Montag, 19. September 2011

Bischof Zsifkovics erlässt neues PGR-Statut mit wesentlichen Änderungen

Die bevorstehenden Pfarrgemeinderatswahlen im März 2012 werfen im Burgenland ihre Schatten voraus. Bischof Zsifkovics hat das Statut sowie die Wahl- und Geschäftsordnung für den Pfarrgemeinderat in der Diözese Eisenstadt neu erlassen. Dies erfolgte im Alleingang. Ohne Einbindung und Beschluss des Pastoralrates, so wie es das bisherige Statut vorsah.

Die zum Teil erheblichen Veränderungen bringen eine klerikale und autoritäre Gesinnung zum Ausdruck, die die neuen Pfarrgemeinderäte nicht gerade zur ehrenamtlichen Mitarbeit ermutigen dürfte.

Einige wichtige Änderungen im Überblick:
  1. Gleich in § 1 wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Pfarrgemeinderat nur eine "beratende Funktion" hat.
  2. Bisher zählte zu den Aufgaben des Pfarrgemeinderates auch, die Pfarrgemeinde nach außen zu vertreten. Diese Vertretung nach außen wurde im § 3 gestrichen.
  3. Das Familienwahlrecht wurde ersatzlos gestrichen.
    Anmerkung: Familienwahlrecht bedeutete, dass die Eltern für ihre Kinder die noch nicht selbst wahlberechtigt waren, für sie wählen konnten.
  4. Der Bischof hat ein neues, zusätzliches Kriterium für das passive Wahlrecht (=Möglichkeit gewählt zu werden) eingeführt. Der Kandidat muss "in und mit der Kirche leben".
    Das ist eine äußerst zweifelhafte Bestimmung, die viele Fragen aufwirft:
    * was heißt das ganz konkret "in und mit der Kirche leben"?
    * wer beurteilt, ob jemand "in und mit der Kirche lebt"?
    * wie kann sich jemand gegen eine negative Beurteilung wehren?
    * hat hier der Bischof vorgebeugt, um ihm z.B. unliebsame Pfarrgemeinderäte, Geschiedene und Wiederverheiratete leichter los werden zu können bzw. erst gar nicht zu bestätigen?
  5. Der Wirtschaftsrat ist bei der Vermögensverwaltung nur mehr unterstützendes Organ des Pfarrers und nicht wie bisher entscheidungsbefugtes Organ. Bei der zunehmenden Überlastung der Pfarrer in Seelsorgsräumen ist das Realitätsverweigerung.
  6. Die pastorale Schieds- und Appellationsstelle wurde abgeschafft.
  7. Änderungen des Statutes für den Pfarrgemeinderat können nur mehr durch den Bischof allein erfolgen. Bisher galt folgende Regelung: Eine Änderung kann nur im "Pastoralrat erfolgen und bedarf einer Zweidrittelmehrheit und der Genehmigung des Diözesanbischofs".
Bischof Zsifkovics und sein Moderator zitieren gerne das Kirchenrecht. Auch das Statut beginnt mit dem ausdrücklichen Hinweis auf den can. 536 CIC. Doch die "Anhörung des Priesterrates", die dort auch nahegelegt wird, dürfte überlesen worden sein; denn diesen gibt es erst seit wenigen Tagen.

Can. 536 — § 1. Wenn es dem Diözesanbischof nach Anhörung des Priesterrates zweckmäßig scheint, ist in jeder Pfarrei ein Pastoralrat zu bilden, dem der Pfarrer vorsteht; in ihm sollen Gläubige zusammen mit denen, die kraft ihres Amtes an der pfarrlichen Seelsorge Anteil haben, zur Förderung der Seelsorgstätigkeit mithelfen.
§ 2. Der Pastoralrat hat nur beratendes Stimmrecht und wird durch die vom Diözesanbischof festgesetzten Normen geregelt

Auszug & Textvergleich

 PGR-Statut 2011 PGR-Statut 2006
Dieses Statut, die Wahl- und Geschäftsordnung… wurden vom hochwst. Herrn Diözesanbischof am 22. Juli 2011 mit sofortiger Rechtswirksamkeit in Kraft gesetzt.. Die Texte wurden im Pastoralrat der Diözese Eisenstadt beraten und vom Herrn Diözesanbischof um 8. September 2006 bestätigt und in Kraft gesetzt.
1. Der Pfarrgemeinderat 1. Der Pfarrgemeinderat
§ 1 § 1
Der Pfarrgemeinderat (PGR) ist im Sinne von can. 536 CIC ein Gremium mit beratender Funktion, das für das Leben und die Entwicklung der Pfarrgemeinde Mitverantwortung trägt. Zusammen mit dem Pfarrer gestalten gewählte und berufene Frauen und Männer das Pfarrleben als Ausdruck der gemeinsamen Verantwortung aller Gläubigen und wirken so am Leitungsdienst mit. Der Pfarrgemeinderat (PGR) ist im Sinne von can. 536 CIC ein Gremium, das für das Leben und die Entwicklung der Pfarrgemeinde Verantwortung trägt. Zusammen mit dem Pfarrer gestalten gewählte und berufene Frauen und Männer das Pfarrleben als Ausdruck der gemeinsamen Verantwortung aller Gläubigen und wirken so am Leitungsdienst mit.
2. Aufgaben 2. Aufgaben
§ 3 § 3
Der PGR sorgt sich um die personellen, räumlichen und finanziellen Voraussetzungen der Pfarrgemeinde, bemüht sich um Informationen, Meinungsbildung und Austausch von Erfahrungen, stimmt die Interessen der Einzelnen und Gruppen aufeinander ab, koordiniert deren Aktivitäten und gewährleistet die Vielfalt des pfarrlichen Lebens. Der PGR sorgt sich um die personellen, räumlichen und finanziellen Voraussetzungen der Pfarrgemeinde, bemüht sich um Informationen, Meinungsbildung und Austausch von Erfahrungen, stimmt die Interessen der Einzelnen und Gruppen aufeinander ab, koordiniert deren Aktivitäten, gewährleistet die Vielfalt des pfarrlichen Lebens und vertritt die Pfarrgemeinde nach außen.
3. Zusammensetzung 3. Zusammensetzung
§ 7 § 6
(1) Amtliche Mitglieder... (1) Amtliche Mitglieder...
Sofern in einer Pfarre ein/e hauptamtliche/r Laienreligionslehrer/in tätig ist, kann diese/r dem Pfarrgemeinderat gleichfalls als amtliches Mitglied angehören. Sofern in einer Pfarre ein/e hauptamtliche/r Laienreligionslehrer/in tätig ist, gehört diese/r dem Pfarrgemeinderat gleichfalls als amtliches Mitglied an.
(2) Gewählte Mitglieder... (2) Gewählte Mitglieder...
Durch Beschluss des Wahlvorstandes kann das Familienrecht in Anspruch genommen werden.
Das passive Wahlrecht haben alle Wahlberechtigten, die... das Sakrament der Firmung empfangen haben,
in und mit der Kirche leben
und, falls keine Urwahl stattfindet, ordnungsgemäß zur Wahl vorgeschlagen wurden...
Das passive Wahlrecht haben alle Wahlberechtigten, die... das Sakrament der Firmung empfangen haben und, falls keine Urwahl stattfindet, ordnungsgemäß zur Wahl vorgeschlagen wurden...
§ 16 § 16
In der Vermögensverwaltung der Pfarre unterstützt der Wirtschaftsrat den Pfarrer gemäß can. 537 CIC. ….. Die Vermögensverwaltung nimmt der Wirtschaftsrat der Pfarre gemäß ca. 537 CIC wahr…….
6. Rechtszug gegen Entscheidungen der Organe der Pfarre 6. Rechtszug gegen Entscheidungen der Organe der Pfarre
§ 21 § 21
Verweigert der Pfarrer nach eingehender Diskussion einem Antrag unter Angaben von Gründen seine Zustimmung, ist in dieser Sitzung eine Beschlussfassung nicht möglich... Verweigert der Pfarrer nach eingehender Diskussion einem Antrag unter Angaben von Gründen seine Zustimmung, ist in dieser Sitzung eine Beschlussfassung nicht möglich...
Wird duch die Vermittlung des Dechanten innerhalb von zwei Wochen keine Einigung erzielt, ist das Bischöfliche Ordninariat anzurufen. Wird die Entscheidung des Bischöflichen Ordinariats vom Diözesanbischof bestätigt, so ist sie endgültig. Wird duch die Vermittlung des Dechanten innerhalb von zwei Wochen keine Einigung erzielt, ist die Pastorale Schiedsstelle im Bischöflichen Ordninariat anzurufen. Gegen eine Entscheidung der Schiedsstelle kann bei Vorliegen neuer Beweismittel und Argumente innerhalb von sechs Monaten die diözesane Appellationsstelle befasst werden. Wird die Entscheidung dieser Stelle vom Diözesanbischof bestätigt, so ist sie endgültig.
9. Rechtsbestimmungen 9. Rechtsbestimmungen
§ 25 § 25
Eine Änderung dieses Status kann nur durch den Diözesanbischof erfolgen. Eine Änderung dieses Status kann nur durch den Pastoralrat erfolgen und bedarf einer Zweidrittelmehrheit und der Genehmigung des Diözesanbischofs.

Link zum Pfarrgemeinderat-Statut >>   

Weiterführend:

PGR in der Erzdiözese Wien >>

5 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Wenn man sich den alten § 25 durchliest, erkennt man, dass diese Änderungen die der Bischof durchgeführt hat, ohnehin nicht rechtsgültig sind. Es fehlt der Beschluss des Pastoralrates.

Es ist also immer noch das PGR-Status von 2006 in Kraft!

Schillebeeckx hat gesagt…

Ich würde das alles relativ locker sehen: Im Prinzip geschieht hier nicht viel mehr als dass ein überaus autoritätsverliebter Bischof ein Jahr nach seiner Weihe und ein paar Monate vor der PGR-Wahl seine Muskeln spielen lässt. Dass er dabei das Wohl der Glaubensgemeinschaft und eine gute Motivation der Laien vor Augen gehabt hätte, könnte nur ein Zyniker behaupten: Alles, worum es ihm geht, ist ein "Der Chef bin ich"-Gehabe, und die "in und mit der Kirche leben"-Bezeichnung ist bestenfalls peinlich, und betrachte ich als einen Versuch einer "Säuberung", die so aber nicht gelingen wird.

Warum ich das so locker nehme? Weil die meisten Pfarrer in der Praxis das sowieso so tun werden, wie sie es für richtig halten, und sich um diesen Papierkram einen Dreck scheren werden. Ist eigentlich schade, wenn die feine Arbeit einiger kompetenter Leute am Bischofshof und die Bemühungen um gute Pastoralkonzepte auf Diözesanebene dadurch erschwert werden, aber man sieht an diesem Beispiel einmal mehr, bei wem man sich dafür bedanken kann!

Romulus hat gesagt…

„Es reicht“ [© Willi Molterer] Herr Bischof! Ich geh!

Aquilea hat gesagt…

Leider andere werden das nicht so locker sehen, Herr Schillebeeckx, und sie gehen, so wie Romulus, wirklich.
Die meisten Pfarrer handeln in der Praxis tatsächlich anders. Aber es wird Pfarrer geben, und nicht wenige, die die Gunst der Stunde nützen und ihre Pfarren noch autoritärer "regieren" werden, als bisher das bereits getan haben. Siehe Oberwart!
Und dass Pfarrer in Geldangelegenheiten wieder mehr Rechte bekommen, ist mehr als bedenklich!

Ungläubig hat gesagt…

Ich kann ja nicht glauben, was ich da lese! Das ist Diktatur vom Feinsten. In und mit der Kirche leben - bitte was ist damit gemeint??? Die Diözese verkommt zu einem schlechten Provintheater mit selbstverliebten Darstellern, allen voran der Bischof, die Kasperl Pinter und Kroiss in der Caritas, der "Oberlehrer" aus Oberwart und noch viele andere .Ich bin entsetzt über die Änderungen in den Statuten des PGR. Was wird noch alles passieren, bis endlich was passiert? Glauben Sie wirklich, Herr Bischof, dass Sie mit diesen Methoden irgendwen beeindrucken können? Glauben Sie allen Ernstes, damit junge Menschen IN die Kirche zu holen?Von welchem Stern sind Sie auf die Erde gefallen? So weltfremd kann doch nicht einmal ein Kirchenmann sein.
Mit diesen PGR Statuten reduzieren Sie die Gläubigen auf ein Volk, das gefälligst den Geldbeutel zu öffnen hat und das mitzuhelfen hat, die Heurigenbänke für die Kirchenfeste aufzustellen, die Kuchen zu bringen und diese dann zurückzukaufen. Ganz abgesehen von dem §21, wo in Streitfällen das Bischöfliche Ordinariat = Sie, Herr Bischof und Ihre Bodyguards entscheiden:wenn Sie da auch so schnell sind, wie bei der Bearbeitung der Anfragen, Nachfragen und Beschwerden, dann sollten Sie auch noch die Perioden verlängern. Denn dann gehen sich 5 Jahre PGR nicht aus...
Nochmals zurück zu dem Satz "...in und mit der Kirche...": sollten Sie auch Geschiedene Wiederverheiratete meinen, sehe ich mich gezwungen, die Kirche (finanziell) zu verlassen. Ich weiß, dass Ihnen das wurscht ist. Da ich mich aber in der Ökumene schon immer sehr wohl gefühlt habe, werde ich mich anderwertig engagieren.
Ich hoffe, es ereilt Sie bald der Ruf nach Rom. Denn schon jetzt hinterlassen Sie Scherben. Nicht auszudenken, wie die Diözese dastehen wird, wenn Sie noch dreißig Jahre Bischof wären. GOTT BEWAHRE!!!!!