Montag, 11. März 2013

Bitte, keine Vatikan - "Hofberichterstattung"!

Persönlicher Diskussionsbeitrag von Dr. Herbert Kohlmaier:

Bitte, keine Vatikan - "Hofberichterstattung"! >>

Sehr geehrte Damen und Herren der Medienarbeit,

wie Sie vielleicht (noch) wissen, habe ich in meinem politischen Leben zuletzt als Volksanwalt eine nationale Ombudsmannfunktion ausgeübt. Dabei war es meine Aufgabe, Machtmissbrauch offenkundig zu machen und abzuwehren.

Wenn ich - nun in der Kirchenreformbewegung engagiert - die Hofberichterstattung wahrnehme, welche die vatikanische Inszenierung des bevorstehenden Konklaves vielfach auslöst, beunruhigt mich das sehr. Geradezu devote Schönfärberei tritt einem da entgegen. Doch der scheidende Josef Ratzinger erwies sich wie viele Päpste vor ihm in seiner Amtsführung als übler Despot. Nun wird die Fortsetzung eines unerträglichen Gewaltregimes vorbereitet. Zu harte Worte?

Noch vor Kurzem "feuerte" Benedikt einen im Volk angesehenen slowakischen Erzbischof, nämlich Róbert Bezák, ohne Angabe von Gründen. Auf Nachfragen wurde erklärt, das ginge niemanden etwas an. Dem Abgesetzten wurde jeder Medienkontakt verboten. Das ist Willkür! In letzter Zeit ereignete sich abermals mehrfach, dass Menschen des geistlichen Standes und sogar der australische Bischof Morris nur deswegen hart gemaßregelt wurden, weil sie Vorschläge für eine Änderung des Kirchensystems äußerten. Das ist Gesinnungsterror!

Warum wird das alles in der aktuellen Berichterstattung so oft ausgeblendet? Man fühlt sich in die Zeiten vor Demokratie und Rechtsstaat versetzt und wird an geächtete autoritäre Regime erinnert, die wir erlebten und auch heute noch in manchen Teilen der Welt beklagen. Sind wir trotz allem Fortschritt Untertanen geblieben? Kann Diktatur damit gerechtfertigt werden, dass die Menschen ein geistliches Oberhaupt wollen, zu dem man „aufschauen“ kann und das in einer unsicheren Welt Halt verspricht?

An sich ist das verständlich und legitim, auch wenn Charakterschwächen wie Ängstlichkeit oder Unterwerfungsbedürfnis veranlassen, den Papst zu verherrlichen. Dennoch dürfen Schein und Sein nicht verwechselt werden und es sollte nicht eine ganz unangebrachte Ergebenheit an den Tage gelegt werden. Das geschieht, aber ist es wirklich hinzunehmen?

Auch fehlt oft das ausreichende Wissen. Da kann man etwa von „2000 Jahren Papsttum“ lesen! So erscheint angebracht, wesentliche Irrtümer darzulegen, die sich zeigen.
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MÜNCHNER KREIS
EIN ZUSAMMENSCHLUSS VON PRIESTERN UND DIAKONEN
IN DER ERZDIÖZESE MÜNCHEN UND FREISING

Offener Brief an die deutschen Kardinäle.

Sehr geehrter Herr Kardinal,

Sie werden sich in wenigen Tagen nach Rom begeben, um sich auf die Wahl des neuen Papstes vorzubereiten. Im Konklave werden Sie zusammen mit dem gesamten wahlberechtigten Kardinalskollegium eine Entscheidung treffen, die für unsere Kirche von ganz erheblicher Bedeutung sein wird.
Angesichts vieler Fragen, die in den vergangenen Jahren nicht beantwortet geschweige denn gelöst wurden, haben wir ernste Sorgen um die Zukunft unserer Kirche. Dabei zeigt sich, dass trotz starker Zuwächse in vielen Ländern nicht nur im „alten Europa“ Fragestellungen auftreten, die die Kirche nicht mehr unberücksichtigt lassen darf, wenn sie einen hilfreichen Dienst für die Welt leisten und sich selber dabei stärken und entfalten will.

Ein neuer Papst hat die dringliche Aufgabe, (sofort) einen tiefgreifenden Wandel anzustoßen, der das Bild der Kirche Jesu Christi wieder überzeugender und glaubwürdiger machen kann. Darum bitten wir Sie, darauf zu achten, dass Ihr Kandidat in der Lage ist, statt statisch die Verhältnisse zu stabilisieren, einen dynamischen Entwicklungsprozess in verschiedenen Bereichen der Kirche anzustoßen und die Gläubigen dafür zu begeistern. Er sollte ein Papst für alle sein, und nicht nur Anwalt für einen sehr begrenzten Teil unserer Gott sei Dank vielgestaltigen und weltumspannenden Kirche. Nur so kann echte Versöhnung geschehen, die es dringendst braucht.

Mit einer solchen Grundhaltung verwirklicht der neue Papst jene Vision des 2. Vatikanischen Konzils vom Volk Gottes, das gemeinsam unterwegs ist.
- Um der Glaubwürdigkeit und der daraus erwachsenden Überzeugungskraft willen sollte der neue Papst zum Beispiel eine Nähe zu jener Initiative haben, die eine große Zahl von Bischöfen während des 2. Vatikanischen Konzils unter dem Namen „Katakombenpakt“ vereinbart hatten; das würde u.a. einen Verzicht auf die Insignien seiner Macht bedeuten, den äußeren Prunk seiner „Hofhaltung“ sehr verändern und ein starkes Zeugnis für den „armen Jesus“ dar-stellen.

- Um einen gemeinsamen Entwicklungsprozess zu ermöglichen, braucht es die Gemeinschaft mit den Bischöfen und die Bereitschaft, im Vertrauen auf den Geist Jesu Christi den nationalen Bischofsgremien weit reichende Entscheidungsbefugnisse zuzuerkennen.

- Als besonderes tragendes Element in der Entwicklung der Kirche muss der Papst um den „sensus fidelium“, den Glaubenssinn der Gläubigen wissen; dieses Fundament kirchlichen Lebens speist sich aus dem gemeinsamen Glauben, dem Wort Gottes und den Sakramenten. Auf dieser Basis kann in unserer Kirche zum Beispiel ein neuer Zugang zum Dienstamt des
Priesters ermöglicht und vor allem auch den Frauen der Platz in der Kirche eröffnet werden, der ihnen zusteht, beispielsweise Diakoninnen, welche es in der frühen Kirche gegeben hat.

- Wichtig wird für die Zukunft der Kirche sein, dass die vatikanische Kurie viel mehr zu einer Diensteinrichtung wird, statt zu verwalten und vor allem zu kontrollieren. Eine transparente Behörde muss vor allem im geschwisterlichen Gespräch mit den Repräsentanten der kirchlichen Gemeinschaften den Glaubensschatz der unterschiedlichen Regionen der Welt füreinander fruchtbar machen und darf nicht Zensur und Disziplinierung als ihre Aufgabe sehen. Im Buch „Das Kapital“ unseres Erzbischofs Kardinal Dr. Reinhard Marx steht ein wahrer Satz: „Ein Kapitalismus ohne Menschlichkeit, Solidarität und Gerechtigkeit hat keine Moral und auch keine Zukunft“. Gilt dieser Satz nicht auch für die Kirche und Kirchenleitung: „Eine Kirche ohne Menschlichkeit, Solidarität und Gerechtigkeit…“? Man sollte diesen Satz nur noch – im Blick auf die Kirche – durch das in der katholischen Soziallehre wichtige Wort ‚Subsidiarität‘ ergänzen.

- Das Amt des Papstes ist vor allem ein Dienst an der Einheit der Christen. Er muss als großes Ziel sehen, die Vielfalt christlichen Lebens (auch außerhalb der kirchlichen Grenzen) für die gesamte Kirche fruchtbar zu machen, was ihre Katholizität keineswegs schmälern würde, im Gegenteil. Dann wird er auch seinen Bischofskollegen zum Zeichen und Beispiel dafür, was jener Auftrag Jesu an Petrus bedeutet: du aber stärke deine Brüder und Schwestern.

- Auch der Ausstieg aus den in der Welt üblichen politischen Praktiken wird notwendig sein; „christliche Diplomatie“ wird besser von den gläubigen Menschen vor Ort als von einer weit entfernten Zentrale gestaltet.

Sehr geehrter Herr Kardinal,
mit diesen Hinweisen wollen wir Sie ermuntern, bei dieser Papstwahl auch in Alternativen zu denken und entsprechend zu entscheiden. Dabei könnte es sein, dass das Wahlgremium viel-leicht sogar einen Kandidaten außerhalb des Konklaves in den Blick nimmt.
Wir wünschen Ihnen für Ihre aktuell wichtigste Aufgabe kritische Gedanken, gläubigen Mut und die reichen Gaben des Geistes Gottes und grüßen Sie herzlich

Die Priester und Diakone des „Münchner Kreis“ München, 22. Februar 2013

Sprechergruppe:
Albert Bauernfeind, Dekan u. Pfarrer
Walter Hofmeister, Diakon
Christoph Nobs, Pfarradministrator
Hans-Jörg Steichele, Pfarrer i.R.
Kontakt: muenchnerkreis@gmx.de, www.initiative-muenchner-kreis.de
vernetzt mit der Pfarrer-Initiative Deutschland: www.pfarrer-initiative.org
und der Gemeindeinitiative der Volkes Gottes: www.gemeindeinitiative.org

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