beim Dankgottesdienst – Paul IBY, 20 Jahre Bischof
Eisenstadt, 24. Jänner 2013
Les 1 Kor 15, 3-11 Ev Joh 15, 9 – 17
Wenn ich heute mit so vielen für Bischof Iby und sein Bischofswirken Gott danke, dann berührt mich das ganz persönlich. Wir sind so lange befreundet, haben in Rom Kirchenrecht studiert, und sind dann eine ähnliche Laufbahn in den Diözesen gegangen: Bischofssekretär, Kanzleidirektor, Generalvikar bis hin zur Bischofsweihe. Sehr oft lud mich Paul Iby ein. Bei seiner Bischofsweihe heute vor 20 Jahren als Mitkonsekrator, was eine große Ehre für mich war. Am Martinsfest 1999 hielt ich den üblichen Festvortrag. Zu seinem 10 jährigen Bischofsjubiläum sprach ich vor dem gesamten Klerus und predigte schließlich 2005 zu seinem 70. Geburtstag in Raiding. Thema war immer Kommunikation und Dialog. Weil es die Begriffe sind, die das Wirken von Bischof Paul am besten charakterisieren. Er ist ein Mann, ein Bischof des Dialogs. Das zeigte er in seinem Leitungsstil, das war schließlich auch ein besonderes Programm für seine Diözese.
Ein Bischof, der den Dialog sucht
Bischof Paul hat viele Voraussetzungen für den Dialog. Einmal seine herzliche, auf die Menschen zugehende, bescheidene Art. Dann im Sinne des Evangeliums die Haltung zu seinen Mitarbeitern: „Ich nenne euch Freunde, ich habe euch alles mitgeteilt.“ (Vgl. Joh 15, 15) Schließlich spirituell, da er den Auftrag Jesu „liebt einander“ zu seinem Wahlspruch machte: „Omnia in caritate“, „Alles aus Liebe.“ Als er für die Caritas zuständig war gab es den Spruch „ Ubi Iby, ibi Caritas est.“
Er pflegte den Dialog in seinem Leitungsstil. - Beispielhaft war sein Eintreten für Roma und Sinti. Mit Gehörlosen kommunizierte er in der Gebärdensprache. Bei seiner Bischofsweihe hatten sie einen Ehrenplatz. Übrigens ist er am Gedächtnistag des Bischofs Franz von Sales geweiht worden, dem Patron der Gehörlosen. - Dass er das Problem „Frau in der Kirche“ ernst nahm zeigt die Gründung einer Frauenkommission. Als Jugendbischof fand er den Ton zur Jugend, hat sie in den österreichweiten Dialogprozess eingebunden. Er hat Jugendbriefe zu brennenden aktuellen Fragen geschrieben. Als Schulamtsleiter stand er im Gespräch mit den Religionslehrern und Lehrerinnen. Da erlebte ich ihnen wieder hautnah, als ich Schulbischof war.
Dialog für Österreich in Salzburg – 1998
Das war nicht nur ein Schicksalsjahr für die Kirche in Österreich, sondern auch für die Diözese Eisenstadt. In wahrhaft geistgewirkter Stimmung gelang damals ein menschlich herzlicher und sachlich hochstehender Dialog auch zwischen Vertretern unterschiedlichster Meinungen. Bischof Weber sprach am Schluss von einem Kapital, das wir nicht verschleudern dürfen. Die Bischöfe gingen aber dann mit den ohnehin moderaten Resolutionen all zu ängstlich um, was viele enttäuschte. Iby gab daraufhin 1999 den Start für einen Dialog für die Diözese Eisenstadt. Es war ihm klar, dass der Dialog weitergehen müsse, dass viel Fragen einfach nach einer Lösung drängen. Er war der einzige Bischof in Österreich, der das tat. Rom fand diesen Prozess aber für bedenklich und ließ es dem Bischof unmissverständlich wissen.
„Kirche macht sich selbst zum Dialog.“
Dabei hatte er für sein Prinzip des Dialogs gerade ein päpstliches Vorbild, nämlich Paul VI. Der hat nach dem Tod von Johannes XXIII das Konzil wieder einberufen. Die Debatten waren inzwischen sehr kontrovers geworden. Da widmete er seine Antrittsenzyklika „Ecclesiam suam“ ganz dem Thema Dialog. Ein Dialog, dass Kirche und Welt einander begegnen, einander kennen und lieben lernen. Und der Weg dahin? „Dafür muss die Kirche ihr eigenes Bewusstsein vertiefen, ihr tatsächliches Antlitz mit ihrem Idealbild vergleichen und schließlich als Folge daraus den Dialog mit der Welt aufnehmen.“ Ja, „die Kirche macht sich selbst zum Dialog.“ Historiker meinen, dass diese Enzyklika die Voraussetzung für eine neue Diskussionskultur im Konzil war. Der Pastoraltheologe Hans Peter Heinz sagte: „ Die Dokumente zeigen, dass nun die katholische Kirche einen aufrichtigen Dialog anbiete, der keinen Menschen und kein Thema von vornherein ausschließt und sie ist offen für die unabsehbaren Folgen dieses gewagten Anfangs, gewärtig der schöpferischen Einfälle der Heiligen Geistes.“
Bischof Paul, wir danken dir für dieses Wagnis. Du hast deine Diözese den Dialog gelehrt, und anderen Bischöfen ein Beispiel gegeben. Und eigentlich hast du dabei sehr römisch gedacht, wie die Enzyklika von Paul VI zeigt, der dir Vorbild war.
Die Kirche muss sich auch heute wieder zum Dialog machen.
Enzykliken sind oft zeitbedingt, sind aber in vergleichbaren Situationen dennoch gleich gültig. Paul VI hat durch seine Dialogenzyklika die ins Stocken geratene Konzilsdebatte wieder in Bewegung gebracht. Auch heute ist vieles ins Stocken geraten durch Uneinigkeit über den Weg in die Zukunft. Man fürchtet den Dialog. Wir müssen ihn wieder lernen: einen selbstlosen, vorurteilslosen, respektvollen, ergebnisoffenen Dialog, der auch den „schöpferischen Einfällen des Hl. Geistes“ Raum gibt.
Bischof Paul. An deinem Weihetag möchte ich ganz in deinem Sinn zu einem solchen Dialog aufrufen. Und zwar mit wem?
Einen Dialog mit der Jugend, die das Vertrauen in die Kirche oft verloren hat, die heute wohl noch zu eventhaften Treffen kommt, sonst aber ihre eigenen Wege geht. Im Dialog möchte ich erfahren, was sie heute bewegt, wo sie Erfüllung ihres Lebens sehen.
Es braucht einen Dialog mit den Frauen. Sie fühlen sich nicht gerecht behandelt in der Kirche. Was ist aus der Frauenkommission im Burgenland geworden?
Dialog mit Geschiedenen in zweiter Ehe. Hören wir doch, was ihnen gerade jetzt Gott bedeutet bei einem gut gemeinten neuen Anfang, und wie sie gerade dafür die Kraft der Sakramente vermissen. Wozu drängt sie ihr Gewissen?
Dialog mit Reformbewegungen. Nur im Dialog auf gleicher Augenhöhe kann man unterscheiden, was hier wirklich aus tiefer Sorge und großer Liebe zur Kirche kritisiert wird, oder bloß aus billiger Rechthaberei oder gar Feindschaft gegen die Kirche.
Dialog mit den vielen Ausgetretenen, den Fernstehenden, den Atheisten und Ungläubigen. Woran glauben sie? Was hält sie aufrecht auch ohne Gott und was werfen sie der Kirche heute vor? Vielleicht, dass ihr Antlitz ganz und gar nicht ihrem Idealbild gleicht?
Dialog mit den „Welt“, der man so vieles verdankt, wie das Konzil sagt: der Kunst, der Kultur, der Wissenschaft, der menschlichen Gemeinschaft.
Lieber Bischof Paul. Gott hat dich erwählt, wie Jesus es den Jüngern mit Nachdruck sagte. Du solltest Frucht bringen, die bleibt. (Vgl. Joh 15,16) Solche Früchte gibt es viele und man wird sie dir auch bei jedem Jubiläum aufzählen. Eine ganz besondere Frucht aber ist der Dialog. Du hast die Türen zu einem offenen Dialog aufgetan, hast dabei die ganzen Schätze unseres Glaubens eingebracht und dennoch auch gezeigt, dass die Kirche lernfähig ist. Warum hat man dich dafür nicht mehr gelobt?
„Alles in Liebe, ist dein Wahlspruch.„Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für andere einsetzt.“ (Joh 15, 13) Wir emeritierten Bischöfe – jetzt spreche ich bewusst für uns beide – haben den Eindruck, dass man uns trotz unseres Alters noch braucht. Das sagen uns viele Menschen. Wir wollen uns weiter, so gut wir können, für die Kirche einsetzen, weil wir sie und die Menschen lieben. Und unsere Liebe zu ihr möge vielen anderen wieder Freude an dieser Kirche machen. Das gelingt uns nicht allein, aber sicher zusammen mit der Gnade Gottes, auf die wir hoffen dürfen. (vgl.1 Kor 15, 10) Möge Gott dir und uns beiden dazu seinen Segen geben und erkennen lassen, was er noch mit uns vorhat.
1 Kommentar:
Schlicht und einfach eine geniale Predigt, die ich selber gerne gehört hätte, aber schön, dass die hier veröffentlicht wird!
Solche Worte hat man in den letzten zweieinhalb Jahren im Dom nicht mehr gehört, einfach großartig und mutig!
Wenn jetzt nicht endlich mehr Pfarrer sich dieser Auffassung anschließen und sich das öffentlich deklarieren trauen, dann könnte es zu spät sein. Noch ist die Diözese Eisenstadt nicht verloren ...
Das Konzil lebt! Ein Bischof wie Helmut Krätzl zeigt es vor. Deo Gratias!
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