Freitag, 24. September 2010

Aufhebung des Pflichtzölibats ist selbst für viele Bischöfe kein Tabu mehr

In den vergangenen Wochen und Monaten haben sich eine ganze Reihe deutscher, österreichischer und Schweizer Bischöfe zu Wort gemeldet und eine Diskussion über den Zölibat nicht nur angeregt, sondern befeuert. Auch wenn es unstrittig ist, dass zwischen den aktuellen Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche und dem Zölibat kein unmittelbarer Zusammenhang besteht, kommt Dynamik in die Debatte um die Zukunft der priesterlichen Ehelosigkeit.

Während beispielsweise der burgenländische Bischof Paul Iby frei bekennt, dass die Aufhebung des Pflichtzölibats eine „Erleichterung“ für Weltpriester wäre, überraschte der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick mit sehr konkreten Vorstellungen über die künftige Lebensform von Priestern.
Überblick über die jüngsten Äußerungen hoher kirchlicher Würdenträger zum Dauerthema Zölibat:

Bischof Paul Iby (Eisenstadt)
In einem Interview mit der österreichischen Tageszeitung „Die Presse“ in der zweiten Maiwoche stellte der burgenländische Bischof Paul Iby den Zölibat infrage. Er sagte: „Es wäre für die Weltpriester sicher eine Erleichterung, wenn der Pflichtzölibat aufgehoben würde.“ Darüber hinaus plädierte Iby dafür, die Priesterweihe verheirateter Männer zuzulassen.

Erzbischof Ludwig Schick (Bamberg)
So mutig hatte sich noch kein prominenter katholischer Würdenträger zum Thema Zölibat geäußert. Im Nachrichtenmagazin „Spiegel“ überraschte der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick Anfang Mai mit dem Vorstoß, die Ehelosigkeit für Priester zu überdenken. Konkret sagte Schick: „Ich meine, Bischöfe, Ordensleute und Domkapitulare müssen es leben. Ob jeder Pfarrer das Zölibat leben muss, ist eine andere Frage.“


Karl Kardinal Lehmann (Mainz)
Als Reaktion auf das Interview des Bamberger Erzbischofs Ludwig Schick bezeichnete der Mainzer Kardinal Karl Lehmann dessen Äußerungen zum Zölibat für bedenkenswert. Allerdings hielt er den Zeitpunkt der Debatte im Zusammenhang mit den Missbrauchsfällen für unglücklich. Auf die Frage, ob er glaube, dass der Papst über den Zölibat nachdenken würde, antwortete Lehmann: „Ich glaube, dass er längst nachdenkt.“

Erzbischof Alois Kothgasser (Salzburg)
Der Salzburger Oberhirte, Erzbischof Alois Kothgasser, äußerte sich im März 2010 zur Zukunft des Zölibats: „Die Zeiten und die Gesellschaft haben sich verändert. Und deswegen wird die Kirche überlegen müssen, wie sie diese Lebensform weiterpflegen kann, oder was sie verändern muss.“

Bischof Manfred Scheuer (Innsbruck)
Im März 2010 sagte der Innsbrucker Diözesanbischof Manfred Scheuer in einem Interview: „Dass man über den Zölibat reden muss, auch über die Sexualmoral, das halte ich für notwendig."

Weihbischof Hans-Jochen Jaschke (Hamburg)
Auf dem Höhepunkt der Missbrauchsdebatte in Deutschland warb der Hamburger Weihbischof Hans-Jochen Jaschke im März 2010 angesichts des Priestermangels für „mehr Fantasie und etwas mehr Großmut“ beim Thema Zölibat, um „neben der Grundform zölibatären Priestertums auch den Dienst eines verheirateten Menschen als Priester möglich machen zu können“.

Bischof Norbert Brunner, Vorsitzender der Schweizer Bischofskonferenz
Deutliche Worte des neuen Schweizer Bischofschefs nach seiner Wahl Ende November 2009: Bischof Norbert Brunner hält es für möglich, „den Pflichtzölibat für Priester abzuschaffen“. Das sagte er in einem Interview mit der Online-Ausgabe der Neuen Zürcher Zeitung. Seine Begründung: „Es gibt keine Wesens-Verbindung zwischen dem Zölibat und dem Priestertum.“

Erzbischof Robert Zollitsch (Freiburg), Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz
Inhaltlich waren seine Worte keine wirkliche Sensation, das Timing dagegen schon. Wenige Tage, nachdem der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch im Februar 2008 Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz geworden war, sagte er dem „Spiegel“, dass die Verbindung von Priestertum und Ehelosigkeit „nicht theologisch notwendig“ sei.

Claudio Kardinal Hummes, Präfekt der Kongregation für den Klerus
Nach seiner Ernennung zum Präfekten der Kleruskongregation 2006 überraschte der brasilianische Kardinal Claudio Hummes mit der Äußerung, der Zölibat sei „kein Dogma, sondern lediglich eine disziplinarische Norm“. Im März 2010 lobte er die priesterliche Ehelosigkeit dagegen als „Geschenk des Heiligen Geistes“.

Quelle: liborius.de

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