Donnerstag, 28. Februar 2013

Pe. Flannery: „Das Schweigen ist ein zu hoher Preis“

Auf die Drohung er werde exkommuniziert, falls er sich weiterhin für die Frauenpriesterweihe einsetze, antwortete der über seine Heimat hinaus bekannte irische Redemptoristenpater Tony FLANNERY am 21. Jänner 2013 mit einem offenen Brief in der Zeitung Irish Times: Vatican's demand for silence is too high a price.

KIRCHE IN dokumentiert den Wortlaut:

Drei Tage nach meinem 66. Geburtstag wurde ich mit der Drohung konfrontiert: ich darf nicht weiter als Priester wirken, werde exkommuniziert und aus dem Redemptoristenorden entlassen. Wie geht es mir in dieser Situation?

Ich trat 1964 in den Redemptoristenorden ein und wurde zehn Jahre später zum Priester geweiht. Das war eine Zeit der großen Offenheit in der römisch-katholischen Kirche. Wir glaubten an die Gedanken- und Gewissensfreiheit und dass die kirchliche Lehre nicht etwas ist, das man den Menschen, denen wir dienen, kaltherzig aufzwingen darf – sie sind intelligent und gebildet, und können für ihr Leben Verantwortung übernehmen.

Als Seelsorger müssen wir versuchen die Botschaft Christi in einer Art und Sprache zu vermitteln, die der Realität ihres Lebens entspricht. Das setzt den Willen voraus, auf das Volk zu hören, ihre Hoffnungen und Freuden, Kämpfe und Ängste zu verstehen.

Den Mensch zu helfen im Spannungsfeld mit der Lehre über die Empfängnis war während der 70er Jahre ein großes Übungsgebiet. Nur die offizielle Linie der Enzyklika Humanae Vitae immer wieder zu wiederholen, war keine Hilfe. Während dieser Jahre lernten Priester und Volk gleichermaßen ein wenig, wie man das Gewissen formt und Entscheidungen über die verschiedenen Gebiete des Lebens trifft. Als Priester lernten wir mehr vom Volk als das Volk von uns.

Im Laufe der Jahre konnten wir aber dann zusehen, wie das Lehramt der Kirche immer mehr zu einem autoritären Stil ihres Dienstes zurückkehrt, so wie sie diesen in der Vergangenheit ausgeübt hatte.

Die Autorität wurde wieder einmal im Vatikan zentralisiert, Priester meiner Generation wurden unter Druck gesetzt, die Lehre der Kirche zu betonen und entschiedener zu verkünden: Orthodoxie hieß nun der Imperativ. Zu erlauben, dass die Menschen selbständig denken, wurde als gefährlich empfunden. Für Grauräume war kein Platz.

Wir erfuhren, dass es überall im Land Menschen gab, die selbst die kleinste Abweichung von der offiziellen Linie eines Priesters, zum Beispiel wenn er einer Frau beim Gottesdienst erlaubte das Evangelium vorzulesen, gemeldet haben. In aller Welt wurden Priester gemaßregelt, zum Schweigen verurteilt und sogar entlassen, weil sie nicht willig waren der Linie zu folgen. Im Herbst 2010 war ich einer von jener kleinen Gruppe, welche die „Vereinigung Katholischer Priester“ (ACP) begründete. Sie war einzigartig, weil sie eine unabhängige Körperschaft der Priesterschaft bildete und eine neue Erscheinung innerhalb der Kirche war, bei der die Autoritäten in Irland und im Vatikan nicht wussten, sie wie mit ihr umgehen sollten. Das Wachstum der Bewegung katapultierte mich in eine führende Position, was die Aufmerksamkeit der Glaubenskongregation (CDF) auf mich lenkte. Ich schrieb zwanzig Jahre Beiträge für verschiedene religiöse Magazine, ohne irgendwelche Probleme. Aber dann plötzlich im Feber 2012 wurde ich von den Vorgesetzten meines Redemptoristenordens informiert, dass ich Schwierigkeiten bekomme wegen einiger Dinge, die ich geschrieben habe. Ich wurde nach Rom eingeladen, nicht vom Vatikan, der bis heute nicht mit mir direkt kommuniziert, sondern vom Ordensoberen der Redemptoristen. Das war der Beginn einer nunmehr ein Jahr andauernden Spannung, von Stress und schwieriger Entscheidungsfindung für mein Leben. Meine Politik war zunächst zu sehen ob irgendein Kompromiss möglich wäre. Im vergangenen Sommer sah es so aus, dass dies der Fall sei. Schritt für Schritt merkte ich aber, dass die Glaubenskongregation den Druck immer mehr verstärkte, bis zu einem Punkt, den ich nicht mehr ignorieren konnte.

Ich war mit einer Wahl konfrontiert. Entweder ich unterschreibe eine öffentliche Erklärung, mit der ich Lehren akzeptiere, die ich nicht akzeptieren kann, oder ich werde für immer von meinem priesterlichen Dienst suspendiert und bekomme möglicherweise noch härtere Strafen. Es ist wichtig zu bemerken, dass sich all das nicht auf grundsätzliche Lehren der Kirche bezog, sondern auf Fragen der Kirchenführung. Nun, in dieser Stunde meines Lebens geht es darum, dass ich entweder meine Unterschrift unter eine Lüge setze und damit meine Integrität und mein Gewissen anfechte, oder ich werde mit der Realität konfrontiert, dass ich nie mehr meinen priesterlichen Dienst ausüben darf. Ich habe stets an die Kirche als Gemeinschaft der Gläubigen und ein wesentliches Element in Verbreitung und Stärkung des Glaubens geglaubt. Die Jahre meines Predigtdienstes, Hauptaufgabe der Redemptoristen, haben mir stets Freude bereitet und ich zweifelte nie daran, dass es eine Ehre ist die Botschaft Christi zu verkünden.

Aber die Gedanken-, Rede- und vor allem die Gewissensfreiheit aufzugeben ist ein zu großer Preis für mich, den ich zahlen müsste, um die Erlaubnis zu bekommen in der gegenwärtigen Kirche dienen zu dürfen.

Es gibt Leute die mir sagen, ich sollte die römisch-katholische Kirche verlassen und mich in den Dienst einer anderen christlichen Kirche stellen, die mir mehr entspricht. Katholisch zu sein ist aber ein zentraler Faktor meiner persönlichen Identität. Ich habe versucht das Evangelium zu verkünden. Es ist keine Frage welche Strafe mir der Vatikan auferlegt, ich will weiterhin gleich auf welchen Wegen, die mir offen stehen, versuchen die Reform in der Kirche weiterzubringen, um in ihr wieder einen Platz zu bereiten, wo sich alle, die Christus folgen möchten, willkommen fühlen können. Er machte Ausgegrenzte der Gesellschaft zu seinen Freunden und ich werde tun was ich kann, auf meinem schmalen Weg dem gegenwärtigen Kurs des Vatikans Widerstand zu leisten, der Verdammung statt Mitleid produziert.

Ich glaube dass die Glaubenskongregation die Vereinigung der Katholischen Priester unterdrücken möchte – es sind ja auch Versuche gemacht worden die Flügel der österreichischen Initiative zu stutzen. Ich hoffe und bete dafür, dass dies nicht eintrifft.

Solange ich mit diesen Dingen in meinem eigenen Leben zu tun habe, scheint es mir angemessen zu sein, übergangsweise von meiner Position als Leiter der Vereinigung zurück zu treten. Ich werde aber weiterhin ihr aktives Mitglied bleiben und ihre Aufgabe, die viel größer ist als eine Person, auf alle mögliche Art und Weise unterstützen.

Zuletzt: Ich wurde gefragt, warum ich jetzt, nachdem ich ein Jahr lang geschwiegen habe, in die Öffentlichkeit gehe.

Ich muss wieder meine Stimme zurückgewinnen.

Entnommen aus: Kirche In, 1. Feber 2013


Weiterführend:

AVAAZ-Petition >>: To have Fr. Tony Flannery returned to his priestly ministry

Unser Blog-Archiv vom 22.1.2013:
Irischem Ordensmann wird Exkommunikation angedroht


Dissident Irish priest censured by Vatican (Audio - auf "Listen" klicken)
For 39 years Tony Flannery (below) has been a priest of the the Redemptorist Order, in Ireland. He has done many of the things priests do ... celebrate mass, hear confession, administer last rites, baptise babies, counsel sinners and console the bereft.
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Association of Catholic Priests (ACP) >>

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