entdeckt, die auf Unterkonten abseits der Bilanz schlummerten. Ab 2015 soll ein externer Berater für mehr Transparenz sorgen.
FAZ >>

Kardinal Pell: Hohe bisher unbeachtete Rücklagen im Vatikan
"Vatikan ist Hunderte Millionen Euro reicher als gedacht"
Kathpress >>


We’ve discovered hundreds of millions of euros off the Vatican’s balance sheet, says cardinal
Cardinal George Pell offers candid account of financial reforms in an exclusive article in the first issue of the new Catholic Herald magazine
Catholic Herald >>

Dienstag, 9. Dezember 2014

Papst Franziskus gibt erneut ausführliches Interview (Dez. 2014)

Rede und Antwort
Papst Franziskus hat erneut ein ausführliches Interview gegeben, dieses Mal äußerte er sich zu Frauen in der Kirche, zur Familiensynode, zu Wiederverheirateten und auch zu den Personalentscheidungen der vergangenen Wochen. Ein Überblick auf domradio.de.

Papst Franziskus hat sich in der Debatte über den kirchlichen Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen gegen eine Verengung auf die Frage des Kommunionempfangs gewandt. In einem Interview mit der argentinischen Zeitung "La Nacion" vom Sonntag ließ er seine eigene Position zugleich weiter offen. "Das allein kann keine Lösung sein, die Lösung ist die Integration", sagte er. Konkret regte Franziskus an, etwa den Ausschluss von wiederverheirateten Geschiedenen vom Patenamt oder vom Dienst des Kommunionhelfers zu überdenken. Die Betreffenden seien nicht exkommuniziert, praktisch würden sie jedoch so behandelt, beklagte er.

Zum Vorschlag des deutschen Kardinals Walter Kasper, den bisherigen Ausschluss wiederverheirateter Geschiedener von der Kommunion zu überdenken, sagte der Papst, Kasper habe Thesen aufgestellt, die "einige Theologen" erschreckt hätten. Sie hätten eine Zulassung zur Eucharistie abgelehnt, gleichzeitig jene zur sogenannten geistlichen Kommunion jedoch befürwortet. Wörtlich fuhr der Papst fort: "Sag mir: Braucht man die Gnade Gottes nicht, um die geistliche Kommunion zu empfangen?"

Frauen in Kurienämtern

Papst Franziskus kann sich auch eine Frau oder ein Ehepaar als Verantwortliche für Familien oder Laien in der Kirchenleitung vorstellen. An der Spitze einer Kongregation müsse allerdings stets ein Kardinal bleiben, sagte er in dem Interview. Die Kurienbehörden für Familien und Laien müssten kompetenten Personen geleitet werden; dies könnten Männer, Frauen oder Ehepaare sein, so Franziskus.

Kardinal Oscar Rodriguez Maradiaga hatte jüngst den Vorschlag geäußert, dass auch ein Ehepaar künftig für Familienfragen zuständig sein könnte. Maradiaga, der einen vom Papst eingesetzten Kardinalsrat für die Kurienreform leitet, ließ jedoch offen, um welche Art von Einrichtung es sich handeln soll. Der Kardinalsrat berät derzeit über eine Neustrukturierung der Ministerien.

Die vatikanischen Ministerien sind in Kongregationen und Päpstliche Räte unterteilt. Die Kongregationen sind für die kirchlichen Kernaufgaben zuständig und haben jurisdiktionelle Befugnisse, etwa für Priester, Bischöfe, die Glaubenslehre oder den Gottesdienst. Päpstliche Räte hingegen sind in erster Linie Einrichtung zur Förderung bestimmter Themen, etwa Familie oder Ökumene.

Bischofssynode

Eine Bischofssynode ist nach Worten von Papst Franziskus "kein parlamentarischer Prozess, sondern ein geschützter Raum". Es sei wahr, dass es während des Bischofstreffens zur Familie im Oktober im Vatikan unterschiedliche Positionen gegeben habe, sagte er in dem Interview. Dabei sei es um ein "Stadium des Suchens nach der Wahrheit" gegangen. Für jene Teilnehmer, die in ihren Positionen sehr festgelegt seien, müsse man beten, dass der Heilige Geist sie wandle, so Franziskus.

Indirekt verteidigte der Papst damit auch die Entscheidung, die Redebeiträge der Bischöfe während der Synode nicht wie bisher zu veröffentlichen. Dies war von einigen Teilnehmern als mangelnde Transparenz kritisiert worden. Franziskus stellte zugleich klar, dass die Bischofssynode beim Thema Homosexualität nicht in erster Linie über Lebensgemeinschaften gesprochen habe. Eigentlicher Gegenstand sei vielmehr der Umgang von Familien mit ihren homosexuellen Kindern gewesen.

Kurienreform

Auch auf die Kurienreform ging der Papst ein. Dieser sei ein langsamer Prozess, der 2015 wohl noch nicht abgeschlossen sein werde. Ihm sei aber noch viel mehr die spirituelle Reform ein Anliegen, die Reform der Herzen. Er halte die Meinungsverschiedenheiten in diesem Prozess für unproblematisch. Die Reform der Kurie sei von den Kardinälen in den Generalkongregationen beim Vorkonklave beschlossen worden. Er kündigte er an, dass er neben dem traditionellen Weihnachtsempfang für die römische Kurie – an der bisher faktisch nur die Behördenleiter teilnahmen – auch eine Audienz für alle Angestellten des Vatikan in der Audienzhalle des Vatikan plane.

Entlassung des Schweizergarde-Chefs

Papst Franziskus ist Spekulationen entgegengetreten, er habe den Kommandanten der Schweizergarde, Daniel Anrig, wegen überzogener Strenge entlassen. "Nein, gewiss nicht", antwortete er in dem Interview auf die entsprechende Frage. Es handle sich um einen "ganz normalen Wechsel. Da gibt es nichts Merkwürdiges", so Franziskus. Ebenso wies er Mutmaßungen zurück, die neu renovierte Wohnung des Kommandanten sei ihm zu großzügig gewesen. Er verwies darauf, dass der Kommandant vier Kinder habe.

Franziskus erklärte, er sei nach einem Besuch des Quartiers der Schweizergarde zu der Auffassung gekommen, dass eine "Erneuerung" gut tun würde. "Niemand ist ewig." Franziskus würdigte Anrig als "exzellente Persönlichkeit" und "guten Katholiken". Er habe sich nichts zuschulden kommen lassen.

Der Vatikan hatte vergangene Woche mitgeteilt, Anrig gebe auf Verfügung des Papstes am 31. Januar die Leitung der Schweizergarde ab. Der 42-jährige stand seit 2008 an der Spitze der 110 starken päpstlichen Wachtruppe. Franziskus sagte weiter, die fünfjährige Amtszeit Anrigs sei eigentlich zwei Monate nach der Papstwahl im März 2013 abgelaufen. Er habe damals keine endgültige Entscheidung fällen wollen, sondern das Mandat Anrigs vorläufig verlängert.

Versetzung Kardinal Burkes

Papst Franziskus hat auch Deutungen widersprochen, er habe Kurienkardinal Raymond Leo Burke wegen dessen Äußerungen während der Bischofssynode strafversetzt. Er habe Burke schon lange vor der Synode den Vorschlag gemacht, von der Spitze des obersten vatikanischen Gerichtshofs zum Malteserorden zu wechseln, erklärte der Papst.

Der US-Amerikaner Burke hatte sich während der Bischofssynode über die Familie im Oktober mit deutlichen Worten gegen Änderungen in der kirchlichen Praxis gegenüber wiederverheirateten Geschiedenen oder Homosexuellen ausgesprochen. Der 66-Jährige gilt als einer der profilierten Vertreter des konservativen Flügels im Kardinalskollegium.

Der Papst hatte Burke, seit 2008 Präfekt der Apostolischen Signatur, im November zum Kardinalpatron des Malteserordens ernannt. Dies war von machen Medien als Strafversetzung gedeutet worden. Burke sei eines Tages zu ihm gekommen und habe ihn gefragt, warum er in seinem Amt noch nicht bestätigt worden sei, berichtete Franziskus in dem Interview. Er, der Papst, habe darauf verwiesen, dass sein Kardinalsrat für die Kurienreform noch nicht über eine Neustrukturierung der vatikanischen Gerichte befunden habe. Dann habe er die Anfrage des Malteserordens nach einem neuen Kardinalpatron erhalten. Da sei ihm Burke in den Sinn gekommen, weil dieser sich als US-Amerikaner in dem Ambiente bewegen könne.

Gesundheit und Reisepläne

Über seine Wahl zum Papst sagt Franziskus, er habe sich damals geschworen "Jorge, verändere Dich nicht, bleib wie Du bist und sei Du selbst. Denn in deinem Alter sich zu ändern ist lächerlich." Auch seine Gesundheit war Thema des Interviews: Er habe die altersüblichen Beschwerden, aber er sei in der Hand Gottes, und bis jetzt habe er sein Arbeitspensum gut erfüllen können. Außerdem habe ihm Gott, was seine Gesundheit angeht, eine "gesunde Portion Gewissenlosigkeit" geschenkt, so der Papst ironisch.

2016 wolle er vielleicht nach Argentinien reisen, 2015 seien bereits drei Reisen geplant: eine nach Lateinamerika und zwei nach Afrika. Er kündigte an, im kommenden Jahr auch keine argentinischen Politiker in Privataudienz empfangen zu wollen, um die anstehenden Wahlen nicht zu beeinflussen.

Das Interview war nach Angaben der Zeitung am Donnerstag im vatikanischen Gästehaus Santa Marta geführt worden. Die Vatikan-Korrespondentin von "La Nacion", Elisabetta Pique, ist eine persönliche Bekannte des Papstes.
Quelle: Domradio.de >>


Papst spricht in neuem Interview über Synode, Kasper und Burke
Franziskus gab ihm gut bekannter argentinischer Journalistin langes Interview - Kirchlichen Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen nicht auf Frage des Kommunionempfangs verengen
Kathpress >>


Francisco: "Dios me da una sana dosis de inconsciencia"
En la primera entrevista con un medio latinoamericano, habló de la familia, los divorciados vueltos a casar, la reforma de la curia y la Argentina
La Nacion >>

Pope Francis: "God has bestowed on me a healthy dose of unawareness"
In his first interview with an argentine newspaper, he spoke of the challenges of the Catholic Church: family, reform of the Curia, gay marriage and divorce
La Nacion >>

Montag, 8. Dezember 2014

Wie Maria Vertrauen haben

Wie Maria
sich nicht verschließen
nicht nach Erklärung fragen,
Vertrauen haben.

Wie Maria
sich öffnen,
an sich geschehen lassen, was geschehen soll.
Gott einlassen.

Wie Maria
ein weites Herz haben,
das Wort in sich bewahren,
sich nicht fürchten vor dem, was kommt.

Johannes Kuhn, Kleine Weihnachtspredigt des Franz von Assisi,
in: Gott ist im Kommen, Impuls- und Meditationstexte
(nicht nur) zum Advent, Haus der Stille, 21995, 122.

Freitag, 5. Dezember 2014

Bischof, tu was!


Kleine Reformen reichen nicht, schrieb Christiane Florin im Leitartikel der vergangenen Woche. Es braucht eine neue Theologie. Stimmt schon, erwidert der Theologe Magnus Striet aus Freiburg. Nur bedarf es dazu eines Solidarpakts der Amtskirche mit der Wissenschaft
Prof. Magnus Striet
Eines hat die außerordentliche Bischofssynode zu Fragen der Familie und Sexualmoral in Rom bereits jetzt erreicht: Sie hat Unruhe in die römisch-katholische Kirche gebracht. Es wird jetzt selbst in bischöflichen Kreisen nicht mehr nur hinter vorgehaltener Hand diskutiert, und das ist auch gut so. Nur stellt sich jetzt die Frage, wie es weitergehen kann – wer Vorschläge zu machen hat und wie dann entschieden wird.

Alois Glück, Vorsitzender des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, hat jüngst die Verantwortung adressiert: „In dieser Situation ist vor allem auch die wissenschaftliche Theologie gefragt, an diesen Fragestellungen konzeptionell zu arbeiten. Den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern möchte ich zurufen: Das ist Ihre Stunde, das ist Ihre Aufgabe, im Geiste der Wissenschaft und der Loyalität zur Kirche, mutig und gründlich! Das gilt ebenso für andere Themen und Aufgabenbereiche. Ich nenne beispielhaft eine Neuordnung der Aufgaben und der Kompetenzen zwischen der Leitung der Weltkirche und den Ortskirchen. Dies kann ein wichtiger Beitrag aus Deutschland zur weiteren Entwicklung sein.“

Nun freut es einen Theologen selbstverständlich, wenn von ihm etwas erwartet wird. Immerhin drückt sich darin eine gewisse Wertschätzung aus. Inwieweit bischöfliche Kreise allerdings eine Theologie wertschätzen, die sich forsch auf Gegenwartsfragen einlässt, veränderte gesellschaftliche und kulturelle Rahmenbedingungen zur Kenntnis nimmt, die vor allem historisch denkt – was heißt: die um die geschichtliche Kontingenz von „Wissen“ und Überzeugungen weiß, ist schwer zu beurteilen. Vernehmen lassen sich derzeit nahezu ausschließlich Stimmen, die keine Notwendigkeit zur Veränderung der Doktrin sehen. Theologischer Neukonzeptionen bedarf es dann nicht. Falls andere Bischöfe anders denken sollten, so schweigen sie. Ein Solidarpakt mit der wissenschaftlichen Theologie von dieser Seite ist jedenfalls nicht zu erkennen.

An theologischen Konzepten fehlt es indes nicht. Seit den Fünfzigerjahren des letzten Jahrhunderts füllen sich die Regalmeter der Bibliotheken. Endlose Diskussionen sind darüber geführt worden, wie die Zuordnung von Weltkirche und Ortskirchen zu begreifen ist. Theologisch ist längst aufgearbeitet, dass das Konzept eines rigoristischen Einheitsamtes eine recht junge Erfindung des 19. Jahrhunderts darstellt. Bezogen auf den in der Kirche herrschenden Reformstau besteht das Problem mithin nicht darin, dass nicht geforscht und gedacht würde, sondern dass Ergebnisse lehramtlich nicht rezipiert werden.

Gleichzeitig wird der fatale Eindruck erweckt, die staatlich finanzierte wissenschaftliche Theologie befände sich seit Jahren im Dornröschenschlaf. Es stimmt allerdings, dass es teilweise erfolgreiche Versuche gab und gibt, die Theologie in diesen Schlaf zu versetzen. Wer jetzt die Theologie ermahnt, muss auch sagen, dass Personen kirchlich sanktioniert wurden. Ich erinnere nur an Regina Ammicht Quinn, der man das „Nihil obstat“ verweigerte, eben weil sie sexualethische Fragen bearbeitet hat. Auch wenn Wiedergutmachung nicht zu leisten ist, so wäre zumindest Redlichkeit angezeigt. Erinnert sei auch daran, dass noch im Jahr 2012 eine Tagung zum Thema „Let’s think about sex“ an der katholischen Akademie der Diözese Rottenburg-Stuttgart abgesagt werden musste.

Und bei dieser Gelegenheit will ich schließlich darauf hinweisen, dass kein anderer als Walter Kardinal Kasper im Jahr 2011 zu den schärfsten Kritikern des Theologenmemorandums gehört hat. Haben wir es etwa einer List der Vernunft zu verdanken, dass einige der damals angemahnten Themen nun doch auf der Agenda der Bischofssynode stehen? Weil sie nicht mehr zu verschweigen sind?

So gesehen ist die Zeit derer gekommen, die nach dem geltenden Recht die primäre Entscheidungsbefugnis in der Kirche haben, man kann auch sagen: die Macht. Es ist die Zeit der Bischöfe! Wenn immer wieder die Selbstakademisierung der eigenen Glaubenstraditionen und die Ausbildung des Kirchenpersonals an staatlichen Universitäten gefordert werden, läuft dies auf ein reines Lippenbekenntnis hinaus, falls nicht auch die Bereitschaft erkennbar wird, offen zu diskutieren und sich auch kontroversen theologischen Debatten zu stellen. Schon aus Gründen der intellektuellen Neugierde würden sich die allermeisten Theologinnen und Theologen diesen Diskussionen kaum entziehen. Vermutlich würden sie sich dann aber auch nicht einfach der Amtsautorität fügen, sondern Argumente einfordern.

In der römisch-katholischen Kirche wird seit einigen Jahrzehnten das Märchen von Hase und Igel gespielt: Wer das Evangelium von dem Gott, der Menschen zu ihrer Freiheit ermutigt, auf konkrete Fragen bezieht, rennt in die stacheligen Arme des Amtsigels, der im geschliffenen Pastoraljargon verkündet: „Gut gerannt, aber das ist Anpassung an den Zeitgeist!“ – „Diktatur des Relativismus“ und „Wider die göttliche Schöpfungsordnung“ sind synonyme Schlagworte, was nur zeigt, dass immer noch nicht erlernt ist, was Freiheit meint: sich selbst ein Gesetz zu sein und nicht auf etwas Vorgeordnetes schielen zu dürfen. Aber auch nicht zu müssen. Das darf gelebt werden, was andere Menschen nicht zum Mittel eigener Bedürfnisse degradiert.

Eine solche Freiheit ist anspruchsvoll, sich selbst und anderen gegenüber. Und sie ist kritisch gegenüber dekretierenden Normvorstellungen, die zudem ihre Herkunft aus patriarchalen Sozialstrukturen, die nicht mehr die einer modernen Gesellschaft sind, kaum übersehen lassen.

Soziologisch betrachtet, hat dieser Wandel von einer akzeptierten dekretierenden Moral hin zu einer Autonomiemoral längst auch innerkirchlich stattgefunden. Selbst in sich selbst als konservativ-katholisch beschreibenden Kreisen dürfte das Verbot künstlicher Empfängnisverhütung nur eingeschränkt akzeptiert sein. Man gewinnt den Eindruck, dass alle – wo auch immer sie sich kirchlich verorten – in den letzten Jahren Autonomie erlernt haben. Anders ist nicht zu erklären, dass Theologen und kirchliche Würdenträger, die vor Kurzem noch unbedingte Loyalität gegenüber dem kirchlichen Lehramt einforderten, nun hinter vorgehaltener Hand oder gar offen einen neuen Papst fordern, weil ihnen der Kurs des jetzigen nicht passt.

Die Basis allerdings scheinen diese theologischen Auseinandersetzungen immer weniger zu scheren. Auf ewig bleibt niemand vor einer roten Ampel stehen, wenn er auf die andere Seite muss und auch nicht einsieht, was dagegenstehen könnte. Da rennt man respektive frau lieber auf anderen Wegen, ignoriert den Igel – nimmt sich die Freiheit. Bildung hat noch nie geschadet. Und so kann ich mir auch nicht vorstellen, dass die, die keine Anerkennung im Raum der Kirche erfahren, weil sie entgegen der Doktrin leben, sich von einer Barmherzigkeitsrhetorik umgarnen lassen.

Sollte man in Bezug auf Menschen nicht überhaupt besser von Warmherzigkeit sprechen? Wer für sich beansprucht, barmherzig zu sein, denkt immer noch aus einer hierarchisierenden Perspektive und läuft Gefahr, sich zu sicher zu wähnen in der Unterscheidung von Richtig und Falsch. Vielleicht hält der Barmherzigkeitsbegriff davon ab, sich selbst infrage zu stellen und darauf aufzumerken, dass das, was man schmallippig mit Barmherzigkeit, und das heißt: vermeintlich ungeschuldet toleriert, schon lange Anerkennung verdient.

Aus theologisch-konservativen Kreisen ist gegenwärtig etwa immer wieder zu hören, an der Unauflöslichkeit der Ehe dürfe nicht gerüttelt werden. Die Debatte an diesem Punkt anzusetzen ist grundfalsch, weil ihr ein verrechtlichtes und deshalb falsches Verständnis dessen zugrunde liegt, was „sakramental“ meint. Besser müsste man sagen, was „sakramental“ heißen kann, wenn das Wesen einer Partnerschaft darin besteht, dass Menschen sich frei füreinander entscheiden, verantwortungsvoll – liebevoll. Und was Mann und Frau füreinander können, das können auch gleichgeschlechtlich orientierte Menschen. Um dies überhaupt tun zu können, bedarf es im Übrigen auch keines Gottes. Dazu reicht, dass der Mensch Mensch sein will, sich und den anderen Menschen in seinen Sehnsüchten ernst nimmt.

Wenn Menschen so ihre Beziehung leben, sie sie in den Horizont „Gott“ stellen, so geschieht, was der Begriff „sakramental“ zu umschreiben versucht. Sie überantworten in diesem Moment das, was ihnen gelingt – aber auch scheitern kann, dem, das heißt Gott, der alle Möglichkeiten hat zu vollenden, was Menschen begonnen haben. Und das wird sehr viel sein. Denn alles, was Menschen leben und versprechen, bleibt fragmentarisch. Wer dies bestreitet, hat sich noch nie auf einen anderen Menschen eingelassen. Und Menschen verantworten dies auch nur begrenzt; das Leben, eigene Möglichkeiten – Erwartungen sind kompliziert.

Alles ist begrenzt. Vom biologischen Tod ganz zu schweigen. Aber es gibt eben auch den Tod davor, den Tod von Möglichkeit: Niemand liebt, weil er muss oder dies einmal versprochen hat. Die Gefühlswelt ist komplizierter, weniger zu kontrollieren, als dies eine in Rechtskategorien denkende Theologie meint. Eine solche Theologie wird nicht nur der Realität nicht gerecht; sie reicht auch nicht heran an die Praxis Jesu.

Historisch betrachtet hat zumindest eine sehr dominante Theologietradition dem Menschen nie viel Freiheit zugetraut, dafür immer wieder betont, wie stark der Mensch von der Versuchung durch die Sünde bestimmt sei. Nur im Fall von Sexualität und Ehe soll der Mensch dann aber vollkommen frei über sich verfügen können. Unaufgeklärter kann man nicht über Liebe reden. Man scheint sich nur anstrengen zu müssen. Im gesellschaftlichen Fitnesswahn unterliegt der Körper dem freien Willen, man muss eben trainieren, um gesund zu bleiben – im katholischen Eherecht ist es die Liebe, die eine Frage der Anstrengung ist.

Aber man muss das eingeübte Kirchenvokabular nicht verengt lesen. Man kann auch anders. Und zwar aus der Perspektive eines Gottes, der Freiheit will, sich an ihr erfreut, der aber auch um die Grenzen des Menschen weiß. Deshalb heißt es ja auch im Eheversprechen: Bis dass der Tod uns scheidet. Keinem anderen als Gott wird in diesem Augenblick des Glücks das gemeinsame Leben überantwortet, das doch in jedem Fall eine Grenze erfahren wird, die des Todes. Aber es gibt auch den Tod vor dem biologischen Tod. Im Hinblick auf das Scheitern von Beziehungen bedeutet dies: Es wird auf Gott gehofft, dass er das gewollte und dann doch gescheiterte gemeinsame Leben zu einem versöhnlichen Ende führt. Scheitern ist nie schön, und es geht auch nicht darum, nun die fröhliche Wissenschaft einer Theologie zu betreiben, in der die Rede von Schuld nicht mehr vorkommt. Aber einen menschlichen Ort findet diese Rede erst, wenn der Realismus des Lebens anerkannt wird.

Als Jesus sich in die Frage einmischte, wie es mit der Treue stehe, dauerte ein gemeinsames Leben im Normalfall ein bis zwei Jahrzehnte. Von der Alterserwartung her kann eine Beziehung heute leicht 50 Jahre und mehr erreichen. Die Gnade des medizinischen Fortschritts, der Umbau der gesellschaftlichen Verhältnisse und die Egalisierung der Rechte von Mann und Frau in den Gesellschaften, die auf Freiheit, Gleichheit und Geschwisterlichkeit setzen, kann nicht am Komplex der Beziehungsführung vorübergehen. Das Scheitern einer Beziehung gab es schon immer. Heute allerdings ist es gesellschaftlich akzeptiert, so schmerzlich es auch häufig für alle Betroffenen ist.

Dass Menschen nicht noch einmal Neues riskieren dürfen, stattdessen vereinsamen sollen, um sich unter den Zeichen von Brot und Wein von Gott beschenken lassen zu dürfen, lässt sich wohl kaum mit dem eben skizzierten Verständnis von sakramentaler Ehe – unter den Bedingungen gegenwärtigen Wissens um die Pluralität sexueller Orientierung gesagt: von sakramentaler Partnerschaft – vereinbaren. Damit sei keinem Laisser-faire das Wort geredet. Auch das gibt es. Allerdings wird sich, wer so lebt, von keiner Theologie beeindrucken lassen.

Ein Großteil der wissenschaftlichen Theologie ist ortlos geworden, weil sie innerhalb der Kirche kaum rezipiert wird. Allerdings verantwortet sie dies nicht allein. Wo sie rezipiert wird, schärft sie die Wahrnehmung – und verstärkt bei vielen Menschen das Kopfschütteln über das, was als Lehre gilt. Vorwerfen muss man das nicht der Theologie. Man muss es ändern. Es ist tatsächlich Zeit für Theologie, aber auf allen Ebenen.

Magnus Striet ist Professor für Fundamentaltheologie an der Universität Freiburg im Breisgau.
Quelle: Christ und Welt 

Donnerstag, 4. Dezember 2014

Papst ermuntert in „Bildung der Getauften“ zu investieren „und die Mitarbeiter sorgfältig auszuwählen“

Papst empfängt Schweizer Bischöfe
Papst Franziskus ermuntert die Schweizer Bischöfe, den Laien ihren gebührenden Platz in der Kirche einzuräumen. Das sagte er ihnen an diesem Montag in einer – schriftlich übergebenen – Ansprache. Nachdem er zunächst die „lange christliche Tradition“ der Schweiz und die „positive Rolle der Kirchen im sozialen Bereich“ gelobt hatte, ermunterte er die eidgenössische Bischofskonferenz, „den Glauben in eurem Land lebendig zu erhalten“. Dazu brauche es Priester und Ordensleute, aber eben auch eine gute „Zusammenarbeit zwischen Priestern und Laien“.

„Die Sendung der Laien in der Kirche hat einen bedeutenden Stellenwert, denn sie tragen zum Leben der Pfarreien und der kirchlichen Einrichtungen bei“, so der Papst wörtlich. Es sei „gut, ihr Engagement zu würdigen und zu unterstützen, allerdings unter klarer Wahrung des Unterschieds zwischen dem gemeinsamen Priestertum der Gläubigen und dem Priestertum des Dienstes“. Der Papst ermuntert, in die „Bildung der Getauften“ zu investieren „und die Mitarbeiter sorgfältig auszuwählen“. Das mache es den Laien möglich, „sich tatsächlich in der Kirche einzugliedern“ und „in ihr ihren Platz einzunehmen“.
Radio Vatikan >>   (Mit der gesamten Rede im Wortlaut)

Mittwoch, 3. Dezember 2014

Papst Franziskus für engere Zusammenarbeit mit Evangelischer Weltallianz

Thomas Schirrmacher und Papst Franziskus
Franziskus an Evangelikale: „Neue Etappe der Zusammenarbeit"
Papst Franziskus erhofft sich eine „neue Etappe in den Beziehungen zwischen Katholiken und Evangelikalen“. Das sagte der Papst an diesem Donnerstag zu Angehörigen der Evangelischen Weltallianz, die er zu einer Audienz im Vatikan empfing. Franziskus warb dabei auch für eine engere Zusammenarbeit, damit katholische und evangelikale Gläubige gemeinsam auf bessere Weise den Auftrag erfüllen können, die Frohe Botschaft bis an die äußersten Grenzen der Welt zu tragen. Zugleich räumte der Papst ein, dass auch heute „Rivalitäten und Konflikte“ zwischen Katholiken und Evangelikalen bestehen.

„Die Wirksamkeit unserer Verkündigung wäre sicher größer, wenn die Christen ihre Spaltungen überwänden und gemeinsam die Sakramente feierten, gemeinsam das Wort Gottes verkünden und die Nächstenliebe bezeugen könnten.“
Radio Vatikan >>


Papst: Zusammenarbeit mit Evangelischer Weltallianz 
Papst Franziskus hat sich für eine engere Zusammenarbeit der katholischen Kirche mit der World Evangelical Alliance (Weltweite Evangelische Allianz/WEA) ausgesprochen.
Der theologische Dialog zwischen dem vatikanischen Einheitsrat und der weltweiten Vertretung der Evangelikalen habe bereits „neue Perspektiven eröffnet, Missverständnisse geklärt und Wege zur Überwindung von Vorurteilen gewiesen“, sagte er am Donnerstag bei der Audienz für eine Delegation der Allianz im Vatikan. Beide Seiten könnten und sollten sich gegenseitig inspirieren und voneinander lernen.
Religion.orf.at >>


Allianz und Papst rücken enger zusammen
Die Spitze der Weltweiten Evangelischen Allianz hat sich erneut mit Papst Franziskus beraten. Sie haben unter anderem beschlossen, sich gemeinsam für die biblische Ehe und gegen Menschenhandel einzusetzen, berichtet der Theologe Thomas Schirrmacher im pro-Interview.
Weiterlesen auf pro - Christliches Medienmagazin >>


Weiterführend:

Evangelische Kirche lädt Papst zu Reformationsfeiern ein
Das Gedenken an den Beginn der Reformation durch Martin Luther 1517 sei ein Anlass, „mit mehr Klarheit und Nachdruck unsere Einheit in Christus vor der Welt zu bezeugen.“ Das sagte der ehemalige Vorsitzende des Lutherischen Weltbundes, Christian Krause, bei einer Begegnung mit Franziskus am Freitag im Vatikan. „Wir möchten das gern gemeinsam mit Ihnen im Zeichen der Liebe Gottes feiern“, sagte Krause weiter laut dem Pressedienst der Evangelischen Kirche in Italien. Dies solle ein Zeichen für alle Christen weltweit sein. Der frühere Braunschweiger Landesbischof rief den Papst auf, „mit uns auf dem Weg zu bleiben, wie auch wir an Ihrer Seite bleiben“.
Beitrag und die Worte von Bischof Krause im Original-Ton auf Radio Vatikan >>


Papst Franziskus I.
Ein Kommentar des Vorsitzenden der Theologischen Kommission der Weltweiten Evangelischen Allianz Prof. Dr. Thomas Schirrmacher zum neuen Papst
Österreichische Evangelische Allianz vom 14.3.2013 >>