Freitag, 15. Juni 2012

Newsletter 13 der Pfarrerinitiative: Reformanliegen sind keine regionalen Fragen

Liebe Mitglieder, UnterstützerInnen und Unterstützer !

Beginnen wir gleich mit dem Aktuellsten. Bischof Erwin Kräutler, der aus Vorarlberg stammende Bischof von Xingu in Brasilien, hat vor kurzem in einem Interview für die Salzburger Nachrichten klargestellt, dass die Anliegen der Pfarrer-Initiative keine regional-europäische Frage sind, sondern die Weltkirche betreffen. Er wünscht sich eine weltweite Befragung der Bischöfe zu den Zulassungsbedingungen für das Priesteramt. Die Bischöfe sollen ihrerseits ihre Gemeinden befragen. Dann würde man den Puls der Weltkirche spüren. Bischof Kräutler hat für seine Diözese, die viereinhalb mal so groß ist wie Österreich, 30 Priester für 600.000 Menschen in 900 Gemeinden. Drei bis vier mal pro Jahr können diese Gemeinden mit einem Priester Eucharistie feiern.

Eine weitere Bestätigung dafür, dass wir keineswegs nur für unbedeutende Anliegen aus der Perspektive eines weltkirchlich kaum ins Gewicht fallenden Landes eintreten, war die Gründonnerstagsansprache des Papstes an die Priester. Ihr erinnert Euch: wir haben die Bezugnahme des Papstes auf uns grundsätzlich positiv bewertet und unser Interesse an einem direkten Gespräch zum Ausdruck gebracht, in dem wir auf die uns vom Papst gestellten Fragen direkt antworten wollen. Ein diesbezüglicher Brief an Papst Benedikt ist bereits abgeschickt. Darin haben wir auch darum gebeten, dass an einem solchen Gespräch auch mit uns verbundene Priester aus anderen Ländern teilnehmen können.

Ende Mai hat die „Arbeitsgemeinschaft von Priester- und Solidaritätsgruppen in Deutschland (AGP)“ eine Erklärung verabschiedet, in der sie ihre ausdrückliche Zustimmung zu unserem „Aufruf zum Ungehorsam“ erklären und ihre Solidarität mit uns bekunden. Die AGP hat ihre Basis in vielen Diözesen Deutschlands und setzt sich seit längerem für die auch von uns vertretenen Kirchenreformanliegen ein.

Meine Teilnahme am Deutschen Katholikentag in Mannheim Mitte Mai hat viele neue Kontakte zu Gleichgesinnten gebracht. Obwohl ich nur an einer Veranstaltung des kritischen Alternativprogramms der Reformbewegungen mitgewirkt habe, waren unsere Aktivitäten auch in vielen Veranstaltungen des Hauptprogramms Thema. Unzählige Menschen haben mir ihre Verbundenheit mit uns ausgedrückt. Auch das Interesse der Medien an unserer Pfarrer-Initiative war sehr groß.

Weniger positiv sind die Nachrichten aus der Slowakei. Dort hatte das „Theologische Forum“, eine Plattform für neue Theologie und Kirchenreform, am Beginn dieses Jahres ein Memorandum veröffentlicht. In diesem werden die auch von uns vertretenen Anliegen und der dringende Wunsch nach einer Reform der Kirche im Geist des II. Vaticanums artikuliert. Daraufhin wurde der Leiter des Forums von seinem Bischof vor die Wahl zwischen der Weiterarbeit für das Forum und dem Verbleib in seiner Pfarre gestellt. Er hat sich unter diesem Druck mittlerweile zugunsten seiner Weitearbeit als Pfarrer entschieden. Anzumerken ist hier, dass das „Theologische Forum“ in seinem Memorandum auf den Begriff des „Ungehorsams“ verzichtet und dennoch gemaßregelt wird. Ähnlich ergeht es der „Association of Catholic Priests (ACP)“ in Irland, die ähnlich uns zur Reform der Kirche aufruft, – übrigens ebenfalls ohne Verwendung des Begriffes „Ungehorsam“. Einige ihrer Vertreter wurden mit einem Schweigegebot belegt (Mittlerweile sind ein Viertel der Priester Irlands Mitglieder der ACP).

Weiterhin nehmen Priester und Priestergruppen aus verschiedenen Ländern mit uns Kontakt auf. Unsere Bemühungen, daraus ein immer größeres und dichteres Netz zu knüpfen, bleiben ein wichtiger Schwerpunkt unserer Arbeit. Zur Zeit ist Hans Bensdorp Gast bei der „Association of Catholic Priests“ in den USA.

Eine große Ermunterung ist für uns auch die Auszeichnung mit dem Herbert Haag-Preis für Freiheit in der Kirche. Er wurde uns am 22. April in Luzern durch Prof. Hans Küng überreicht. Ein Link zu den Ansprachen beim Festakt ist auf unserer Homepage zu finden. Das Preisgeld, € 10.000,-, haben wir vorerst auf ein Konto der Steyler Missionsbank gelegt, die im Süden der Erde Mikrokredite im Sinn der Entwicklungszusammenarbeit vergibt. Über eine endgültige Verwendung werden wir entscheiden, sobald wir einen Überblick haben, ob und welche Finanzmittel wir über die Mitgliedbeiträge hinaus für unsere weitere Arbeit benötigen.

Für den Herbst planen wir Zusammenkünfte mit interessierten PfarrgemeinderätInnen über Fragen zur Zukunft der Pfarrgemeinden. Informationen und Einladungen dazu werden wir Euch zukommen lassen, damit Ihr sie auch an Interessierte weitergeben könnt.

Kardinal Schönborn hatte den Vorstand der Pfarrer-Initiative für den 5. Mai zu einem Gespräch mit Vertretern der Bischofskonferenz eingeladen. Dieses Gespräch wurde von ihm dann aber wieder abgesagt, weil die anderen Bischöfe die ursprünglichen Zusagen nicht einhalten konnten. Ein neuer Termin wurde nicht genannt.

Anfang Juli werden wir, der Vorstand der Pfarrer-Initiative mit den Sprechern der nicht im Vorstand vertretenen Diözesen, eine gemeinsame Klausurtagung abhalten. Dabei wollen wir unsere weitere Vorgangsweise beraten und Fragen der Kommunikation und Organisation besprechen.

Unsere diesjährige Generalversammlung wird am Sonntag, 21.Oktober 2012, um 15.00 Uhr in Linz stattfinden. Den Ort sowie das Programm werden wir Euch noch bekanntgeben.

In letzter Zeit sind zwei Bücher über unsere Pfarrer-Initiative erschienen:

  • Jan Heiner Tück (Hg.), Risse im Fundament? Die Pfarrer-Initiative und der Streit um die Kirchenreform, HERDER 2012, ISBN: 978-3-451-30579-5
  • Paul M. Zulehner, Aufruf zum Un-Gehorsam. Taten, nicht Worte reformieren die Kirche, Schwabenverlag 2012, ISBN: 978-3-7966-1574-0

Alt-Bischof Reinhold Stecher hat sich in öffentlichen Stellungnahmen anlässlich seines 90. Geburtstages eindrucksvoll hinter unsere Anliegen gestellt. Wir haben ihm dafür ganz großen Dank ausgesprochen.

Ein Wort noch zur in letzter Zeit immer wieder geäußerten Meinung, „der Ungehorsam habe gedient, mittlerweile aber ausgedient“, wie es Paul Michael Zulehner formuliert hat. Das würde zutreffen, wenn wir mit diesem Begriff nur Aufmerksamkeit erregen hätten wollen. Ich gebe aber zu bedenken: hat dieser Begriff wirklich „ausgedient“, wenn wir auf die nach wie vor geltende Kirchenrechtsordnung schauen, die neuerdings wieder deutlich eingeschärft wird (vgl. die letzten Klarstellungen Kardinal Schönborns in der „Causa Stützenhofen)? Hat er „ausgedient“ angesichts der neuesten weltkirchlichen Weichenstellungen zugunsten der Gewinnung einer kleinen Minderheit und gegen den „sensus fidelium“ der überwiegenden Mehrheit ? Und hat er wirklich „ausgedient“ im Blick auf eine Kirche, in der es weiterhin keine Grundrechte gibt und „Dialoge“ nach wie vor einseitig ausgerufen oder verweigert werden? Wenn tatsächlich das „U-Wort“ Hindernis für alles ist: warum haben dann die Bischöfe und Rom bisher auch mit denen, die sich unserem Aufruf nicht angeschlossen haben, keinen umfassenden Reformdialog begonnen? Ich überlasse es der Phantasie eines jeden von Euch, was tatsächlich geschehen würde, wenn wir unser so hochproblematisches Wort „Ungehorsam“ in unserem Aufruf streichen würden…

Soweit einige Gedanken aus den laufenden Diskussionen und - in aller Kürze - die wichtigsten Neuigkeiten. Wir danken Euch für alle Unterstützung und allen Zusammenhalt und hoffen mit Euch auf Bewegung in unserer Kirche in den Fragen und Sorgen, die uns beschäftigen und bedrängen. Möge uns der Geist Gottes dazu einen sinnvollen Beitrag leisten lassen.

Im Namen des Vorstandes grüßt Euch herzlich
Helmut Schüller

Homepage der Pfarrer-Initiative Österreich
Pfarrer-Initiative Deutschland

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Die Pfingstler, die dem Herrn Kräutler seine Schafe abwerben, weil sie mit der Bibel in der Hand von Christus reden statt seichte politische Botschaften von vorgestern müde weiterzutragen, haben gar keine "Priester".

Schillebeeckx hat gesagt…

@ "Anonym" 15.6.2012 16:14

Sie scheinen von der Situation in Lateinamerika keine Ahnung zu haben, wenn Sie so etwas ernsthaft schreiben. Die von Ihnen erwähnten Sektierer kümmern sich einen Dreck um die soziale Situation der Menschen dort, sondern mißbrauchen nur deren Vertrauen, während Befreiungstheologen mit den Armen teilen und an gesellschaftlichen Veränderungen arbeiten, ganz im sinne des Zweiten Vatikanums, und erhalten für ihre, wie Sie in ekelhaftestem Zynismus schreiben, "seichten politischen Botschaften von vorgestern", die sie alles andere als "müde weitertragen", nicht selten Morddrohungen, oder werden auch tatsächlich ermordet!

Ihr geistiger Horizont reicht offensichtlich höchstens bis zum nächsten (burgenländischen?) Kirchturm!