Samstag, 30. Oktober 2010
Bischof Kräutler: "Menschen wollen Bischof, der mit ihnen lebt"
"Ein Bischof gehört unters Volk"
Kathpress
1981 wurde Kräutler Bischof der Prälatur Xingu im Bundesstaat Para. Die Prälatur ist mit rund 365.000 Quadratkilometern und 500.000 Einwohnern die flächenmäßig größte Diözese Brasiliens. Sie zählt 15 Pfarren, wobei jede Pfarre aus 30 bis 100 kleinen Gemeinden besteht. Nur drei bis vier Monate pro Jahr hält sich Kräutler in seinem Bischofssitz in Altamira auf. Den Rest des Jahres ist er unterwegs in den Gemeinden, um Gottesdienste zu feiern, die Sakramente zu spenden und den Leuten in ihrem harten Alltag beizustehen.
Er könne sich auch gar nichts anderes vorstellen, als im engsten Kontakt mit den Menschen zu stehen. Kräutler: "Ein Bischof gehört unters Volk, er soll für das Volk da sein, mit diesen Menschen leiden, glauben, hoffen und lieben." Für die Menschen sei er einer der ihren. Immer wieder würden ihm die Menschen bei Begegnungen bekunden: "Dein Leid ist auch unser Leid, Bischof Erwin, wir lieben Dich." Deshalb könne er auch nicht anders, als auch weiterhin auf der Seite der Schwachen und ausgegrenzten zu stehen. "Alles andere wäre Verrat", so Kräutler.
Der Bischof von Xingu war anlässlich der Veranstaltungsreihe "Himmel und Haydn" in der Bergkirche Eisenstadt zu Gast und las dabei auch aus seinem neuen Buch "Rot wie Blut die Blumen".
O-Töne zu aktuellen Kathpress-Meldungen vom 29.10.2010 bringen Teile des Dialogs mit Dom Erwin Kräutler in der Bergkirche von Eisenstadt als mp3-Download:
z.B.: Nr. 12: Menschen wollen Bischof, der mit ihnen lebt
"Volk steht hinter mir"
Kleine Zeitung
"Wenn ich überlege, was meine Aufgabe ist, meine Sendung ist, ist das der Einsatz für die Menschen, denen es weniger gut geht", sagte der Bischof. "Wegen einer verschwindend kleinen Mafia, die mir nach dem Leben trachtet, kann ich nicht den Leuten, Tausenden von Menschen den Rücken zudrehen. Ich bin absolut überzeugt, dass das Volk, mit dem ich seit 45 Jahren lebe und für das ich da bin, hinter mir steht. Es gibt eine verschwindend kleine Gruppe, die gegen mich ist, weil ich mich auf die Seite der Ausgebeuteten, der Armen, der Benachteiligten stelle."
Trotz seines Einsatzes für die Indios habe sich die Situation in Brasilien zumindest in Bezug auf Politik und Wirtschaft nicht gebessert, sondern eher verschlechtert, meinte Kräutler. "Die Angriffe, die sind nach wie vor sehr groß. Leider Gottes ist die indigene Causa oder die Problematik der indigenen Völker für die Politik in Brasilien kein Thema. Man kehrt das mehr oder weniger unter den Teppich oder man sagt, die indigenen Völker, die sind ein Hemmschuh für den Fortschritt."
Einen Kompromiss zwischen den Ansprüchen der indigenen Völker auf ihren Lebensraum und den Bestrebungen von Konzernen und Großgrundbesitzern gibt es für Kräutler nicht: "Ich würde nie von einem Kompromiss reden. Ich würde nur vom Respekt reden, den diese Menschen verdienen. Das ist ihre Heimat, das ist ihr angestammtes Land, da können sie überleben. Und damit retten wir auch einen Teil von Amazonien. Und das ist weltweit wichtig. Amazonien hat klimaregulierende Funktionen. Dadurch, dass wir die Indianer respektieren, kommt ein Teil des Regenwaldes nicht unter die Räder, wird nicht abgetragen. Wenn man dazu noch einige Naturparks oder Nationalparks schafft, dann ist ein weiterer Teil von Amazonien gerettet."
"Die Zusammenarbeit mit den Pfarren und Gemeinden funktioniert, weil in unserer pastoralen Erfahrung die Laien, Frauen und Männer, Verantwortung übernehmen müssen. Sonst gibt es keine Kirche mehr", erklärt Kräutler. "Das heißt ja nicht, dass wenn kein Priester da ist, am Sonntag kein Gottesdienst stattfindet. Es findet ein Wortgottesdienst statt, keine Eucharistiefeier, leider Gottes. Aber die Leute kommen zusammen und eine Frau oder ein Mann, mehrheitlich die Frauen, leitet diese Wortgottesdienste." Der Priester ist etwa drei- oder viermal im Jahr in der Gemeinde, manchmal auch nur zweimal, ergänzt Kräutler.
Laien integrieren
Für die Kirche in Europa bzw. in Österreich sei das kein Modell, das man kopieren sollte. Die Erfahrungen, die er in Brasilien gemacht habe, sollen aber zumindest Anstöße geben. "Ich bin absolut überzeugt davon, dass Laien - Frauen und Männer - viel mehr im kirchlichen Leben respektiert werden sollen. Dass sie auch Verantwortung und Aufgaben übernehmen können. Viele, viele Dinge müssen nicht vom Priester erledigt werden", so der Bischof. Den Priester durch Laien zu ersetzen, darum gehe es nicht, sagte Kräutler. Aber es werde soweit kommen, dass ein Umdenken notwendig ist, denn "es werden nie so viele (Priester, Anm.) nachkommen, wie wir brauchen würden".
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1 Kommentar:
Warum hat Bischof Zsifkovits bei dieser Veranstaltung gefehlt? Wurde er nicht eingeladen? Oder hatte er einen wichtigeren Termin als einem ehrwürdigen, langgedienten und erfahrenen Mitbruder - wie Bischof Kräutler es ist - zuzuhören?!?!
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